Monheim

Zwischen Begin- und Szold-Straße

Mit dem Schüleraustausch hat alles angefangen: Jetzt gibt es ein israelisches Viertel in Monheim. Foto: Achim Bachhausen

»Viele Male war ich schon zu Gast in Monheim am Rhein, aber dieser Besuch bewegt mich am meisten wegen der ganz besonderen Zeremonie, die wir hier nun zusammen begehen.« Arie Tal, Bürgermeister der nordisraelischen Stadt Tirat Carmel, war im Mai extra in die Partnerstadt Monheim gereist, um gemeinsam die Einweihung des israelischen Viertels zu feiern. Nun gibt es in der Nähe des Rheins ein Viertel mit gleich fünf israelischen Straßennamen.

Die südlich von Düsseldorf gelegene Stadt Monheim mit ihren 40.000 Einwohnern pflegt seit 1989 eine intensive Beziehung zu ihrer israelischen Partnerstadt Tirat Carmel. Und nun entsteht anlässlich des 70. Jahrestages Israels sogar ein eigenes Israelviertel. Auch der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff war zur Einweihungsfeier erschienen. Gemeinsam mit Bürgermeister Daniel Zimmermann und der in Monheim lebenden langjährigen SPD-Landtagsabgeordneten Ingeborg Friebe enthüllten sie das Straßenschild. »Das ist für uns ein Zeugnis unserer tiefen Partnerschaft und der Verbundenheit beider Städte«, sagte Botschafter Issacharoff.

Neubaugebiet Noch wohnen im Viertel um die Tirat-Carmel-Straße nur wenige Anwohner, aber die Straße ist bereits geteert. Und die künftigen Bewohner, die an der Einweihung teilgenommen haben, freuen sich, bald ihre Häuser in der neu eingeweihten Straße beziehen zu können.

Angefangen hatte alles bereits 1986: Hagen Bastian, Begründer und unermüdlicher Motor des Monheimer »Arbeitskreises Partnerschaft mit Israel«, knüpfte bei einem privaten Israelbesuch die ersten Kontakte. Bereits im April 1987 reiste er gemeinsam mit 18 Schülern nach Tirat Carmel, zwei Jahre später wurde die Städtepartnerschaft offiziell beschlossen.

Tirat Carmel liegt südlich von Haifa an der Mittelmeerküste und wurde 1948 gegründet. Die Stadt hat heute 21.000 Einwohner, mit steigender Tendenz. Fundament der sehr lebendigen Städtepartnerschaft ist der Schüleraustausch: Ohne Unterbrechung trafen sich bislang Schüler des Monheimer Otto-Hahn-Gymnasi­ums unter Leitung von Hagen Bastian mit Schülern der Shifman High School in Tirat Carmel. In diesem Sommer wird ein Jugendorchester aus Israel nach Monheim kommen.

Jom Haschoa Neben den alltäglichen Begegnungen steht die pädagogische Erinnerungsarbeit im Mittelpunkt der langjährigen Zusammenarbeit. Vor einem Jahr reiste eine Delegation um Bürgermeister Zimmermann anlässlich des Jom Haschoa nach Tirat Carmel. Gemeinsam mit dem langjährigen Bürgermeister Arie Tal besuchten sie am Vorabend des Gedenktages die Veranstaltung »Den Opfern ein Gesicht geben«, wo Schüler der Shifman High School ihre Erinnerung in eine szenischen Lesung aus Tagebüchern von Überlebenden umsetzten.

Zimmermann hatte selbst als 17-jähriger Schüler des Monheimer Otto-Hahn-Gymnasiums am Schüleraustausch teilgenommen. Dieses Erlebnis habe ihn geprägt. »Als Deutsche sind wir von Scham erfüllt angesichts der Verbrechen, die von unseren Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern verübt wurden«, betonte er. Deshalb hoffe er, dass »noch viele junge Menschen aus Tirat Carmel und Monheim Freundschaften schließen werden«. Hagen Bastian ist angetan vom »intensiv gepflegten Verhältnis«.

Mehr als 600 Schüler beider Seiten haben bereits an Besuchen teilgenommen. Diese persönlichen Begegnungen könne kein Blick in die Zeitung, kein Fernsehen und kein Internet ersetzen, betonte Bürgermeister Daniel Zimmermann in seiner Ansprache.
Was Hagen Bastian auf deutscher Seite ist, leistet Eli Fedida auf israelischer Seite. Seit 30 Jahren setzt sich der 1949 in Israel Geborene als stellvertretender Schulleiter der Shifman High School für den Schüleraustausch ein. 2009 wurde Fedida für sein Engagement mit dem Monheimer Ehrenring ausgezeichnet. Im Sommer 2017 ging er in den Ruhestand. Die internationalen Begegnungen begleitet der engagierte Pädagoge jedoch weiterhin.

Stadtgeografie Was mit dem Schüleraustausch begann, gehört jetzt zur Stadtgeografie: Künftig kann man von der Monheimer Europaallee in die Yitzhak-Rabin- und Hannah-Szenes-Straße – benannt nach einer ungarischen Widerstandskämpferin, die per Fallschirm hinter der deutschen Front abgesprungen war, gefasst und 1944 hingerichtet wurde – abbiegen.

Dazwischen queren die Henrietta-Szold-, die Tirat-Carmel- und Menachem-Begin-Straße. Es werden also mit Henrietta Szold eine Aktivistin des frühen Zionismus wie auch führende israelische Staatspolitiker gewürdigt. Im neuen Israelviertel werden vor allem Reihenhäuser, Einfamilien- sowie Hofhäuser und Eigentumswohnungen gebaut.

Berlin

Für die Demokratie

Das EDA-Magazin und das Frauennetzwerk »BeReshith« sind mit dem Ehrenamtspreis für jüdisches Leben ausgezeichnet worden

von Katrin Richter  17.09.2024

Hochschule

»Herausragender Moment für das jüdische Leben in Deutschland«

Unter dem Dach der neuen Nathan Peter Levinson-Stiftung werden künftig liberale und konservative Rabbinerinnen und Rabbiner ausgebildet. Bei der Ausbildung jüdischer Geistlicher wird die Uni Potsdam eng mit der Stiftung zusammenarbeiten

von Imanuel Marcus  17.09.2024

Vertreibung

Vor 600 Jahren mussten die Juden Köln verlassen - Zuflucht auf der anderen Rheinseite

Die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen - und dann ist auf einmal Schluss. Vor 600 Jahren verwies Köln seine Juden der Stadt. Viele zogen darauf gen Osten, manche kamen dabei nur ein paar Hundert Meter weit

von Johannes Senk  17.09.2024

Würdigung

Ehrenamtspreise für jüdisches Leben verliehen

Geehrt wurden das »EDA-Magazin« der Jüdischen Studierendenunion Deutschland und der Verein BeReshit aus Sachsen-Anhalt

 16.09.2024

Hannover

Leib und Seele sind vereint

Die bucharische Gemeinde eröffnete in ihrem neuen Zentrum drei Mikwaot

von Michael B. Berger  16.09.2024

München

Wehmütig und dankbar

Die Religionslehrerin Michaela Rychlá verabschiedet sich nach knapp 30 Jahren in den Ruhestand

von Luis Gruhler  15.09.2024

Europäische Rabbinerkonferenz

Bayern »topsicherer Platz« für Juden

Vor einem Jahr verlegte die Europäische Rabbinerkonferenz ihren Hauptsitz nach München. Ein guter Schritt, sagt der Generalsekretär. Und schaut im Rückblick auch auf den 7. Oktober: »eine der größten Herausforderungen«

 15.09.2024

Berlin

Die Tora ist zurück

Große Freude bei Masorti über eine geschenkte Rolle aus den USA. Der Verein verleiht sie an die Synagoge Oranienburger Straße

von Christine Schmitt  14.09.2024

Porträt der Woche

Eine Geschichte des Lichts

Roy Shapira ist Maler, lebt in Frankfurt und unterrichtet hebräische Kalligrafie

von Eugen El  14.09.2024