Woche der Brüderlichkeit

Ärger und Arbeit

von Beatrice Maisch

»Ich möchte nicht verschweigen, dass einige von uns ernsthaft erwogen haben, der Veranstaltung fernzubleiben.« Mit diesen Worten eröffnet Rabbiner Julian-Chaim Soussan aus Düsseldorf am Montag seinen Vortrag im Jüdischen Gemeindezentrum in Mannheim. Auch er wollte nach dem »Ghetto«-Vergleich der deutschen Bischöfe nicht mehr am jüdisch-christlichen Dialog auf der »Woche der Brüderlichkeit« teilnehmen. Erst am Freitagmorgen entschloss er sich zu kommen. Soussan ist nicht nur der jüdische Redner des Abends, er hat die Begegnung auch mit vorbereitet. Sein Rücktritt hätte weitreichende Folgen gehabt – bei den Juden in Deutschland und in Israel, wo man die Ereignisse sehr genau verfolgt.
Die »Woche der Brüderlichkeit« wird vom Deutschen Koordinierungsrat (DKR) ausgerichtet. Zum zweiten Mal trafen sich höchste jüdische und christliche Geistliche zu einem Gespräch, an das sich theologische Vorträge anschlossen. Dass sich die Rabbiner doch für den Dialog entschieden, liegt zum einen am großen Einsatz von Hubert Frankemölle vom DKR. Er spricht von der »schwankenden Brücke zwischen Judentum und Christentum« und mahnt gleichzeitig zu »ernsthafter Arbeit«. Zum anderen hat Kardinal Karl Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, die Rabbiner mit seinen bedauernden Worten überzeugt. In Mannheim wird Lehmann erneut deutlich: »Ich möchte mich noch einmal entschuldigen für die Verletzungen, die entstanden sind.«
In diesem Geist haben die christlichen Vertreter auch das Gespräch eröffnet, wie Rabbiner Benjamin David Soussan, der Vater von Julian-Chaim Soussan, erzählt: »Wir waren am Anfang unsicher. Die Christen haben aber gleich versichert, wie leid es ihnen tut.« So konnten sich Rabbiner, Kardinäle und Bischöfe ihrem eigentlichen Thema »Mission« zuwenden. Sich darüber aus- zutauschen, bedeutet den jüdischen Geistlichen viel. »Für uns ist das geradezu Voraussetzung für den Dialog«, sagt Julian-Chaim Soussan. Er fordert von den Kirchen Unterstützung, um der Missionierung jüdischer Zuwanderer durch Freikirchen entgegenzuwirken. Die Katholiken haben sich bereits dagegen ausgesprochen. »Die evangelische Kirche tut sich schwerer«, so Soussan, »einige fragen sich, ob sie ihrer Religion untreu werden, wenn sie auf Mission verzichten.«
Auch Juden ist die Missionsidee nicht gänzlich fremd. »In jeden von uns steckt ein wenig davon«, gibt Benjamin D. Soussan zu, »auch wir haben die Hoffnung, dass die ganze Welt den wahren Gott erkennt.« Einigkeit habe zwischen allen Teilnehmern geherrscht, dass aggressive Mission unannehmbar sei. Der Freiburger Rabbiner bewertet das Gespräch positiv: »Das nächste Treffen auf höchster Ebene findet erst in einem Jahr statt. Unterdessen geht aber der Dialog im kleinen Kreis weiter.« Hier erfahren die Rabbiner täglich, wie sehr sich die deutschen Christen für das erstarkende jüdische Leben interessieren. Julian-Chaim Soussan: »Vom Vortrag bis zur Synagogenführung ist alles gefragt. Ich kann gar nicht allen Anfragen gerecht werden.«

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025