Chuppa

Der Dritte im Bunde

von Rabbiner Berel Wein

Nicht nur der 6.6.2006 war ein Tag zum Heiraten. Der gesamte Juni ist ein beliebter Hochzeitsmonat, auch in der jüdischen Welt. Denn es ist die Zeit nach der Sefirat HaOmer, den Tagen zwischen Pessach und Schawuot, die als Trauerzeit gilt und in der traditionell keine Eheschließungen gefeiert werden. In Israel ist jetzt Hochsaison für Hochzeiten.
Die Schönheit, Einfachheit und Würde einer jüdischen Trauung sind uns durch die talmudische Tradition und das rabbinische Recht vorgegeben. Diese Zeremonie trägt den Namen, der im Talmud für das jüdische Konzept von Verlobung und Heirat verwandt wird: Kidduschin – Antrauung, Heiligung.
Obwohl die Eheschließung eine Vereinbarung darüber ist, daß Mann und Frau ihre Zukunft gemeinsam verbringen wollen, ist es doch viel mehr als das. Die tiefere Symbolik einer jüdischen Trauungszeremonie hat ihre Wurzeln in dieser Erkenntnis.
Zu Beginn geht es bei der Trauung um den Bund der Ehe. Der vom Rabbiner vorgetragene Segen handelt von der Liebesverbindung und der Loyalität zueinander. Die Treue von Mann und Frau bildet im wahrsten Sinne des Wortes das Herzstück dessen, was sonst möglicherweise nur eine rechtliche Verbindung sein würde, in seiner Rechtmäßigkeit durch ein Standesamt, Gericht oder Konsulat bestätigt. Das jüdische Hochzeitszeremoniell ist dazu da, die lediglich rechtliche Vereinbarung mit Spiritualität und einem Hauch von Ewigkeit zu bereichern.
Der erste Teil der unter dem Hochzeitsbaldachin, der Chuppa, vollzogenen Zeremonie handelt also von der Ausschließlichkeit des Verhältnisses zwischen Braut und Bräutigam. Das Judentum mißt dieser Ausschließlichkeit eine große Bedeutung zu. Eine Verletzung dieser Grundregel wird als entscheidender Verrat erachtet. Untreue verdeutlicht die fehlende Verpflichtung und Hingabe. Ohne diese Verpflichtung füreinander ist die Ehe ein vorgetäuschter Rechtsakt.
Dieses Empfinden für die Hingabe und Loyalität, für die Ausschließlichkeit der Beziehung, steht in einer ehelichen Verbindung über allem anderen. Daher ist in der jüdischen Hochzeitszeremonie zunächst keine Rede von Freude, Liebe, Gemeinsamkeit und Glück. Es ist die eiserne Disziplin der Verpflichtung und der Exklusivität, die zuerst hergestellt werden muß. Erst nachdem dies seinen richtigen Platz bekommt und auch verstanden wird, kann es Lob und Anerkennung der Freuden der Liebe und der Gemeinsamkeit geben, die eine eheliche Verbindung zur Folge haben kann.
Nach dem ersten Teil der Segenssprüche geleitet der Bräutigam die Braut in ihr neues gemeinsames Leben, indem er ihr den Hochzeitsring auf den Finger setzt. Rein technisch gesehen, ist ein Ring nicht unbedingt erforderlich, auch andere Wertgegenstände – Geld oder Silber – könnten für diese Zeremonie genutzt werden. Aber die Verwendung eines Ringes ist jahrtausendealte Tradition und allgemeine Praxis. Der Ring stellt den Kreis unseres Lebens dar. Er steht für die nahtlose Verbindung, die in diesem Moment zwischen zwei Menschen geschlossen wird, und die in ihren Seelen keinen Anfang und kein Ende kennt.
Nach aschkenasischer Tradition wird im Anschluß daran die Ketuba, der Rechtsvertrag zwischen den beiden Partnern, öffentlich verlesen. In vielen sefardischen Gemeinden entfällt die öffentliche Verlesung dieses Textes. Statt dessen werden einige Worte des Segens und der Inspiration durch einen Rabbiner oder ein Familienmitglied gesagt.
Abschließend werden die sieben Segenssprüche, die Schewa Brachot, vorgetragen. Es sind diese Lobpreisungen, die sich mit der Freude, Wärme, Gemeinsamkeit und Zufriedenheit beschäftigen. Dabei geht es auch darum, daß Spiritualität, Glaube und Gott ein Teil einer erfolgreichen jüdischen Verbindung sind. Das Judentum sieht Gott als unsichtbaren aber unverzichtbaren Dritten in jeder jüdischen Ehe.
Gott wird in den Schewa Brachot auch als erster Ehestifter genannt, der die Beziehung zwischen Adam und Eva im Garten Eden »auf Ewigkeit gründete«. Dem Talmud zufolge wird Gott für immer und ewig damit fortfahren, einzelne Individuen zusammenzubringen, um sie eine Ehe bilden zu lassen. Teil der Trauungszeremonie ist daher die Dankbarkeit darüber, daß der Schöpfer erneut eine Verbindung zwischen zwei Menschen geschmiedet hat, die nun gemeinsam unter der Chuppa stehen. Sie unterstreicht auch, daß die Freude des Paares mit der Freude Israels über die kommende Erlösung und den Wiederaufbau Jerusalems verbunden ist. Denn ein Paar – unabhängig davon, wie es zueinander steht – ist zugleich auch immer untrennbar mit der Geschichte und dem Schicksal der jüdischen Gemeinschaft verbunden.
Auch das Zerbrechen eines Glases ist Teil der jüdischen Hochzeitszeremonie. Es steht sinnbildlich für die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens. Der Bräutigam zertritt das Glas mit dem rechten Fuß. Dieser Akt verdeutlicht nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels auch unsere Trauer über den Verlust des Heiligtums. Unsere gesamte Freude ist getrübt durch diesen Schmerz.
Trotz allem erfreut mich die Einfachheit und Schönheit einer jüdischen Trauungszeremonie immer wieder. Denn sie weist in die Zukunft, die hoffentlich Trost und Sinn für das Leben und unser Sein bringen wird.

www.rabbiwein.com

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025

Berlin

Frei informiert die Fraktionschefs über Lage in Nahost

Die Bundesregierung ist nach dem US-Angriff auf den Iran im Krisenmodus. Am Vormittag findet ein Informationsgespräch im Kanzleramt statt, an dem auch die rechtsextremistische AfD teilnimmt

 23.06.2025

Ethik

Zentralrat will sich für Schächten auf europäischer Ebene einsetzen

In manchen Ländern und Regionen Europas ist das Schächten verboten

 22.06.2025

Iran-Krieg

Steinmeier sieht noch Chancen für Diplomatie

Für Diplomatie ist im nahen Osten derzeit kein Raum. Das muss aus Sicht von Bundespräsident Steinmeier aber nicht so bleiben

 18.06.2025

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025

Bundestag

Wegen »Palestine«-Shirt: Linken-Abgeordnete des Plenarsaals verwiesen

Mit der politischen Botschaft auf ihrer Kleidung hatte Cansin Köktürk offenbar gegen die Regeln des Hauses verstoßen. Die Bundestagspräsidentin zog die Konsequenz

 04.06.2025