Befreiung

Am authentischen Ort

von Miryam Gümbel

»Viele Überlebende feiern den Tag der Befreiung wie einen zweiten Geburtstag. Denn das Leben wurde ihnen neu geschenkt.« Mit diesen Worten erinnerte die Münchner IKG-Präsidentin und Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch beim Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau an der jüdischen Gedenkstätte an die Schoa und deren Ende. »Vor 62 Jahren erlebten die Häftlinge von Dachau endlich das Ende ihrer unsäglichen Qual. Nach Jahren der Unterdrückung durften sie zum ersten Mal wieder spüren, was es heißt, ein Mensch zu sein. Was es bedeutet, frei zu sein. Was es bedeutet, gleich zu sein. Wie es ist, Rechte anstatt Angst zu haben.« Das Trauma der Vernichtung allerdings werde immer tief in ihrem Bewusstsein eingegraben sein.
Deutschland habe dabei zugesehen, wie Menschen ohne Würde und ohne Rechte zu namenlosen Nummern degradiert wurden. Dabei hätte jeder der Täter erkennen müssen, dass er Unrecht tut. »Denn«, so Charlotte Knobloch weiter, »das Gewissen des Menschen weiß genau, was gut und böse ist. Der Mensch kennt das Gefühl von Mitleid und Erbarmen. Die Wachen der SS wussten, was sie taten.« Deshalb trügen sie auch die Verantwortung für ihr Tun.
In der Hoffnung eines »Nie wieder« verwies die Präsidentin auf die Gegenwart. »Wir alle wissen, dass Rechtsextremisten und Islamisten nur darauf warten, einem neuen machthungrigen Despoten den Weg zu bereiten: Vor wenigen Tagen erst hat eine Rotte von Neonazis die Bühne gestürmt, die anlässlich des Israel-Tages auf dem Münchner Odeonsplatz aufgebaut war.« Knobloch warnte vor der Annäherung von Rechtsextremismus und Islamismus und kritisierte, dass die demokra- tischen Kräfte dieses Landes noch immer dazu schwiegen. Nur wer die Geschichte kenne, habe Argumente bei der Hand, um Revisionisten und anderen Stammtisch-Propagandisten Paroli zu bieten. Nichts könne diese Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit eindringlicher leisten als authentische Orte wie Dachau. Deshalb müsse, wer Frieden wolle, auch bereit sein, in ihn zu investieren. »Wenn aber«, nahm die Zentralratspräsidentin zu der aktuellen Diskussion um die Kosten für die Gedenkstätte Dachau Bezug, »Personalmangel herrscht, Geldmittel gestrichen werden oder nur projektbezogen gefördert wird, ist es nicht möglich, die Erinnerung an die NS-Verbrechen wach zu halten.«
Dieses Thema beherrschte anschließend auch die internationale Gedenkstunde auf dem zentralen Platz des ehemaligen Konzentrationslagers. Der Präsident des Zusammenschlusses Dachau-Überlebender (Comité International de Dachau), Pieter Dietz de Loos, hatte noch einmal seinen Vorschlag unterstrichen, künftig Eintritt für die KZ-Gedenkstätte zu verlangen. Die derzeitige finanzielle und personelle Ausstattung sei unzureichend, betonte er. »Wenn ein Eintrittsgeld nicht möglich ist, muss eine andere Form der institutionellen Finanzierung gefunden werden.« Bayerns Kultusstaatssekretär Karl Freller sagte vor den rund 600 Gästen aus dem In- und Ausland, dass der Erhalt der Gedenkstätten und die Erfüllung der Erinnerungsarbeit mit der Stiftung »Bayerische Gedenkstätten« dauerhaft gesichert sei.
Ein Eintrittsgeld zur Gedenkstätte lehnt der Zentralrat der Juden in Deutschland kategorisch ab. Der Präsident des Bayerischen Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, Josef Schuster, hatte ein solches Ansinnen als »Verhinderungsgebühr« für Besucher und damit für die Erinnerung und für das Bewusstmachen der NS-Zeit bezeichnet. Vor der Jüdischen Gedenkstätte verwies Schuster im 62. Jahr nach der Befreiung auf die hebräischen Zeichen der Zahlen 6 und 2, Samech und Beth, die auch für Siman Bracha, das Zeichen des Segens stehen. »Wir können wieder Hoffnung schöpfen, dass sich jüdisches Leben in Deutschland erneut heimisch fühlt. Das bedeutet jedoch nicht, in unseren Anstrengungen nachzulassen, menschenverachtende Handlungen anzusprangern oder zu ignorieren.«
Nach dem Kaddisch und dem El Mole Rachamim legte er gemeinsam mit dem Bamberger Gemeindevorsitzenden Heiner Olmer in der Jüdischen Gedenkstätte einen Kranz in den Farben weiß und blau nieder. Die Hoffnung der Opfer hat sich erfüllt», beendete er seine Rede: «Am Israel chaj – das Volk Israel lebt.»

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025