Standpunkt

Werte des Sports

Bereit für den DFB-Pokal: die Mannschaft des TuS Makkabi Berlin beim Training am Dienstagabend. Am Sonntag spielt der Verein gegen den VfL Wolfsburg. Foto: Rolf Walter

Der Einzug von Makkabi Berlin in die erste Runde des DFB-Pokals markiert einen historischen Augenblick für die gesamte Makkabi-Bewegung: Das Aufeinandertreffen des jüdischen Sportvereins aus der Berliner Oberliga mit dem strahlkräftigen Bundesligisten VfL Wolfsburg am kommenden Sonntag im Berliner Mommsenstadion ist weitaus mehr als nur ein sportlicher Triumph – dieser Erfolg sowie die starke mediale und zivilgesellschaftliche Resonanz symbolisieren die immense Bedeutung des Sports für Vielfalt und Toleranz in Deutschland und setzen ein kraftvolles Zeichen für die jüdische Emanzipation.

Die Partie, übrigens das Debüt eines jüdischen Sportvereins in einem derart bedeutsamen Wettbewerb, ist nach den historischen European Maccabi Games 2015 in Berlin nicht nur ein sportlicher Meilenstein, sondern auch ein bewegendes Zeugnis der Resilienz und Stärke vor dem Hintergrund einer düsteren Vergangenheit. Angesichts der Ausgrenzung, des Verbots und der Verfolgung jüdischer Sportlerinnen und Sportler und Sportvereine zwischen 1933 und 1945 und dem grausamen Menschheitsverbrechen der Schoa ist dieser Erfolg wahrlich ein Wunder.

VISION 78 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Teilnahme von Makkabi Berlin im DFB-Pokal ein weiteres leuchtendes Beispiel für die Unbeugsamkeit jener jüdischen Sportbewegung, die so lange unterdrückt wurde und sich bis heute mit Anfeindungen konfrontiert sieht. Es ist ein erneuter Sieg über die Schatten der Geschichte und ein Symbol für unsere Hoffnung und Vision.

Makkabi Berlin zeigt, dass der Sport verbindet.

Schon lange haben sich die Makkabi-Ortsvereine für alle geöffnet. Werte wie Respekt und Toleranz werden von unseren mittlerweile über 6600 Mitgliedern gelebt und vermittelt. So ist auch das Team von Makkabi Berlin ein lebendiges Zeichen des friedvollen Miteinanders und Symbol dafür, dass der Sport verbindet.

Dies verdeutlicht sich regelmäßig in der Ausrichtung von nationalen und internationalen Großevents wie den Makkabi Deutschland Games, den Makkabi Deutschland Junior Games sowie den gerade Anfang des Jahres erstmals seit 1936 wieder ausgetragenen Winterspielen, die offen sind für alle Makkabi-Mitglieder, -Freundinnen und -Freunde, gleich welchen Glaubens oder welcher Herkunft. Neben dem Sport sind diese geprägt von jüdischen Traditionen und interaktiven Bildungsangeboten in Form von Workshops und Vorträgen zu unterschiedlichen historischen und gegenwartsbezogenen Themen.

LOGO Seit der Ausrichtung der European Maccabi Games 2015 in Berlin mit mehr als 2000 jüdischen Sportlerinnen und Sportlern hat sich Makkabi Deutschland nicht nur sportlich rasant entwickelt, sondern auch seine Sichtbarkeit und Akzeptanz als gesellschaftspolitischer Akteur gefestigt.

Ein neues deutsch-jüdisches Selbstverständnis mit logischen Folgen: Das neue Verbandslogo symbolisiert den gesellschaftlichen sowie sozialen Öffnungsprozess. Und die Adaption der Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold richtet ein positives, selbstbewusstes Zeichen an die internationale jüdische Gemeinschaft.

Von hoher Bedeutung ist darüber hinaus die Gründung der Makkabi Deutschland Jugend (MDJ) im Jahr 2019. Die MDJ setzt sich dafür ein, Nachwuchstalente an den Verband heranzuführen, das Ehrenamt zu stärken und über die sozialen Medien, aber auch durch Kooperationen wie etwa mit dem DJK, dem katholischen Sportverband in Deutschland, für jüdisches Leben zu sensibilisieren und vielfältigen und vor allem jungen jüdischen Perspektiven eine Stimme zu geben.

VIELFALT Heute trägt der Erfolg von Makkabi Berlin in ganz außergewöhnlichem Maße dazu bei, stereotypes Denken und antisemitisch tradierte Einstellungsmuster zu überwinden, die oft mit dem jüdischen Leben in Deutschland in Verbindung gebracht werden. Nicht selten werden jüdische wie auch nichtjüdische Mitglieder antisemitisch angegriffen.

Der Pokal hat bekanntlich seine eigenen Gesetze.

Mit dem Bildungsprojekt »Zusammen1« von Makkabi Deutschland werden seit 2020 auf wissenschaftlicher Grundlage pädagogische Angebote auf allen Ebenen des organisierten Sports umgesetzt, um jüdische Perspektiven zu vermitteln und Antisemitismus zu bekämpfen. Makkabi Berlin setzt in genau diesem Sinne einen beeindruckenden Akzent für Vielfalt, Integration und Akzeptanz und bleibt eine ins­pirierende Quelle der Einheit für uns alle.

botschaft Letztendlich mag der sportliche Ausgang des Spiels für die meisten zwar von großem Interesse sein, jedoch spielt das Ergebnis gar keine entscheidende Rolle. Viel bedeutender ist die Botschaft, die von diesem historischen Aufeinandertreffen ausgeht.

Der symbolträchtige Charakter, mit dem das Team von Makkabi Berlin bundesweit Aufsehen erregt, zeigt, dass letztendlich die Werte von Makkabi und die Werte des Sports an diesem Tag als Sieger vom Platz gehen werden. Verstecken wird sich Makkabi Berlin keinesfalls, der Pokal hat bekanntlich seine eigenen Gesetze, und ein Weiterkommen würde diesem besonderen Tag in der Historie des Vereins und des jüdischen Lebens in Deutschland die Krone aufsetzen.

Der Autor ist Präsident von Makkabi Deutschland.

Porträt der Woche

Unterwegs

Channah von Eickstedt fuhr Taxi, war Buchhändlerin und gründete eine Gemeinde

von Gerhard Haase-Hindenberg  28.04.2024

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Gedenken gehört eine Kranzniederlegung am Mahnmal vor dem Gemeindehaus

 26.04.2024

Sachsen

Landesbeauftragter: Jüdisches Leben auch in Sachsen gefährdet

Die Hemmschwelle, in eine Synagoge zu gehen, sei größer geworden, sagt Thomas Feist (CDU)

 25.04.2024

Köln

Auftakt des Fachbereichs Frauen der ZWST

Zu den zentralen Themen gehören Empowerment, Gleichberechtigung und Gesundheit

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024