Gasa

Ausweitung der Kampfzone

von Wladimir Struminski

Dass ihre Armee kurz vor einer Großoffensive in Gasa steht, können die Israelis nicht mehr hören. Dafür wurde die Drohung schon zu oft ausgestoßen. Auch die jüngste Eskalation reicht noch lange nicht an eine Wiederbesetzung des Krisenherdes heran. Allerdings hat sie den Konflikt zwischen dem jüdischen Staat und der Hamas-Bewegung auf eine neue Stufe gestellt. Seit der vergangenen Woche haben die Islamisten ihre Aktionen gegen Israel quantitativ wie qualitativ ausgeweitet. Innerhalb einer Woche wurden aus dem Gasastreifen rund 200 Raketen abgefeuert. Am Sapir-College in Sderot tötete eine Rakete den 47-jährigen Israeli Roni Jichieh (vgl. S. 5), an anderen Orten wurden Menschen verletzt.
Zum Einsatz kamen nicht nur die auf Kurzstrecken beschränkten Kassams, die sich vor allem gegen Sderot richten. Vielmehr schoss die Hamas erstmals auch eine größere Zahl von iranischen Grad-Raketen ab. Die über den Sinai nach Gasa geschmuggelte Grad hat eine Reichweite von 20 Kilometern und bringt eine Viertelmillion Israelis in unmittelbare Gefahr. Hauptziel der Grad-Attacken war Aschkelon. Eine der Raketen landete in der Innenstadt, eine andere in unmittelbarer Nähe des Hauses von Polizeiminister Avi Dichter. Eine dritte Grad ging am Außenzaun des Barsilai-Krankenhauses nieder – welches somit knapp einer Katastrophe entging. Auch Netivot kam unter Beschuss.
Das wollte Israel nicht hinnehmen. Drei Tage nach Beginn der palästinensischen Offensive drangen Bodentruppen in der Größenordnung einer Brigade in den Gasastreifen ein – auch dies eine Eskalation gegenüber den bisher üblichen Operationen. Die Luftwaffe verstärkte ihre Angriffe auf palästinensische Terroristen und deren Infrastruktur. Nach israelischen Er- kenntnissen wurden innerhalb weniger Tage rund 80 Palästinenser getötet. Bei den meisten handelte es sich um Terroraktivisten, doch büßten auch Zivilisten ihr Leben ein, darunter die beiden Teenagerschwestern Samah und Salwa Aslije. Auch zwei israelische Soldaten fielen im Kampf.
Am Montag dieser Woche zogen sich die israelischen Truppen zurück – jedenfalls fürs erste. Nach Einschätzung israelischer Kommentatoren könnten sich die massiven, zeitlich aber begrenzten Einmärsche nach Gasa nämlich zum neuen Vorgehensmuster der Israelis entwickeln. Dabei denkt das Sicherheitsestablishment an Maßnahmen, die bisher tabu waren. Durch gezielte Indiskretionen aus dem Umfeld von Verteidigungsminister Ehud Barak wurde bekannt, dass unter anderem von einer Aussiedlung der Zivilisten aus Kampfzonen die Rede sei. Zudem droht Israel mit der gezielten Liquidierung von Führungspersönlichkeiten der Hamas. Ein Wink mit dem Zaunpfahl: Am Sonntag zerstörte die Luftwaffe den – leerstehenden – Amtssitz von Hamas-Ministerpräsident Ismail Haniyeh.
Nun muss sich zeigen, wie das tödliche Poker weitergeht. »In Gasa muss eine neue Gleichung hergestellt werden, und sie wird von Israel, nicht von der Hamas bestimmt«, brüstete sich Ministerpräsident Ehud Olmert. Will heißen: Für Angriffe auf israelische Ziele muss die Hamas künftig einen höheren Preis entrichten. In der Tat: Der Verlust von Dutzenden ihrer Kämpfer ist für die Hamas keine Kleinigkeit. Allerdings auch kein Grund zum Aufgeben. Nicht zuletzt setzt die fundamentalistische Organisation auf die Weltöffent- lichkeit, die Israels Handlungsspielraum stark einengt. Um die Atmosphäre anzuheizen, spricht Hamas-Chef Chaled Maschal von einem »Holocaust« in Gasa. In politischer Hinsicht konnte die Hamas jetzt schon einen Erfolg verbuchen: Angesichts der israelischen Operation in Gasa setzte der palästinensische Präsident Mahmud Abbas die Friedensverhandlungen mit Israel »vorübergehend« aus.

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025