Jubiläum

Weltenbummler mit 70

Feierte in Israel: Salomon Almekias-Siegl Foto: Andre Koch

Salomon Almekias-Siegl lebt im Unruhestand. »Zu Rosch Haschana und Jom Kippur habe ich in Weiden amtiert, den ersten Teil Sukkot in Mannheim, an Simchat Tora und Schemini Azeret in Trier«, erzählt der Rabbiner und Kantor mit dem vollen grau melierten Haar. Und wenn Rabbiner Henry G. Brandt einmal keine Zeit hat, vertritt er ihn in Augsburg. Dabei kommt er viel herum. Es macht dem nun 70-Jährigen Spaß. Er will noch nicht zum alten Eisen gehören. »Es gibt genug zu tun«, ist er überzeugt, und auch davon, dass er noch viel weiterzugeben hat.

In seinen am 18. Dezember vollendeten 70 Lebensjahren ist Almekias-Siegl viel in der Welt herumgekommen. Sein Geburtsland Marokko verließ er im Alter von drei Jahren. Nach einem Zwischenaufenthalt in Marseille bestiegen seine Eltern das Schiff in Richtung des gerade ein Jahr zuvor neu gegründeten Staates Israel. »Dort kamen wir im Mai 1949 an.«

sechstagekrieg Nach Kindergarten, Schule und Gymnasium ging Almekias-Siegl zur israelischen Armee und wurde zum Sechstagekrieg eingezogen. Die Armee stellte bei ihm eine besondere pädagogische Begabung fest und ließ ihn zum Lehrer ausbilden. Den Aufbruch des jungen Staates erlebte Almekias-Siegl intensiv. »Die Zeit hat mich sehr geprägt«, erzählt er heute. Mindestens einmal pro Jahr fährt er nach Israel, hört alle Nachrichten und hält natürlich Kontakt zu seinen Kindern, Enkeln und Freunden.

Seinen Geburtstag hat er gemeinsam mit den Kindern und fünf Enkelkindern ebenfalls dort verbracht. Nur seine in Amerika lebende Tochter konnte nicht kommen. Sie ist Maskenbildnerin und Mutter, »und gerade in der Weihnachtszeit finden viele Aufführungen statt, bei denen sie die Schauspieler unterstützen muss«, zeigt der Vater Verständnis für das Fehlen der Tochter.

Traurig mag der Familienmensch darüber dennoch sein. Vor allem auch darüber, dass sein Schwager vor eineinhalb Monaten gestorben ist. »Er war nicht nur der Mann meiner Schwester, wir waren Freunde«, sagt Almekias-Siegl. Er habe nicht mehr allein auf dieser Welt sein wollen, nachdem vor zweieinhalb Jahren und nach fast 47 Ehejahren seine Frau gestorben war. Almekias-Siegl zitiert seinen Schwager: »Man hat mir die Seele weggenommen.«

stimme Doch das Leben muss weitergehen, sagt der Rabbiner. Lange ruhen oder stillstehen ist seine Sache nicht. Als Almekias-Siegl vor fünf Jahren sein Amt als Landesrabbiner der jüdischen Gemeinden in Sachsen aufgab, war er in ein kleines Örtchen bei Hamburg gezogen. In den Ruhestand wollte er sich nicht verabschieden. Gern würde er noch eine Gemeinde übernehmen. Bislang können ihn Gemeinden buchen. Anruf genügt, und er setzt sich in den Zug.

Der Weltenbummler, der in London studiert hat und in Schweden, Italien, den USA und schließlich in Deutschland als Rabbiner amtierte, kennt die jüdische Gemeinschaft hier sehr gut. Zu seinen Gemeinden zählten Stuttgart und Berlin, bevor er nach Sachsen ging. Mit 70 sucht er weitere Herausforderungen. Nach wie vor nimmt er Gesangsunterricht, um die Stimme weiter zu schulen. »Sie ist noch sehr schön, Gott sei Dank«, freut er sich über das Geschenk. Er könne sich auch vorstellen, Kantoren auszubilden, und stehe jederzeit zur Verfügung, wo immer man ihn brauche, erzählt er.

Zum Geburtstag wünscht er sich nur Gesundheit und möchte alles, was er weiß, weitergeben. »Es freut mich, wenn ich gebraucht werde.«

Ehrung

Hanna Veiler ist »Frau Europas«

EU-Kommission: Die JSUD-Chefin setzt ein wichtiges Zeichen gegen Extremismus

 08.05.2024

Schicksal

»Es gibt kein Bild von ihm«

Shir Gideon, ehemals Sprecherin der israelischen Botschaft, ließ einen Stolperstein für den Onkel ihrer Großmutter verlegen

von Christine Schmitt  08.05.2024

Berlin

»Es ist für Euch«

Margot Friedländer hat den B.Z.-Kulturpreis erhalten

 08.05.2024

Trauer

Starke Stimme der Erinnerung

Der Schoa-Überlebende und Zeitzeuge Natan Grossmann starb vergangene Woche im Alter von 96 Jahren

von Esther Martel  08.05.2024

Erfurt/Brüssel

Abbild zerstörter Synagogen wird digitales Erbe Europas

Auch eine Rekonstruktion der Synagoge am Michelsberg in Wiesbaden gehört dazu

 08.05.2024

Militärrabbiner

Mit doppeltem Segen

Alexander Nachama ist am Dienstagnachmittag offiziell in sein Amt eingeführt worden

von David Kauschke  07.05.2024

Berlin

Container des Horrors

Besucher einer Austellung sollen das Schicksal der Geiseln in Gaza auch physisch nachempfinden können

von Pascal Beck  07.05.2024

Boris Schulman

Dieses Jahr ist Jom Haschoa anders

Zum Tag des Gedenkens an die Schoah reflektiert unser Autor die Bedeutung des Heimatbegriffs in Bezug auf Deutschland und Israel

von Boris Schulman  07.05.2024

Berlin

Ausgang als Eingang

Die Galerie Sexauer zeigt Bilder von Alexander Iskin

von Katrin Richter  07.05.2024