EILMELDUNG! Verfassungsschutz stuft gesamte AfD als gesichert rechtsextrem ein

Wien

Trauer um Arik Brauer

Arik Brauer (1929-2021) Foto: imago images/SKATA

Wien

Trauer um Arik Brauer

Der Universalkünstler starb im Alter von 92 Jahren

von Sandra Walder  25.01.2021 13:13 Uhr

Seine großen Öl-Bilder leuchten von vielen Wänden wichtiger Museen der Welt. Die Geschichten des Alten Testaments, Träume und Heldensagen brachte Arik Brauer mit großer Akribie auf die Leinwand.

Auch aktuelle Missstände in Gesellschaft und Politik sprach der jüdische Künstler offen an und verarbeitete sie in seinen Werken. »Wenn die Leute im Elend sind, entwickeln sie eine ungeheure Fantasie«, meinte Brauer über den Ursprung seiner Kreativität. Voller Elan und Lebensfreude arbeitete das Multitalent bis zuletzt. Nun ist der Maler, Sänger und Bühnenbildner mit 92 Jahren gestorben.

SCHRECKEN Brauer überlebte die Nazi-Zeit in bitterer Armut in Wien und ging ohne jede Verdrossenheit aus dem Schrecken hervor. »Ich bin auf die Butterseite des Lebens gefallen, sonst wäre ich ja schon lange tot. Warum soll ich da bitter sein?« 

Gemeinsam mit Freunden begründete er die »Wiener Schule des Phantastischen Realismus«.

Der Grundstein seines Stils waren laut eigenen Aussagen die Begegnungen mit eigentümlichen Charakteren in seiner Kindheit. Ob der einbeinige Alkoholiker im Keller seines Wohnhauses, oder der Mann, der als Attraktion Frösche geschluckt und lebendig wieder hervorgebracht hat. 

SURREALISMUS Gemeinsam mit seinen Freunden Ernst Fuchs, Anton Lehmden, Friedensreich Hundertwasser, Rudolf Hausner und Wolfgang Hutter begründete er die »Wiener Schule des Phantastischen Realismus«. Die Strömung, die dem Surrealismus nahesteht, wurde kommerziell erfolgreich. In Kunstkreisen blieb sie oft belächelt.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Aufgewachsen ist der 1929 geborene Jude Brauer, der nie gläubig war, in einem Wiener Arbeiterbezirk. Die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs überlebte er versteckt im Garten eines Verwandten. Sein Vater starb in der Gaskammer.

SANDALEN Nach dem Krieg ging Brauer sofort an die Akademie der Bildenden Künste. Schuhe besaß er zu dem Zeitpunkt keine. Nur ein Paar selbstgebastelter Sandalen aus Holz. Gestört habe ihn das nicht. »Ich war so hingerissen von meiner persönlichen Freiheit, dass ich was anderes gar nicht wahrgenommen habe.« Später kehrte er als Professor an die Akademie zurück. 

Er lebte als Tänzer in Israel und trat in Wien auf der Bühne auf.

Nachdem er sich als junger Mann in der Hoffnung auf eine bessere Welt dem Kommunismus verschrieben und sich wenig später enttäuscht abgewandt hatte, begann die Zeit ausgedehnter Reisen. Mit dem Fahrrad fuhr er nach Paris und durch Nordafrika.

Er lebte als Tänzer in Israel und trat in Wien auf der Bühne auf. Mit seiner Ehefrau, der Mutter seiner drei Töchter, trat er sieben Jahre lang als Gesangsduo in Paris auf, bevor es ihn wieder in die Heimat zog. 

SÄNGER Doch vor dem Durchbruch als Maler wurde er als Sänger berühmt. Der charismatische Künstler, der typischerweise in schwarz mit Sakko und Hut gekleidet war, galt in den 1970er-Jahren als einer der Väter des Austropop. 

Mit seinen kritischen Protestliedern im Wiener Dialekt wie »Sie hab’n a Haus baut« und »Sein Köpferl im Sand« wurde er in allen deutschsprachigen Popsendern gespielt. Das Singen sei für ihn aber nur Nebenprodukt gewesen. Seine Berufung war die Malerei.

Mehr als 2000 Bilder schuf Brauer, der sich als Feminist bezeichnete. Es sei jedes Mal aufs Neue ein Ringen gewesen, ein gutes Bild zu malen, sagte er vor seinem 90. Geburtstag, den er körperlich wie geistig beneidenswert fit feiern konnte.

SCHAU Zum 90. würdigte ihn das Jüdische Museum Wien mit einer »Alle meine Künste« betitelten Werkschau. Eine von Brauer illustrierte, vom Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, dem israelischen Autor Joshua Sobol und Erwin Javor kommentierte Pessach-Haggada geschaffen wurde 2014 ebendort gezeigt.

Exzesse ließ Brauer zeitlebens aus. »Ich bin in so einem Rauschzustand, das ich mich nicht belästigen will mit zusätzlichen Drogen.«

Das Alter habe ihn, der abwechselnd in Wien und einem israelischen Künstlerdorf lebte, frei gemacht. »Was ich machen wollte, habe ich ungefähr schon gemacht. Ich bin ein glücklicher Mensch.« Und den größten Stolz verspürte er für etwas abseits der Kunst: Seine laut eigener Aussage über 60 Jahre lange krisenfreie Ehe voller Liebe. (mit ja)

Lesen Sie mehr über Arik Brauer in unserer Ausgabe am Donnerstag.

Florenz

Judenretter und Radsportheld

Als Gigant der Landstraße ging Gino Bartali in die Geschichte des Radsports ein. Was der im Jahr 2000 gestorbene Italiener abseits der Rennen leistete, nötigt mindestens ebenso viel Respekt ab

von Joachim Heinz  02.05.2025

Japan

Jüdisch in Fernost

Etwa 1500 Juden sind im Land der aufgehenden Sonne zu Hause. Koscheres Leben ist schwierig. Und sogar hier hat sich seit dem 7. Oktober 2023 einiges verändert

von Eugen El  01.05.2025

Bern

Schweizer Juden reagieren auf Verbot der Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025