von Sophie Neuberg
Als Käthe Hartmann nach mehreren Tagen im Koma auf der Intensivstation eines Krankenhauses in das Pflegeheim Goldenherz kam, musste sie noch künstlich beatmet werden. Sie war so geschwächt und hatte solche Schmerzen, dass sie ihren Lebenswillen verloren hatte. »Ich wollte, dass die Maschine abgestellt wird«, erzählt die 71-Jährige, die an schwerem Asthma und chronischer Bronchitis leidet. Dabei neigt die resolute Dame ganz und gar nicht zum Selbstmitleid: »Ich bin doch selber schuld«, sagt sie trocken. »Ich habe 50 Jahre wie ein Schornstein gequalmt.«
Zu dem Zeitpunkt, als Käthe Hartmann ins Pflegeheim kam, besuchte gerade der Goldenherz-Gründer Boris Levin seine Einrichtung und nahm sich der Patientin persönlich an. Er besuchte sie, fütterte sie und hielt das Pflegepersonal an, sie zu ermuntern. Heute muss Käthe Hartmann zwar regelmäßig Sauerstoff zugeführt werden, sie hängt aber nicht mehr permanent an der Beatmungsmaschine, sondern läuft munter durch die Räume und scherzt mit dem Personal und den anderen Bewohnern.
Goldenherz ist einerseits ein normales Pflegeheim für chronisch Kranke, insbesondere Wachkoma- und Demenzpatienten. Die Pflegekasse übernimmt den Pflegesatz je nach Pflegestufe, der Patient muss Unterkunfts- und Verpflegungskosten tragen, wobei auch Sozialhilfe beantragt werden kann. Andererseits steckt ein ganz besonderes Pflegekonzept dahinter, das der Unternehmer Boris Levin aus Israel mitgebracht hat. Für ihn entscheidend ist das Engagement des Personals, das von der Putzfrau bis zum Arzt mit ganzem Herzen beim Wohlbefinden der Bewohner sein soll – daher der Name des Pflegeheimes, das für ihn Programm und Berufung ist.
Boris Levin und seine Frau Lara, eine examinierte Krankenschwester, betreiben seit 25 Jahren Kliniken und Pflegeheime mit hohem Qualitätsanspruch in Israel. In den vergangenen Jahren haben sie ihr Pflegekonzept nach Deutschland, Spanien und Frankreich exportiert. Insgesamt haben ihre Einrichtungen heute mehr als 2.000 Betten. In Deutschland planen sie gerade weitere Pflegeheime in Pirna, Leipzig und Reichelsheim. Chronisch kranke Senioren sollen die bestmögliche Pflege und Betreuung erhalten, so das Credo der Levins. »Es geht darum, für die Gesellschaft etwas zu tun, die Älteren zu respektieren und zu ehren und dadurch unseren Kindern gute Vorbilder zu sein«, fasst Boris Levin seine Motivation zusammen. Um sicherzugehen, dass dieses Ideal in seinen Häusern umgesetzt wird und um auf Fragen und Schwierigkeiten sofort reagieren zu können, besucht der umtriebige Unternehmer jedes seiner Häuser mindestens alle zwei Wochen.
Das Haus im alten Berliner Arbeiterbezirk Wedding erinnert fast nicht mehr an die dort früher ansässige Brotfabrik. Das Gebäude wurde von Grund auf renoviert, im Herbst 2008 als Pflegeheim eröffnet und riecht noch ganz frisch und neu. Moderne Fahrstühle führen in die sechs lichtdurchfluteten Etagen, die Pflegebäder weisen ausgefallene Sprudelbadewannen auf, jedes Zimmer ist mit Fernseher und rollstuhlgerechter Nasszelle ausgestattet. Auf den modernen Pflegebetten ein dickes Kuscheltier, an der Wand eine Fototapete mit Palmen oder Blumenwiese. Es gehe darum, Patienten im Wachkoma oder mit Demenzerkrankungen möglichst viele Anregungen anzubieten, erklärt Verwaltungs- direktor Reinhold Pulcher. So sollen die Fototapeten Erinnerungen wachrufen und die Fantasie anregen. Den ganzen Tag werden den Bewohnern des Hauses verschiedene Aktivitäten angeboten, die sie je nach Gesundheitszustand geistig und körperlich fördern sollen: Musik, körperliches Training, Gemeinschaftsfeste. Dem Pflegeheim Goldenherz ist ein sogenanntes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) angeschlossen, so dass Ärzte täglich vor Ort sind, ebenso wie eine Diätassistentin, eine Physiotherapeutin und weiteres medizinisches Fachpersonal. Durch die enge medizinische Betreuung nehmen die Bewohner weniger Medikamente und müssen seltener ins Krankenhaus überwiesen werden als in anderen Pflegeheimen, so Reinhold Pulcher. Im Innenhof entsteht gerade ein geschlossener Garten, der es Demenzkranken ermöglichen wird, gefahrlos an die frische Luft zu gehen.
Überhaupt wird Sicherheit im Goldenherz-Pflegeheim großgeschrieben. So hat Boris Levin praktische Hilfsmittel aus Israel mitgebracht, etwa einen Stuhl, der sowohl über die Toilette als auch unter die Dusche gerollt werden kann und damit hilft, Stürze zu vermeiden. Falls sich doch ein Sturz im Badezimmer ereignen sollte, lässt sich die Badezimmertür sowohl nach innen als auch nach außen öffnen. So besteht kein Risiko, dass ein Patient im Badezimmer eingeklemmt bleibt.
Als es Käthe Hartmann wieder besser ging, schrieb sie Boris Levin einen Dankesbrief und bat ihn, bei nächster Gelegenheit mit ihr zu tanzen. Er stellte ihr jedoch zur Bedingung, dass sie einen Marathon laufe, witzelt sie. Damit es ja klappt, trainiere sie fleißig Treppensteigen. Doch auf einmal wird sie ganz ernst: »Wenn man bedenkt, was wir diesem Volk angetan haben«, sagt sie, »und wenn ein jüdischer Mensch sich so für einen opfert, da kann ich nur den Hut ziehen.« Levin nimmt es gelassen: »Wir sind alle gleich«, sagt er ganz selbstverständlich. »Für mich ist es egal, wer die Person ist, welche Religion oder Augenfarbe sie hat.« Er wolle einfach für jeden die beste Pflege.
Gesundheits- und Pflegezentrum Goldenherz, Maxstraße 2-4, 13347 Berlin, Telefon 030-460 60 51 00, www.goldenherz.de