München

Zielstrebig und unermüdlich

Es dürfte nicht viele Kultureinrichtungen in München geben, die von sich behaupten können, dass bei ihnen bereits Ignatz Bubis, Miroslav Nemec und Alan Dershowitz zu Gast waren. Höchstwahrscheinlich ist es sogar nur die eine: das Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde, das in der vergangenen Woche sein 40-jähriges Bestehen feierte.

Ellen Presser, langjährige Leiterin und seit der Gründung prägende Figur des Zentrums, hatte aus diesem Anlass zu einem Empfang in den Innenhof des Gemeindezentrums am Jakobsplatz eingeladen. Dort ließen unter freiem Himmel zahlreiche Kooperationspartner, Weggefährten und Unterstützer die vergangenen 40 Jahre noch einmal gemeinsam Revue passieren – und fanden dabei zu jener seltenen Sorte von Nostalgie, die weniger verklärend zurück als vielmehr tatendurstig nach vorn blickt.

ANFÄNGE Auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, und Vizepräsident Yehoshua Chmiel ließen sich das Fest an diesem Sommerabend nicht entgehen. Die IKG-Präsidentin erinnerte in ihrer Ansprache an die überaus bescheidenen Anfänge der im Februar 1983 als kombiniertes »Jugend- und Kulturzentrum« gegründeten Abteilung.

Veranstaltungen fanden in den ersten Jahren meist im Gartenhaus im Innenhof der Prinzregentenstraße 91 statt.

In einer Zeit, als die IKG noch in den sprichwörtlichen Hinterhöfen agierte und die Zukunft jüdischen Lebens hierzulande überhaupt ungewiss schien, habe das neue Kulturzentrum als »eine erste, noch zögerlich ausgestreckte Hand« der Gemeinde das erwachende Interesse der Mehrheitsgesellschaft an jüdischen Themen aufgenommen und verstärkt.

Veranstaltungen fanden in diesen ersten Jahren meist im Gartenhaus im Innenhof der Prinzregentenstraße 91 statt, oft in einem nur beschönigend als »Souterrain« bezeichneten Raum im Untergeschoss.

besucher Trotz dieser Schwierigkeiten zog das Kulturzentrum nicht nur viele interessierte Besucher, sondern auch prominente Gäste in großer Zahl an: So traten Wolf Biermann und Stefan Heym hier 1986 und 1989 erstmals überhaupt in einer jüdischen Gemeinde auf, der schon erwähnte amerikanische Rechtsanwalt und Israel-Unterstützer Alan Dershowitz sprach vor ausverkauftem Haus im damaligen Gemeindezentrum an der Reichenbachstraße, und mit Shoshana Rabinovici trat auf Einladung von Ellen Presser zum Gedenktag Jom Haschoa zum ersten Mal eine Frau ans Rednerpult der Synagoge in der Reichenbachstraße.

Im Lauf der Jahre bot das Programm noch viele weitere Größen der jüdischen Kultur auf, darunter Ruth Westheimer, Schalom Ben-Chorin (bei seinem letzten öffentlichen Auftritt), Amos Oz, die an diesem Abend anwesende Alice Brauner sowie Michael Brenner. Zu den regelmäßigen Referenten zählten auch Michel Friedman, Georg Stefan Troller und viele andere mehr.

Angesichts dieser Bilanz sprach Charlotte Knobloch vielen Anwesenden aus dem Herzen, als sie darauf hinwies, dass diese Erfolge ohne die unermüdliche Arbeit von Ellen Presser nicht möglich gewesen wären: »Nur mit ihrer Zielstrebigkeit und Leidenschaft konnte der Samen, der vor 40 Jahren eingepflanzt wurde, zu dem stolzen Baum heranwachsen, unter dem sich heute so viele Menschen gern versammeln.«

dank Dafür gelte ihr der Dank der Kultusgemeinde und der gesamten Stadtgesellschaft, die sie mit ihrem Einsatz wieder zusammenzuführen geholfen habe. Erst nachdem die jüdische Kultur die Herzen der Menschen angesprochen habe, »konnte unsere Kultusgemeinde später wieder ins Herz dieser Stadt zurückkehren«. Seit Eröffnung des Jüdischen Zentrums am Jakobsplatz 2007 hat das Kulturzentrum seinen Sitz im neuen Gemeindezentrum.

Ellen Presser widmete sich in ihrem launigen Rückblick Anekdoten und Kuriosa.

Ellen Presser selbst versuchte an diesem Abend nicht, vier Jahrzehnte Geschichte zu einer kurzen Ansprache zu verdichten. Sie widmete sich in ihrem launigen Rückblick stattdessen heiteren Anekdoten wie der Rosendekoration, die sich während der Feier zum 70. Geburtstag von Max Mannheimer plötzlich von der Decke löste, und Kuriosa wie dem früheren Büro des Kulturzentrums, in dem drei Personen – »mit Kopierer und Publikumsverkehr« – auf zehn Quadratmetern zusammenarbeiten mussten; laut Vorstandsmitglied Guy Fränkel »das kleinste Büro, das ich je gesehen habe«.

kooperationspartner In ihren Dank schloss Presser neben der eigenen Familie sowie aktuellen und ehemaligen Kollegen auch die drei anwesenden Aktivisten von 1983 – Israel Feder, Thomas Münz und Andy Weinberger – sowie den seinerzeitigen Geschäftsführer Chil Rackowski mit ein, deren Beitrag die Entstehung des Kulturzentrums erst ermöglicht hatte. Dazu kamen noch langjährige Kooperationspartner wie die Münchner Volkshochschule und der Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität.

Allen eigenen Danksagungen zum Trotz waren es aber vor allem die Anwesenden, die wussten, was sie und die Gemeinde Ellen Presser verdanken. Diese konnte sich somit auch nicht mehr gegen eine prächtige Geburtstagstorte für das Kulturzentrum wehren, deren Anschnitt sie gemeinsam mit der IKG-Präsidentin vornahm. Bei einer Stimmung, die durchweg eher freundschaftlich als getragen wirkte, klang das Fest unter Sternenhimmel aus. Der inoffizielle Titel, den das Kulturzentrum der Veranstaltung gegeben hatte, beschrieb die Zusammenkunft dabei perfekt: Es war in jeder Hinsicht ein Abend für »Family and Friends«.

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