Leipzig

Wo Makkabi sächselt

Aufmerksame Stille herrscht in den Räumen der Sportanlage in der Leipziger Döllingstraße. Es wird Schach gespielt – höchste Konzentration. Vor allem ältere Herren sitzen an den beiden langen Tischen. Die Figur ziehen, Uhr drücken, Blick zum Gegenüber.

Das Turnier gehört zu den sächsischen Makkabi-Sportspielen, die am vergangenen Sonntag in Leipzig bei schönstem Wetter stattfanden. Letzteres war vor allem für die Fuß- und Volleyballer wichtig, weniger für die Dame- und Schachspieler oder für die Akteure an den Tischtennisplatten gleich nebenan, wo es besonders hoch her ging und keiner dem anderen einen Punkt schenkte. Und das trockene Wetter hielt, obwohl eigentlich gegen Abend Regen angesagt war.

»Entstanden ist der Leipziger Makkabi-Verein ursprünglich nur mit einer Schachabteilung«, erklärt Mitorganisatorin Irina Lempert. Nach und nach kamen andere Sportarten wie Dame, Tischtennis, Fußball und Volleyball hinzu. In diesen Disziplinen ermittelten die drei großen sächsischen Vereine aus Dresden, Chemnitz und Leipzig am Sonntag ihre Besten. Beim Fußball und Volleyball waren jeweils die Leipziger Teams – gut zu erkennen an ihren blauen Trikots – favorisiert. Und auch diesmal gewannen sie ihre Wettkämpfe.

Stadtliga Ilja Beresowski spielt bei Makkabi Leipzig Volleyball: »Zweimal pro Woche gehe ich zum Training, wir sind auch in der Leipziger Stadtliga und wollen dieses Jahr unbedingt aufsteigen.« Ilja Beresowski kam vor 18 Jahren nach Deutschland. Er ist Vater einer Tochter und arbeitet in Leipzig als Fachkraft in der Sicherheitsbranche.

Etwa 100 Sportler aus ganz Sachsen nahmen an den Makkabi-Spielen teil, es sind die vierten Spiele dieser Art. 2006 war ebenfalls in Leipzig der Auftakt, 2008 war Chemnitz Austragungsort und 2010 Dresden. Die Dresdner hatten am Sonntag übrigens Anfahrtsprobleme, ihr Bus traf verspätet ein, aber immer noch pünktlich genug für die Wettkämpfe. Kerstin Kirmes, Leiterin des Leipziger Sportamtes, freute sich, »dass die Spiele nach sechs Jahren wieder in Leipzig sind«. Sie warf zur Eröffnung den Ball symbolisch Michael Lempert, dem Vorsitzenden des Makkabi-Sportvereins, zu.

Zsolt Balla, der Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde, erinnerte in seinem Begrüßungswort an die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Makkabi: »Es ist eine Abkürzung und bedeutet übersetzt ›Wer ist wie Du, Gott‹«. Gleichzeitig verwies er auf die über 2.000-jährige Tradition dieser Spiele. Der aus Budapest stammende Rabbiner spielte als Kind übrigens Bas- ketball und brachte es im Judo sogar zum ungarischen Jugendmeister.

Miteinander Der Leipziger Verein ist sowohl Mitglied im deutschen Makkabi-Dachverband als auch im Stadtsportbund, wie Christa Müller erzählt. Sie kam ursprünglich als ABM-Kraft und ist »hier hängen geblieben«, wie sie mit einem Schmunzeln erklärt. Heute engagiert sie sich vor allem in der Wandergruppe, die etwa einmal im Monat unterwegs ist. Christa Müller ist ein Beispiel für das Miteinander von jüdischen und nichtjüdischen Vereinsmitgliedern. Genauso wie Quoc Tuan Nguyen. Der 42-jährige Vietnamese kam durch einen Freund zu Makkabi und spielt in der Fußballmannschaft: »Ich fühle mich hier sehr wohl«, betont er.

Gleich neben dem Fußballfeld probiert Michael Iwanow, von allen Mischa genannt, die Sportgeräte für Kinder aus. Besonders angetan haben es ihm neben dem Hüpfstab die Stelzen. Unermüdlich versucht er, ein paar Schritte damit zu gehen. Auch von etlichen Fehlversuchen lässt er sich nicht abschrecken. Der Siebenjährige ist mit seiner Mutter hierhergekommen. Die Familie, zu der auch noch eine große Tocher gehört, stammt ursprünglich aus Rostow am Don und lebt seit fünf Jahren in Deutschland.

Auch wenn es keine speziellen Wettkämpfe für Kinder gibt, schauen Mutter und Sohn Iwanow den Sportlern doch gern zu. Außerdem treffen sie hier viele Freunde und Bekannte – wie sie kommen die meisten der rund 1.300 Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Leipzig aus der ehemaligen Sowjetunion.

So sind die Makkabi-Sportspiele gleichzeitig eine Art Volksfest, bei dem auch gegrillt wird. Auch wenn der Leipziger Verein Hauptorganisator dieser vierten Spiele ist, wird er doch unterstützt von der Israelitischen Religionsgemeinde und dem Kultur- und Begegnungszentrum Ariowitsch-Haus. Finanzielle Hilfe gibt es zudem von Makkabi Deutschland, dem Jüdischen Turn- und Sportverband.

Porträt der Woche

»Musik war meine Therapie«

Hagar Sharvit konnte durch Singen ihre Schüchternheit überwinden

von Alicia Rust  15.07.2025

Berlin

Gericht vertagt Verhandlung über Lahav Shapiras Klage gegen Freie Universität

Warum die Anwältin des jüdischen Studenten die Entscheidung der Richter trotzdem als großen Erfolg wertet. Die Hintergründe

 15.07.2025 Aktualisiert

Andenken

Berliner SPD: Straße oder Platz nach Margot Friedländer benennen

Margot Friedländer gehörte zu den bekanntesten Zeitzeugen der Verbrechen der Nationalsozialisten. Für ihr unermüdliches Wirken will die Berliner SPD die im Mai gestorbene Holocaust-Überlebende nun sichtbar ehren

 15.07.2025

Bonn

Schoa-Überlebende und Cellistin Anita Lasker-Wallfisch wird 100

Sie war die »Cellistin von Auschwitz« - und später eine engagierte Zeitzeugin, die etwa vor Schülern über ihre Erlebnisse unter dem NS-Regime sprach. Jetzt feiert sie einen besonderen Geburtstag

von Leticia Witte  15.07.2025

Würdigung

Er legte den Grundstein

Vor 100 Jahren wurde Simon Snopkowski geboren. Zeitlebens engagierte sich der der Schoa-Überlebende für einen Neubeginn jüdischen Lebens in Bayern

von Ellen Presser  14.07.2025

München

Im Herzen ist sie immer ein »Münchner Kindl« geblieben

Seit 40 Jahren ist Charlotte Knobloch Präsidentin der IKG München. Sie hat eine Ära geprägt und das Judentum wieder in die Mitte der Gesellschaft gerückt

von Christiane Ried  14.07.2025

Jubiläum

Münchner Kultusgemeinde feiert Wiedergründung vor 80 Jahren

Zum Festakt werden prominente Gäste aus Politik und Gesellschaft erwartet

 14.07.2025

Berliner Ensemble

Hommage an Margot Friedländer

Mit einem besonderen Abend erinnerte das Berliner Ensemble an die Zeitzeugin und Holocaust-Überlebende. Pianist Igor Levit trat mit hochkarätigen Gästen auf

 14.07.2025

Reisen

Die schönste Zeit

Rom, Balkonien, Tel Aviv: Hier erzählen Gemeindemitglieder, an welche Urlaube sie sich besonders gern erinnern

von Christine Schmitt, Katrin Richter  13.07.2025