Moshe Katsav

Einer gegen alle

Die angekündigte Pressekonferenz des ab-
gesetzten israelischen Staatspräsidenten Moshe Katsav in seiner Heimatstadt Kirjat Malachi, irgendwo zwischen Tel Aviv und Beer Schewa, war das Ereignis des Tages. Pünktlich um 19.30 Uhr unterbrachen am vergangenen Donnerstag alle drei nationalen Fernseh- und Radiosender ihr Programm für die seit Tagen angekündigte Pressekonferenz. Die angesehensten Kommentatoren reisten in die Kleinstadt, während in den Studios die Rechtsexperten be-
reit standen, um Katsavs Enthüllungen zu kommentieren. Schließlich geht es um den Vorwurf der Vergewaltigung und unzüchtiger Handlungen an Untergebenen. Zwei Jahre lang benötigte die Staatsanwaltschaft für die Vorbereitung der Anklageschrift. Nun wollte Katsav reden.
Und das tat er. Alle Welt sei gegen ihn: die Polizei, der Rechtsberater der Regierung, der Staatsanwalt, die Presse. Katsav redete und redete und redete. Nach einer geschlagenen Stunde wurden die privaten Fernsehsender ungeduldig. Sie wollten nicht auf ihre Nachrichtensendung verzichten. Der öffentlich rechtliche Fernsehsender hielt es wohl für eine nationale Pflicht, den angeklagten Staatspräsidenten weiter zu Wort kommen zu lassen.
Katsav redete und redete. Er setzte seine Attacken fort, auch gegen Journalisten. Einige hätten nicht recherchierte Lügenberichte über ihn veröffentlicht. Seine Me-
dienberater wurden nervös. Aber Katsav redete unbeirrt weiter. Schließlich, gegen 22 Uhr, meinte er, dass es spät geworden sei. Deshalb könne er keine Fragen entgegen nehmen. Der Ex-Präsident verschwand hinter einem Vorhang. Zurück blieb eine Schar verdutzter Journalisten. Die Kommentatoren stritten später, ob Katsav ein »armseliges Bild« abgegeben habe und ob ihm Mitleid gebühre. Die Zeitungen kommentierten am Freitag, dass sein Auftritt »pathetisch« gewesen sei und widerlegten viele seiner Vorwürfe. Jetzt bleibt abzuwarten, ob die Richter ihm die unzüchtigen Handlungen nachweisen können und ins Gefängnis schicken. Die knapp dreistündige Pressekonferenz wird gleichwohl noch lange als denkwürdiges Ereignis im nationalen Gedächtnis bleiben. Ulrich W. Sahm

In eigener Sache

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