england

Antisemitismusfalle

Es begann vor Bevis Marks, Londons ältester Synagoge. Dort versammelten sich Ende Juli rund 200 Juden, Christen und Muslime, um mit Plakaten und Megafonen zur Bank of Scotland zu ziehen. Gemeinsam wollten sie gegen überhöhte Zinssätze demonstrieren.
Seit 1854 ein Gesetz abgeschafft wurde, ist es britischen Banken erlaubt, den Zinssatz nahezu nach Gutdünken festzulegen. Manche Bankkunden nennen das »Wucher«. Das Thema hat über die Jahre nicht an Aktualität verloren. Im Gegenteil: Seit Beginn der Finanzkrise brennt es vielen geradezu auf den Nägeln. Die Londoner Demonstranten wünschen sich ein Gesetz, das die Höhe der Zinssätze beschränkt. »In letzter Zeit haben wohlhabende Leute ärmeren Leuten immer höhere Zinsen abverlangt, und dazu kommt das Chaos der Wirtschaftskrise«, sagt Neil Jameson, Geschäftsführer von »London Citizens«, einer Graswurzelbewegung, die die Kampagne angefangen hat.
Jüdische, islamische, christliche und Menschenrechtsorganisationen haben in den vergangenen Wochen mehrmals vor der Bank of Scotland in London dagegen protestiert, Geld zu überhöhten Zinssätzen zu verleihen. Gerade in Zeiten der Finanzkrise ist es für viele Menschen ein Problem, ihre Kredite zurückzuzahlen.
Die Banken benutzen das Geld ihrer Kunden und geben ihnen lediglich 0,5 Prozent Zinsen. Aber sie verleihen

das Geld zu einem Zinssatz, der 40 Mal höher ist. Von Kreditkarteninhabern fordern Banken Zinssätze von 20 Prozent und mehr. Die Demonstranten der religiösen und Menschenrechtsgruppen werfen ihnen »Wucher« vor und fordern, die Zinssätze bei acht bis zehn Prozent zu deckeln.

Traditionell spricht man von Wucher, wenn ein Geldverleiher zu hohe Zinsen verlangt. Die heiligen Schriften sowohl des Judentums als auch des Islams und des Christentums verbieten den Wucher. In der Tora heißt es: »Wenn du Geld leihst einem aus meinem Volk, der arm ist bei dir, sollst du ihn nicht zu Schaden bringen und keinen Wucher an ihm treiben« (2. Buch Moses 22,24 ).
Während der Proteste in London lasen ein Rabbiner, ein Imam und ein Priester Textpassagen vor, die sich gegen Wucher äußern. »Jedes unserer heiligen Bücher äußert sich sehr klar über Wucher«, sagt Jameson. »Es ist eine Sünde. Es ist eine Sünde für reiche Leute, arme Leute für ihren Profit zu benutzen.«
Für Juden hat Wucher eine lange anti-semitische Geschichte. »Traditionell wurden Juden im Geldgeschäft Positionen aufgedrängt«, sagt Maurice Glasman, Vorsitzender der Stoke-Newington-Masorti-Synagoge im Londoner Stadtteil Hackney. Glasman hat innerhalb der jüdi- schen Gemeinde bei dieser Kampagne eine führende Rolle übernommen. Es ist ihm sehr wichtig, dass die jüdische Gemeinde an der Aktion teilnimmt, damit die Anti-Wucher-Kampagne keine antisemitische Note bekommt. »Wir wollen die Botschaft senden, dass die jüdische Gemeinde eine führende Rolle in dieser Kampagne einnimmt«, sagt Glasman.
Bei den Protesten im Juli betrat eine Delegation das Gebäude der Bank of Scotland und versuchte, einen Brief an das Bankmanagement zu übergeben. Darin drücken die Demonstranten ihre Sorge über zu hohe Zinssätze aus und bitten um ein Treffen mit der Bankleitung. »Wir haben versucht, den Managern klar zu machen, dass wir es ehrlich meinen und viele von uns durch überhöhte Zinsen in die Schuldenfalle geraten sind«, sagt Jameson. »Doch die Banker treffen sich nicht mit armen Leuten. Und wir sind arme Leute.«
Zum Abschluss der Demonstration erzählten sich die Teilnehmer der Proteste persönliche Schuldgeschichten.
In den kommenden Wochen möchten Jameson und seine Mitstreiter hunderte Meetings in der Stadt veranstalten und die Menschen über die Auswirkungen überhöhter Zinssätze umfassend informieren. Kristi Tousignant

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025

Nahost

Alabali Radovan besucht Palästinensergebiete: Hilfe im Fokus

Die Entwicklungsministerin will in Tel Aviv diese Woche Angehörige von Geiseln treffen und das Westjordanland besuchen

 25.08.2025

Würzburg

AfD-Mann Halemba wegen Volksverhetzung vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft wirft dem bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten Halemba auch Geldwäsche und Nötigung vor

von Angelika Resenhoeft, Michael Donhauser  21.08.2025

Ehrung

Ravensburger-Stiftung ehrt Bildungsstätte Anne Frank mit Preis

Es werde eine herausragende Bildungsinitiative gewürdigt, teilte die Stiftung mit

 20.08.2025

Athen

Israelische Firma übernimmt griechischen Rüstungsbauer

Griechenlands größter Hersteller von Militärfahrzeugen ist nun komplett in israelischer Hand. Die strategische Zusammenarbeit im Verteidigungssektor wird damit weiter vertieft

 20.08.2025

Jerusalem

Planungsausschuss berät über E1-Siedlung

Es geht um den Bau von rund 3400 Wohneinheiten in dem Gebiet zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Ma’ale Adumim

 20.08.2025

Jerusalem

Israel entzieht Vertretern Australiens in Palästinensergebieten Visa

Australien ist eines der westlichen Länder, die im kommenden Monat einen palästinensischen Staat anerkennen wollen. Darauf und auf Einreiseverbote für israelische Politiker folgt ein Gegenschritt

 18.08.2025

Halle

Datenbank über Opfer medizinischer Forschung in NS-Zeit veröffentlicht

Tausende Menschen wurden im Nationalsozialismus zu medizinischen Untersuchungen gezwungen. Ihre Schicksale sollen nun sichtbar werden

 18.08.2025

Dresden

Tora-Rolle entsteht in aller Öffentlichkeit

Vor dem Dresdner Stadtmuseum kann demnächst jeder durch ein Schaufenster zusehen, wie eine Thora-Rolle entsteht

 14.08.2025