Ignatz Bubis

Der Tacheles-Redner

von Erik Peterson

»Ich bin deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens« – dass dieser Buchtitel von Ignatz Bubis heute so selbstverständlich klingt, dazu hat Bubis selbst maßgeblich beigetragen. Er war einer der der prominentesten jüdischen Vertreter in Deutschland, zunächst als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, dann als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland von 1992 bis zu seinem Tod 1999 und seit 1998 auch als Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses, aber auch als Frankfurter Kommunalpolitiker und Mitglied des FDP-Bundesvorstandes. Für die beginnende »Berliner Republik« nach der Wiedervereinigung galt er als »moralische Instanz«, eine Rolle, mit der Bubis selbst seine Probleme hatte. Ein Vorzeigejude war er nicht und wollte er auch nicht sein. Er trat zwar zeitlebens dafür ein, dass sich die hiesige jüdische Gemeinschaft dauerhaft auf ein Leben in Deutschland einlassen und stärker öffnen sollte. Er warb im Ausland erfolgreich um Vertrauen in die Stabilität der deutschen Demokratie.
Aber Bubis scheute auch nie die Auseinandersetzung, wenn er Rückfälle in die deutsche Vergangenheit befürchtete. So 1985, als er mit anderen Gemeindemitgliedern ein Frankfurter Theater besetzte, um eine Aufführung des von ihm als antisemitisch empfundenen Stücks Der Müll, die Stadt und der Tod von Rainer Werner Fassbinder zu verhindern. So Anfang der 90er-Jahre, als er im Streit um die Abschaffung des Asylartikels im Grundgesetz Stellung bezog: Deutschland sollte »aus der Einsicht in seine Vergangenheit heraus strikt für Menschen- und Bürgerrechte eintreten und offen für Zuwanderer und Flüchtlinge sein«. So schließlich auch 1998, als Bubis die umstrittene Friedenspreisrede Martin Walsers in der Frankfurter Paulskirche als »geistige Brandstiftung« geißelte. Dass seine Gesprächspartner aus der intellektuellen und politischen Elite Deutschlands Walser stürmisch Beifall zollten, ließ den sonst so optimistischen Bubis resignieren. Er habe »fast nichts« in seinem Leben bewirkt, resümierte der »Missionar eines toleranten Zusammenlebens von jüdischen und nichtjüdischen Deutschen« bitter kurz vor seinem Tod 1999.
Das Jüdische Museum Frankfurt widmet ab dem 17. Mai Ignatz Bubis, der in diesem Jahr 80 Jahre alt geworden wäre, eine Ausstellung, die sein Leben in Bildern und Dokumenten rekapituliert. Mit dieser Ausstellung beginnt das Museum eine Reihe von Projekten zur Geschichte der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland nach 1945. Für die stand Ignatz Bubis biografisch beispielhaft. 1927 in Breslau geboren, wuchs er in Deblin (Polen) auf und überlebte als Einziger seiner Familie den Holocaust. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute er sich zuerst in Dresden, dann in Berlin und Pforzheim eine unternehmerische Existenz im Handel mit Schmuck und Edelmetallen auf. Nach seiner Heirat zog er 1956 nach Frankfurt und wurde Immobilienmakler. Bubis war hochdekoriert, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz, in seiner Wahlheimat Frankfurt tragen heute eine Mainbrücke und ein Preis seinen Namen.

»Ignatz Bubis (1927–1999). Ein jüdisches Leben in Deutschland«, Jüdisches Museum Frankfurt, Untermainkai 14-15, 17. Mai bis 11. November 2007. Zur Ausstellung erscheint ein Begleitbuch im Jüdischen Verlag / Suhrkamp. Im Rahmenprogramm finden Vorträge, Diskussionen und Work-shops statt.
www.juedischesmuseum.de

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025