antirassismus-konferenz der uno in genf

Die Zögerlichen

von Dirk Hempel

Ohne internationale Beteiligung gibt es keine internationale Konferenz. Das gilt besonders für UNO-Veranstaltungen. Der Konferenz gegen Antirassismus im April in Genf droht jetzt eine solche Entwertung, mehrere Staaten haben bereits abgesagt. Neben Kanada, den USA und Israel wird wohl auch das EU-Land Italien der Veranstaltung fernbleiben. Selbst die Schweiz als Gastgeberland soll erwägen, sich nicht in Genf blicken zu lassen. Auch in Deutschland wird diskutiert, ob die Bundesregierung eine Delegation zu der vom UNO-Menschenrechtsrat ausgerichteten Tagung entsenden soll.
Formal soll vom 20. bis 24. April überprüft werden, ob ein 2001 im südafrikanischen Durban verabschiedetes »Aktionsprogramm gegen Rassismus« erfolgreich war. Daher ist die geplante Folgekonferenz als »Durban II« bekannt – und gefürchtet. Denn das »Aktionsprogramm gegen Rassismus« bestand vor allem in einer Verdammung Israels.
Dieser Tage wollen die EU-Außenminister in Prag beraten, ob sie die Konferenz boykottieren. In der vergangenen Woche war bereits die Textfassung der Abschlussresolution etwas gemäßigt worden. »Ein Schritt in die richtige Richtung«, sagt Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Allerdings sei der Text immer noch zu einseitig. Ob sich die EU auf eine einheitliche Haltung verständigen wird, ist längst noch nicht sicher. »Es geht um einen ständigen Verhandlungsprozess, bei dem unterschiedliche Positionen ausgelotet werden«, sagt Amelie Utz, Pressereferentin des Auswärtigen Amts.
Der außenpolitische Sprecher der CDU/ CSU-Fraktion, Eckart von Klaeden, ist da deutlicher: »Deutschland darf nicht teilnehmen, wenn eine einseitige und ungerechtfertigte Verurteilung Israels zu erwarten ist.« Knapp einen Monat vor Tagungsbeginn sei eine Entscheidung des Auswärtigen Amtes »überfällig«. Schon längst hätte das Ministerium »mit gutem Beispiel und eindeutig definierten Kriterien in Europa vorangehen müssen, ähnlich wie Frankreich dies getan hat«, sagt von Klaeden. Paris hatte recht früh Mindestforderungen an einen tragfähigen Resolutionstext formuliert.
Parteienübergreifend haben sich Politiker gegen die Tendenz der geplanten Konferenz ausgesprochen. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Kristina Köhler und der FDP-Europa-Parlamentarier Alexander Graf Lambsdorff sprechen von einem »antiwestlichen und antisemitischen Spektakel«. Die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel kritisiert, »dass antidemokratische Regimes die Konferenz nutzen wollen, um den Rassismusvorwurf für antisemitische Zwecke zu instrumentalisieren«. Vertreter der Grünen Jugend sowie des Arbeitskreises Schalom der Linksjugend unterzeichneten einen Aufruf, in dem von »Sabotage seitens einiger antidemokratischer Regimes« die Rede ist. Auch der Zentralrat der Juden erklärte mehrfach, eine deutsche Teilnahme sei ein falsches Signal.
Bereits im Sommer letzten Jahres hatte es einen Boykottaufruf gegeben, mitgetragen unter anderem von Ralph Giordano, Arno Lustiger und der Anwältin Seyran Ates. Im September hatten sich Vertreter jüdischer Organisationen direkt an das Ministerium gewandt. Im Auswärtigen Amt galt damals die diplomatische Position, Deutschland könne einer UNO-Konferenz nicht fernbleiben. Stattdessen sollten die zuständigen Diplomaten moderierend eingreifen und so die israelfeindliche Ausrichtung der Konferenz abschwächen. Diese abwartende Haltung des Steinmeier-Ministeriums soll bei Angela Merkel auf wenig Gegenliebe gestoßen sein. Beobachtern zufolge habe es im Kanzleramt »große Skepsis gegeben, dass aus dem Vorbereitungskreis ein tragfähiger, ausgewogener Resolutionsentwurf hervorgehen« könne.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Gert Weisskirchen sieht die Institution des UNO-Menschenrechtsrates de facto gescheitert: »Wir brauchen einen Neuanfang, die jetzigen Strukturen enden sonst in Hilflosigkeit oder in einem Desaster.«
Die Grünen-Abgeordnete Kerstin Müller spricht sich hingegen offen für eine Teilnahme aus. Nur durch »aktive Mitgestaltung« könnten »die Schieflage im Menschenrechtsrat« korrigiert und antisemitische Kräfte zurückgedrängt werden. Im Zweifelsfall könnten »Bundesregierung und EU immer noch die Konferenz unter Protest verlassen«.

Interview

»Sehr präzise und äußerst wirksame Schläge«

Arye Sharuz Shalicar über Israels Angriff auf den Iran, die Situation der iranischen Bevölkerung und die Zukunft des Mullah-Regimes

 15.06.2025

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Israel

Geisel-Angehörige fordern Ende des »Albtraums«

Seit bald 600 Tagen hält die Hamas noch 58 lebende und tote israelische Geiseln im Gazastreifen fest. Israelis demonstrieren vehement für ihre Freilassung und fordern ein Ende des Krieges

 24.05.2025

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025