Dachau

»Würdige Anerkennung«

Die Dachauer Berufsschule trägt seit Anfang April den Namen des KZ-Überlebenden Nikolaus Lehner. Er war der einzige jüdische Häftling, der nach der Befreiung in Dachau geblieben war. Zwar war Nikolaus Lehner 1995 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden, doch auf eine Anerkennung seines Wirkens durch die Stadt Dachau wartete er zeitlebens vergeblich.

Der Festakt fand im Beisein von Lehners Witwe Rosa, seinem Sohn Moris, Tochter Juliane Alon und den beiden Enkeln Steve und Ron statt. Anneliese Willfahrt von der Regierung von Oberbayern verlieh offiziell den Namen »Nikolaus-Lehner-Schule«. Neun Jahre nach seinem Tod wird damit des Zeitzeugen, Aufklärers und Mahners endlich auch in Dachau gebührend gedacht.

bewegend »Es ist eine würdige Anerkennung des Wirkens und der Verdienste Nikolaus Lehners«, sagte Direktor Johannes Sommerer. Die Schule sehe es als Verpflichtung an, die Erinnerung lebendig zu halten, aber auch als Ansporn, eine Atmosphäre der Toleranz zu schaffen, erklärte er weiter in seiner Begrüßungsrede. Schüler der Klasse KBA 12 präsentierten Stationen von Nikolaus Lehners Leben. Vor allem darin eingebaute Videoaufzeichnungen, in denen Lehner über seine Haft und den Beginn seiner unermüdlichen Tätigkeit als Zeitzeuge sprach, waren bewegende Momente des Festakts.

Der in Rumänien geborene Lehner war Ende 1944 ins KZ Dachau verschleppt worden. Nach der Befreiung erfuhr er, dass bis auf einen Bruder seine gesamte Familie ermordet worden war. Lehner blieb nach dem vergeblichen Versuch, in die USA auszuwandern, in Dachau und baute hier einen Holzverarbeitungsbetrieb auf.

»Doch Nikolaus und Rosi Lehner konnten jahrzehntelang mit niemandem in Dachau darüber sprechen, was sie durchgemacht hatten«, sagte die ehemalige Leiterin der KZ-Gedenkstätte, Barbara Distel, in ihrer Festrede. Die Freude über die Entscheidung, die Schule nach Nikolaus Lehner zu benennen, werde allerdings dadurch getrübt, dass Lehner sie selbst nicht mehr miterleben konnte und dass neun Jahre vergehen mussten, bis sie verwirklicht wurde, merkte Distel an.

Begegnungen Sie erinnerte an den Geigenspieler Lehner, der Musik bis zu seinem Tod über alles liebte. Distel betonte aber auch, dass Lehner vor allem das Gespräch mit Jugendlichen gesucht habe und dass er einer der Initiatoren und Vorkämpfer für eine internationale Jugendbegegnungsstätte in Dachau gewesen sei. Er sei Mitbegründer des Fördervereins für internationale Jugendbegegnung gewesen und diesem bis an sein Lebensende eng verbunden geblieben.

»Es ist eine Ehre, dass wir eine Nikolaus-Lehner-Schule haben«, sagte Landrat Hansjörg Christmann am Mittwoch beim Festakt zur Namensgebung der Dachauer Berufsschule. Er sei glücklich, dass er wenige Wochen vor seinem Ausscheiden aus dem Amt die Umbenennung der Schule noch erleben könne, so Christmann. Dachaus Bürgermeister Claus Weber betonte, dass sich Lehner um Dachau verdient gemacht habe. Er erwähnte jedoch auch, dass dessen Kampf gegen das Vergessen in dieser Stadt lange nicht auf fruchtbaren Boden gefallen sei.

Für die Familie sagte Sohn Moris Lehner: »Eine Namensgebung ist mehr als bloße Benennung und mehr als ein Akt, der sich mit seiner Verleihung erledigt.« Lehner betonte auch, dass im vielfältigen Engagement seines Vaters ihm das Gespräch mit jungen Menschen besonders am Herzen lag. An die Schüler gewandt erklärte Lehner mit Blick auf die Leiden, die sein Vater und seine Mutter in KZs durchgemacht haben: »Ich bin zuversichtlich, dass Sie aktiv dafür sorgen werden, dass sich Geschichte nicht wiederholt.«

Nachruf

»Du fehlst schon heute«

Peggy Parnass war Gerichtsreporterin, Journalistin und Künstlerin. Unsere Autorin Sharon Adler nimmt Abschied von ihrer langjährigen Freundin. Ein letzter Brief

von Sharon Adler  21.03.2025

Prenzlauer Berg

Veras Stein

Das neue Buch von »Welt am Sonntag«-Chefredakteur Jacques Schuster erzählt Geschichten von Menschen, die auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beerdigt sind

von Jacques Schuster  21.03.2025

Leserbriefe

»Es gibt uns, nichtjüdische Deutsche, die trauern und mitfühlen«

Nach der Sonderausgabe zum Schicksal der Familie Bibas haben uns zahlreiche Zuschriften von Lesern erreicht. Eine Auswahl

 20.03.2025

Medien

Gil Ofarims Anwälte sollen ihn »zum Geständnis geprügelt haben«

Lange hatte der Musiker zum Verleumdungs-Prozess gegen ihn geschwiegen. Jetzt erwecken seine Anwälte den Eindruck, dass Ofarim nur aus einer Not heraus gestanden hat

 20.03.2025

Jewrovision

Vereint in Vorfreude

Mehrere Hundert Jugendliche nehmen am Songcontest in Dortmund teil. Wie nutzen sie die Zeit bis Juni? Wir haben uns umgehört

von Christine Schmitt  20.03.2025

Bildung

Judentum in die Schule - Neue Online-Plattform für Lehrkräfte

Warum verkleidet man sich an Purim? Und was feiern Juden an Pessach? Ein neues Online-Angebot des Jüdischen Museums Berlin bietet Lehrern und Schülern Wissenswertes zu jüdischer Geschichte und Kultur

von Nina Schmedding  20.03.2025

Musik

Virtuose Spiellust

Der Pianist Ido Ramot gab ein Konzert in der Münchner Zaidman-Seniorenresidenz

von Vivian Rosen  18.03.2025

Thüringen

Geschichte, Gedenken, Gegenwart

80 Veranstaltungen an 16 Orten: In Gera werden die 33. Jüdisch-Israelischen Kulturtage eröffnet

von Esther Goldberg  21.03.2025 Aktualisiert

Köln/ Frankfurt

Trauer um Michael Licht

Nach schwerer Krankheit ist der ZWST-Vizepräsident im Alter von 70 Jahren verstorben

 17.03.2025