arisierte“ Kunst

Eigentümer gesucht

von Ulrich W. Sahm

Während auf den Zufahrtsstraßen zum Jerusalemer Israel-Museum Anfang vergangener Woche ein Wintersturm die Straßenschilder abgerissen und auf Verkehrs- inseln geschleudert hatte, eröffnete die französische Kultusministerin im Jugend-flügel eine Ausstellung zur stürmischen Vergangenheit Europas. »Eigentümer gesucht« steht über dem Eingang zu den in tiefrotem Bordeaux angemalten Räumen, in denen bis Juni 53 Bilder von berühmten europäischen Malern hängen. Große Namen der Kunst sind vertreten: Delacroix, Ingres, Monet, Seurat, Cezanne, Matisse, Manet und Degas.
Doch das pure Kunstinteresse war es nicht allein, das mehr als hundert Journa-listen zur Ausstellungseröffnung trieb. »Nicht ihr künstlerischer Wert bestimmte die Auswahl, sondern ihr Schicksal vor über 60 Jahren«, erklärte Museumsdirektor James Snyder bei der Eröffnung. Gezeigt werdenvon den Nazis geraubte Kunstwerke aus jüdischem Besitz in Frankreich, deren Eigentümer bis heute nicht ausfindig gemacht werden konnten.
Über 100.000 Kunstobjekte, von Spielzeug über Möbel und silberne Ritualgeräte aus Synagogen bis hin zu Ölgemälden hatten die Deutschen nach 1940 im besetzten Frankreich aus den Wohnungen geflüchteter oder deportierter Juden beschlagnahmt und für den Abtransport ins Reich nach Paris gebracht. Auch die berühmte Ban-kiersfamilie Rothschild gehörte zu jenen, deren Kunstbesitz systematisch von den Nazis geplündert und beschlagnahmt worden war.
Adolf Hitler plante, nach dem »Endsieg« seine Heimatstadt Linz in Österreich zur Kunsthauptstadt des Dritten Reiches , ja der Welt zu machen. Führende deutsche Kunst-historiker stellten »Wunschlisten« zu arisierender Kunst zusammen. Unter Federführung des »Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg« machten in den besetzten Ländern Gestapo und Wehrmacht Kunstsammlungen in jüdischem Privatbesitz ausfindig und beschlagnahmten sie. Nach dem Krieg fanden die Alliierten viele dieser Kunstwerke verpackt in einer Salzmine bei Alt Aussee in Österreich und auf Schloss Neuschwanstein in Bayern. Andere Objekte hatten die Wände von Karinhall geschmückt, dem repräsentativen Anwesen von Reichsmarschall Hermann Göring in der Schorfheide in Brandenburg.
Es begann die mühselige Suche nach den Besitzern. Etwa 60.000 Objekte dieses größten Kunstraubs der Geschichte konnten wieder nach Frankreich repatriiert werden und ihren ursprünglichen Besitzern oder deren Erben zurückgegeben werden. Aber 2.000 Kunstwerke blieben bis heute »verwaist«, wie die französische Kuratorin der Ausstellung, Isabelle le Masne de Chermont, bei ihrer Führung erklärte. Sie gingen kommissarisch in den öffentlichen Besitz Frankreichs über und hingen im Louvre und anderen Museen.
53 Gemälde aus dieser Sammlung suchen jetzt bis zum 3. Juni ihre verschollenen Besitzer in Jerusalem. Die Chancen dafür werden von den Verantwortlichen in Paris und Jerusalem allerdings eher gering eingeschätzt. »Heute, nach sechzig Jahren, meldet sich kaum noch jemand«, sagt Isabelle le Masne de Chermont. »Falls aber jemand kommt, versuchen wir wohlwollend in gemeinsamer Forschungsarbeit herauszufinden, ob die Ansprüche berechtigt sind, ohne stichhaltige Dokumente zu fordern.« Die Fahndungsarbeit im französischen Kultusministerium dauert. Eine eigene Abteilung, die »Musées nationaux Récupération« (MNR), bemüht sich seit zehn Jahren um die Rückführung der gestohlenen Kunstwerke an die Besitzer.
In einem zweiten Raum hängen 40 weitere Werke: Bilder von Marc Chagall, Egon Schiele, Lesser Ury und Moritz Oppenheimer, außerdem wertvolle antiquarische Bücher, Drucke und jüdische Ritualobjekte. Alle stammen aus dem Fundus des Israel-Museums. »Nach dem Krieg hat Deutschland Tausende geraubte Kunstwerke aus jüdischem Besitz dem Staat Israel zur Aufbewahrung übergeben«, erklärte Snyder. Auch diese »verwaiste Kunst« steht zur Erstattung bereit.

www.imj.org.il

Medien

Zwischen dem demokratischen Staat Israel und der Terrororganisation Hamas darf es keine Äquidistanz geben

Ein Essay von Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  23.07.2024

Ramallah/Tel Aviv

Hamas-Terroristen bei Drohnenangriff in Tulkarem getötet

Im Westjordanland heizt sich die Lage weiter auf

 23.07.2024

Washington D.C./Tel Aviv/Gaza

Netanjahu in den USA: Geisel-Angehörige hoffen auf Abkommen

Die Lage am Dienstagmorgen – und ein Ausblick auf den Tag

 23.07.2024

Nordhausen

Paus besucht KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora

Paus: Die Gedenkstätte zeige, wohin Ausgrenzung, Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus führen können

 22.07.2024

Cottbus

Förderung für Schulprojekt zu NS-Geschichte

Höhepunkt des Projekts ist eine einwöchige Studienfahrt nach Theresienstadt und Prag

 22.07.2024

20. Juli 1944

Gedenken an gescheitertes Hitler-Attentat

Bundeskanzler Olaf Scholz wird bei der Veranstaltung sprechen

 19.07.2024

Angela Merkel

Sie gewann die Herzen der Israelis

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Mittwoch 70. Eine Würdigung von Shimon Stein

von Shimon Stein  17.07.2024 Aktualisiert

Pro & Contra

Zurück zur Wehrpflicht?

Zwei Meinungen zur Debatte

von Boris Schulman, Rainer L. Hoffmann  17.07.2024

Nahost

Bundesregierung wirbt für Waffenstillstand im Gazastreifen

Im Auswärtigen Amt ermahnte ein Sprecher abermals Israel

 15.07.2024