Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Daniel Neumann Foto: Gregor Matthias Zielke

Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Ein Zwischenruf zum 7. Oktober

von Daniel Neumann  06.10.2025 14:45 Uhr

Die Geschichte unseres Volkes ist – so paradox es klingt – eine Geschichte der Zerstörung und der Erneuerung. Immer wieder brachen Katastrophen über uns herein, und immer wieder transformierten wir Schmerz und Tragödie in etwas Neues, Tragfähiges, Lebensbejahendes. 

Nach dem Fall Jerusalems entstand das rabbinische Judentum - eine geistige Revolution, die unser Überleben überhaupt erst möglich machte. Nach den Pogromen und Vertreibungen des Mittelalters blühte jüdisches Denken in Philosophie, Mystik und Halacha auf. Und nach der Schoa, der dunkelsten Stunde unserer Geschichte, wurde Israels Unabhängigkeit ausgerufen. Und das jüdische Volk konnte nach 1900 Jahren Diaspora-Existenz endlich wieder frei, selbstbestimmt und souverän leben. Im eigenen Land, mit einem eigenen Staat. Israel.

»Juden haben nie nur überlebt – sie haben die Katastrophen in Quellen der Kreativität verwandelt.«

Rabbiner Jonathan Sacks sel. A.

Rabbiner Jonathan Sacks sel. A. hat diese einzigartige Kraft, diese Dynamik und die Fähigkeit zur Selbsterneuerung einmal so beschrieben: »Juden haben nie nur überlebt – sie haben die Katastrophen in Quellen der Kreativität verwandelt.« Es ist genau diese Fähigkeit, aus Schmerz Hoffnung zu schöpfen, die das Judentum immer wieder zu neuem Leben geführt hat.

Wir dürfen nicht zulassen, dass die Verzweiflung die Hoffnung verdrängt

Heute, zwei Jahre nach dem 7. Oktober 2023 – dem Tag, der sich unauslöschlich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt hat –, stehen wir wieder an einem solchen Punkt. Das Leid, die Trauer, die Erschütterung sind unermesslich. Der Judenhass zeigt weltweit seine hässliche Fratze. Und die Verunsicherung nimmt stetig zu. Und doch dürfen wir nicht zulassen, dass die Verzweiflung die Hoffnung verdrängt. Noch können wir es zwar nicht sicher wissen. Aber mit Blick auf unsere Geschichte und unsere innere Stärke, unseren unerschütterlichen Willen und unsere Standhaftigkeit wird auch aus dieser Tragödie etwas wachsen: eine Rückbesinnung auf unser gemeinsames Schicksal, eine tiefere Solidarität unter Juden weltweit, eine Neuentdeckung unserer Werte und Traditionen und ein neues Kapitel jüdischen Selbstbewusstseins. Mutig, aufrecht, stolz.

Denn wenn uns die Geschichte eines lehrt, dann dies: Wir können die Nackenschläge nicht dauerhaft abwehren. Und wir können das Leid nicht immer verhindern. Aber wir können immer entscheiden, was wir daraus machen. Immer wieder aufs Neue. Denn wir geben nicht auf! Wir sind zäh! Wir sind unbeugsam! Und wir werden leben. Das jüdische Volk wird leben. Israel wird leben. Am Israel Chai! 

Der Autor ist Jurist und Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen.

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