Diskussion

Wie alt ist der Dinosaurierzahn?

Interpretieren die Schöpfungsgeschichte allegorisch: Natan Slifkin (M.) und Fatimah Jackson (r.) Foto: Chris Hartung

Obgleich im 21. Jahrhundert kein ernsthafter Wissenschaftler mehr die Evolutionstheorie bezweifelt, wird in manchen Kreisen innerhalb aller abrahamitischen Religionen die Schöpfungsgeschichte weiterhin als Tatsachenbericht interpretiert und die Evolutionstheorie als Häresie zurückgewiesen.

Natan Slifkin, orthodoxer Rabbiner und Direktor des Biblischen Museums für Naturgeschichte in Beit Schemesch (Israel), und Fatimah Jackson, Biologin und Anthropologin an der Howard University in Washington, D.C., waren am vergangenen Donnerstag im Jüdischen Museum Berlin zu Gast. Im Rahmen der Ringvorlesung »Wissen und Glauben in Judentum und Islam« der Museumsakademie tauschten sie sich über »Gott, Darwin und die Evolution« aus.

Rabbiner Slifkin, geboren in Manchester, machte schon früh mit einem für einen Jeschiwaschüler ungewöhnlichen Interesse für die Tierwelt auf sich aufmerksam. Trotz erheblicher Widerstände aus der charedischen Community veröffentliche Slifkin mehrere Bücher zum Verhältnis von Tora und Naturwissenschaften und richtet seit 15 Jahren Führungen in Zoos und Naturkundemuseen für jüdisch-orthodoxe Jugendliche aus.

»Zoorabbiner« In seinem Vortrag betont der als »Zoorabbiner« bekannt gewordene Slifkin, dass orthodoxes Judentum und Wissenschaft nicht im Widerspruch stehen müssen. Dabei sieht er sich in der Tradition von Maimonides. Für Slifkin stellen Tora und Wissenschaft zwei unterschiedliche Systeme dar, die nicht vermischt werden sollten: Tora und Talmud seien nicht die richtigen Quellen für naturwissenschaftliche Erkenntnisse.

Die Erde müsse mindestens
15 Millionen Jahre und drei Wochen
alt sein, sagte der Rabbi.

Fatimah Jackson löste den Widerspruch zwischen der Evolutionstheorie und der Schöpfungsgeschichte des Koran in der allegorischen Deutung betreffender Suren auf. Sie sagte, sie könne sich die Komplexität der Natur ohne eine schöpferische Kraft nur schwer vorstellen. Ähnlich argumentierte auch Slifkin. Der Jüdischen Allgemeinen sagte der Rabbiner: »Die Bibel vermittelt Theologie und keine Naturwissenschaft, die Naturwissenschaft ist ein ganz anderer Ansatz. Die Schöpfungsgeschichte sollte meines Erachtens allegorisch und nicht buchstäblich interpretiert werden.«

Weiter stellte Sflikin fest: »Das Judentum ist, im Unterschied zu anderen Religionen, eine Religion der Tat. Wo andere Religionen eher auf dem Glauben aufbauen, kommt es im Judentum mehr darauf an, wie jemand handelt. Wichtig ist es, die Mizwot zu halten. Im Feld der theologischen Diskussion ist mehr Flexibilität möglich.«

Humor Der Kluft zwischen Schöpfungsgeschichte und Wissenschaft begegnete der Rabbi auch mit Humor: Die Erde müsse mindestens 15 Millionen Jahre und drei Wochen alt sein. 15 Millionen Jahre, da er einen Dinosaurierzahn erwarb, dessen Alter auf 15 Millionen Jahre bestimmt wurde – und drei Wochen, da er ihn vor drei Wochen gekauft hatte.

Am Morgen nach dem Gespräch ging es für den »Zoorabbiner« zurück nach Israel. Der Berlinbesuch habe sich in jeder Hinsicht gelohnt, sagte Slifkin. Denn er hat auch das Naturkundemuseum besucht und im »besten Ameisenladen der Welt« in Berlin eine Ameisenfarm für sein Museum in Beit Schemesch erworben.

Thüringen

Jüdisches Kulturfest will Haifa stärker einbeziehen

Beide Städte pflegen seit dem Jahr 2005 eine offizielle Städtepartnerschaft

 17.07.2025

75 Jahre Zentralrat

Zentralratspräsident: Zusammenlegung von jüdischen Gemeinden »schmerzlich«, aber denkbar

Zu wenig engagierter Nachwuchs und mögliche Zusammenschlüsse von jüdischen Gemeinden - so sieht die Lage laut Zentralrat der Juden derzeit aus. Präsident Schuster äußert sich auch zur Rabbinerausbildung in Potsdam

von Leticia Witte  17.07.2025

Stuttgart

Geige, Cello, Kickboxen

Die Musikerinnen Taisia und Elina über den Karl-Adler-Wettbewerb, Spaß und eigene Stücke

von Christine Schmitt  16.07.2025

Jiddisch

Der unerfüllte Traum

Im Rahmen der Scholem-Alejchem-Vortragsreihe sprach der Judaist Gennady Estraikh über die Geschichte von Birobidschan

von Nora Niemann  16.07.2025

München

»Unsere jüdische Bavaria«

80 Jahre Israelitische Kultusgemeinde München und 40 Jahre Präsidentschaft von Charlotte Knobloch: Am Dienstagabend wurde das Doppeljubiläum mit einem Festakt gefeiert. Für einen scharfzüngigen Höhepunkt sorgte der Publizist Michel Friedman

von Christiane Ried  16.07.2025

München

»Ich habe größten Respekt vor dieser Leistung«

Zum 40-jährigen Dienstjubiläum von Charlotte Knobloch wird sie von Zentralratspräsident Josef Schuster geehrt

 16.07.2025

Porträt der Woche

»Musik war meine Therapie«

Hagar Sharvit konnte durch Singen ihre Schüchternheit überwinden

von Alicia Rust  15.07.2025

Berlin

Gericht vertagt Verhandlung über Lahav Shapiras Klage gegen Freie Universität

Warum die Anwältin des jüdischen Studenten die Entscheidung der Richter trotzdem als großen Erfolg wertet. Die Hintergründe

 15.07.2025 Aktualisiert

Andenken

Berliner SPD: Straße oder Platz nach Margot Friedländer benennen

Margot Friedländer gehörte zu den bekanntesten Zeitzeugen der Verbrechen der Nationalsozialisten. Für ihr unermüdliches Wirken will die Berliner SPD die im Mai gestorbene Holocaust-Überlebende nun sichtbar ehren

 15.07.2025