Lieberman

Dialog war gestern

von Pierre Heumann

Deutliche Worte aus Jerusalem: Der neue Außenminister hat in seiner scharf formulierten Antrittsrede einen martialischen Ton angeschlagen. Wer Frieden wolle, müsse den Krieg vorbereiten, umriss Chefdiplomat Avigdor Lieberman seine Philosophie. Unmissverständlich distanzierte er sich von seiner Vorgängerin. Die Ergebnisse der internationalen Konferenz von Annapolis seien für ihn nicht verbindlich. Und er sei nicht der Meinung, dass Israel auf die Golanhöhen verzichten solle, grenzte er sich vom ehemaligen Premier Ehud Olmert ab, der mit Syrien dank türkischer Vermittlung verhandelt hatte.
Liebermans Positionen belasten die Beziehungen zwischen Israel und der Diaspora. Was er denkt und fordert, stößt bei vielen Juden Amerikas auf Ablehnung. Wäh- rend Lieberman Konzessionen als Schwäche ablehnt, befürworten amerikanische Juden mehrheitlich eine Nahostpolitik, die der Friedenssuche verpflichtet und auf Ausgleich bedacht ist. Dass Israel Zugeständnisse machen müsse, wird von einer Mehrheit der US-Juden akzeptiert – das zumin- dest ergibt eine Umfrage der linken jüdischen US-Lobby »JStreet«: 69 Prozent sind für eine Kooperation mit einer palästinensischen Einheitsregierung, in der auch die Hamas vertreten wäre. Drei von vier amerikanischen Juden sprechen sich für eine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern aus. 32 Prozent der Befragten geben in der Umfrage an, dass sich ihr Verhältnis zu Israel wegen Liebermans Ernennung abkühlen werde. Unter jüdischen Amerikanern, die den 30. Geburtstag noch vor sich haben, sind Entfremdungsgefühle Israel gegenüber besonders stark verbreitet. 40 Prozent geben an, sich wegen Aussagen Liebermans, die sie als antidemokratisch empfinden, von Israel zu distanzieren.
Nur ein Krieg, so scheint es, könnte die alte Harmonie wiederherstellen. Sollte Israel bedroht sein, käme es »trotz allem« zum Schulterschluss, meint ein einflussreicher jüdischer Lobbyist in Washington. Israels neuer Außenminister will aber nicht nur die Nahostpolitik auf den Kopf stellen. Er möchte auch die Beziehungen zur Diaspora neu ordnen. Das könnte Zoff bedeuten. Lieberman will eigenmächtig bestimmen, wo es langgeht. Von Dialog oder Kooperation mit der Diaspora will er nichts wissen. Israel müsse seine zentrale Führungsrolle im Leben jüdischer Gemeinden weltweit wiederherstellen und dabei den Ton angeben, fordert er. Nachzulesen ist das im Programm seiner Partei »Israel ist unser Heim«, welches er im Koalitionsabkommen mit dem Likudblock durchgesetzt hat. Hemdsärmlig sieht sich der Immigrant aus Moldawien zudem als Vorbild für Juden in der Diaspora. Sie sollen, wie er, nach Israel emigrieren. Er will dabei vor allem diejenigen bearbeiten, die aus der ehemaligen UdSSR nicht nach Israel, sondern in Länder wie Deutschland, Kanada oder die USA ausgewandert sind.
Lieberman hat sich schon einmal als Diaspora-Zar versucht – vor zwei Jahren, als er Minister für strategische Planung war. Damals ließ er Natif, die teilweise geheime Einrichtung aus den 50er-Jahren, die Juden aus der UdSSR nach Israel holen sollte, seinem Ministerium zuordnen. Nach dem Zerfall des Sowjetreichs wurde Natif irrelevant. Mehrere Kommissionen hatten des- halb in den 90er-Jahren empfohlen, Natif aufzulösen. Aber Lieberman setzte eine Renaissance der bereits totgesagten Organisation durch. Er verdoppelte Natifs Budget und berief eine energische Chefin. Sie sollte nicht nur auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR aktiv sein, sondern überall dort, wo Russisch sprechende Juden leben.
Eine Expansion in die USA und nach Kanada konnte die mächtige jüdische Gemeinde Nordamerikas verhindern. Aber in Deutschland wurde Natif aktiv, was prompt zu diplomatischen Spannungen mit Berlin führte. Auch die jüdische Gemeinschaft fühlte sich vor den Kopf gestoßen, weil sie von Natif nicht konsultiert worden war. Sie befürchtete aber vor allem, dass das Werben um potenzielle Auswanderer ihre Stabilität unterwandern könnte.
Jetzt hat sich Liebermans Partei die Kontrolle über Natif gesichert. Der Außenminister hat erreicht, dass Natif einen weiteren Anstieg der Mittel verzeichnen kann. Der Zuwachs ist sogar größer als derjenige des Außenministeriums. Dort munkelt man inzwischen besorgt, dass Natif Teil der israelischen Diplomatie werden könnte.

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Genf

Türk verurteilt US-Sanktionen gegen Albanese

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von »Angriffen« und »Drohungen« gegen die umstrittene Italienerin

 10.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025

Magdeburg

Batiashvili und Levit mit Kaiser-Otto-Preis ausgezeichnet

Der Kaiser-Otto-Preis ist die höchste Auszeichnung der Stadt Magdeburg. Er wurde im Jahr 2005 anlässlich des 1.200-jährigen Stadtjubiläums zum ersten Mal verliehen. In diesem Jahr ging er an zwei Künstler, die sich gesellschaftlich engagieren

von Oliver Gierens  03.07.2025

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025