Berlin

»Wir sind alle bedroht«

Abraham Lehrer forderte führende Muslime auf, mäßigend zu wirken. Foto: Gregor Zielke

Rund 10.000 Menschen haben am Dienstagabend in Berlin der Opfer der Anschläge von Paris gedacht. An der Mahnwache vor dem Brandenburger Tor nahmen Muslime, Christen, Juden und die Spitzen der Politik teil. Bundespräsident Joachim Gauck dankte den Muslimen in Deutschland für ihr Eintreten gegen religiösen Fanatismus. »Die Terroristen wollten uns spalten. Erreicht haben sie das nicht«, sagte Gauck.

Er forderte in seiner kurzen Rede auch alle Deutschen auf, Muslime und Juden gegen Angriffe wegen ihrer Religionszugehörigkeit zu verteidigen. Mit Verweis auf jüngste antisemitische Parolen und Brandanschläge auf Moscheen sagte das Staatsoberhaupt, dem zu wehren, sei nicht allein Sache der Religionsgemeinschaften. »Es ist unser aller Sache«.

Kritik Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte, bei aller Kritik an Inhalten müssten Journalisten, Künstler und Satiriker die Freiheit haben, ihre Stimme zu erheben. »Die Täter haben den Islam in den Schmutz gezogen.«

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, rief die Muslime dazu auf, gegen den Terrorismus vorzugehen. Nach den Anschlägen auf eine Schule in Toulouse 2012, auf das Jüdische Museum in Brüssel im vergangenen Jahr sowie den Anti-Israel-Demonstrationen vom vergangenen Sommer sei eine Radikalisierung im Islam feststellbar.

Lehrer appellierte an die Muslime, selbst gegen diesen Terrorismus vorzugehen. »Führende muslimische Würdenträger, muslimische Staatschefs und Imame müssen ihren Einfluss nutzen, um mäßigend zu wirken.« Auch in Deutschland sei die muslimische Gemeinschaft gefordert. »Antisemitismus vor allem unter jungen Muslimen darf nicht einfach hingenommen werden.« Der Zentralratsvize machte hierfür vor allem die Fernsehsender aus dem arabischen Raum als Hetzmedien verantwortlich.

Angst Juden wüssten nur zu gut, was Bedrohung heißt. »Israel ist seit Jahren dem Raketenterror der Hamas ausgesetzt.« Menschen dürften nicht gleichgültig auf diese Bedrohungen reagieren, so Lehrer. Aber auch die Angst dürfe nicht um sich greifen, weder in Frankreich noch in Deutschland, wo die jüdische Gemeinschaft ebenfalls »stark verunsichert« sei. Lehrer appellierte an die Teilnehmer: »Nehmen Sie unsere Gefühle als Seismograf! Wenn Juden bedroht sind, dann sind wir alle bedroht.«

Man könne nicht denen das Feld überlassen, die einen Keil in die Gesellschaft treiben wollen, sagte der Berliner Bischof Markus Dröge. Der Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland, Weihbischof Matthias Heinrich, sagte: »Bei allem, was die Religionen trennen mag, es eint uns der Wille, uns nicht gegeneinander aufbringen zu lassen.« Heinrich forderte, sich verstärkt mit den Ursachen des Hasses auseinanderzusetzen. epd/ja

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024

Essay

Steinchen für Steinchen

Wir müssen dem Tsunami des Hasses nach dem 7. Oktober ein Miteinander entgegensetzen

von Barbara Bišický-Ehrlich  16.04.2024

München

Die rappende Rebbetzin

Lea Kalisch gastierte mit ihrer Band »Šenster Gob« im Jüdischen Gemeindezentrum

von Nora Niemann  16.04.2024

Jewrovision

»Ein Quäntchen Glück ist nötig«

Igal Shamailov über den Sieg des Stuttgarter Jugendzentrums und Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  16.04.2024

Porträt der Woche

Heimat in der Gemeinschaft

Rachel Bendavid-Korsten wuchs in Marokko auf und wurde in Berlin Religionslehrerin

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.04.2024