Radebeul

»Was ist Wunder, was Natur?«

Der Grand Schabbaton des Bundes traditioneller Juden in Deutschland (BtJ) stand in diesem Jahr unter dem Motto »Torah und Wissenschaft«. Mehr als 300 Teilnehmer – vor allem junge Familien – waren dazu aus ganz Deutschland ins sächsische Radebeul gekommen.

In der Kreisstadt vor den Toren Dresdens erlebten sie am vergangenen Wochenende vier Tage mit Vorträgen, Workshops, Ausflug, Grillabend, einem Programm für Kinder, einem Familienkonzert mit »Holy Smokes«, Kosmetikberatung für Frauen und Whiskey-Verkostung für männliche Seminarteilnehmer – und mit gemeinsamen Schabbatfeiern und Gebeten. Die wurden unter anderem von Rabbiner Elias Dray sowie von Kantor Joseph Malovany begleitet.

vortrag Zum Schabbaton-Thema hatten die Veranstalter Gerald Schroeder eingeladen. Der Wissenschaftler und Buchautor aus Jerusalem referierte über die besondere Interaktion von moderner Wissenschaft und uralten Kommentaren der Bibel. Er ging dabei in einem Vortrag der Frage nach, ob Adam und Eva Eltern hatten. Schroeder erläuterte, dass es zuvor zwar menschenähnliche Wesen gegeben habe, diese aber über keine Seele verfügten, insofern die beiden biblischen Gestalten die ersten Menschen waren.

Auch schilderte er die Diskussion, ob das Universum 5779 Jahre alt ist, wie es die jüdische Tradition meint, oder 14 Milliarden Jahre, wie es die Wissenschaft behauptet. Die Antwort war ein klares »Sowohl als auch«. Schroeder erläuterte die Fakten aus unterschiedlichen Perspektiven, die »beide buchstäblich wahr« sind, wie er betonte.

Tora und Wissenschaft, das sei ein Thema, auf das er immer wieder angesprochen wird, sagte Rabbiner Jaron Engelmayer. »Viele meinen, dass Religion und Wissenschaft in einem Konflikt stecken und man sich für das eine oder andere entscheiden muss.« Der Schabbaton sei eine hervorragende Möglichkeit, andere Sichtweisen und Informationen zu erlangen.

diskussionen Schabbaton-Teilnehmer Shimon Lang aus Osnabrück verfolgte die Diskussionen mit großem Interesse. Er ist der Auffassung, dass man Religion und Forschung nicht unbedingt in Einklang bringen muss. »Was ist Wunder, was Natur, was ist Wissenschaft oder G’tt? Ich kann nachts gut mit dem Wissen schlafen, dass es einen Widerspruch gibt. Das beeinflusst meinen Glauben nicht. Ich muss nicht beweisen, dass die Tora wahr ist.« Auch Teilnehmerin Velida Henn aus Leipzig meinte, das Thema sei »sehr interessant, relevant und zugleich kontrovers«, sie habe sehr viel Neues dazu erfahren.

Genau darum ging es den Veranstaltern, wie der BtJ-Vorsitzende, Michael Grünberg, betonte. »Grand Schabbaton ist eine Möglichkeit, sich neues Wissen anzueignen, Kraft und Inspiration zu tanken und diese mit in die eigenen Gemeinden zu nehmen und weiterzugeben.«

Kooperationspartner waren auch in diesem Jahr wieder das 3-Rabbiner-Seminar, Jewish Experience und Morasha Germany. Unterstützt wird das Event vom Zentralrat der Juden.

Der BtJ wurde 2012 gegründet, um Gemeinden, die das authentische, traditionelle Judentum vertreten, in allen Belangen zu unterstützen. Man wolle hauptsächlich junge Menschen ermutigen, »das Gemeindeleben zu stärken und zum produktiven Dialog zwischen den Gemeinden und der jungen Generation beizutragen«, heißt es in einer BtJ-Information.  ddk

www.btjd.de

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  14.09.2025

Hamburg

»An einem Ort getrennt vereint«

In der Hansestadt soll die Bornplatzsynagoge, die in der Pogromnacht von den Nazis verwüstet wurde, wiederaufgebaut werden. Ein Gespräch mit dem Stiftungsvorsitzenden Daniel Sheffer über Architektur, Bürokratie und Räume für traditionelles und liberales Judentum

von Edgar S. Hasse  13.09.2025

Meinung

»Als Jude bin ich lieber im Krieg in der Ukraine als im Frieden in Berlin«

Andreas Tölke verbringt viel Zeit in Kyjiw und Odessa – wo man den Davidstern offen tragen kann und jüdisches Leben zum Alltag gehört. Hier schreibt er, warum Deutschland ihm fremd geworden ist

von Andreas Tölke  13.09.2025

Porträt der Woche

Das Geheimnis

Susanne Hanshold war Werbetexterin, Flugbegleiterin und denkt über Alija nach

von Gerhard Haase-Hindenberg  13.09.2025

Jahrestag

»So betäubend wie damals«

Am Mahnmal in Fürstenfeldbruck wurde an die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 erinnert

von Luis Gruhler  13.09.2025

Feiertage

Tradition im Paket

Das Familienreferat des Zentralrats der Juden verschickt die neuen Mischpacha-Boxen mit allerhand Wissenswertem rund um Rosch Haschana und Sukkot

von Helmut Kuhn  12.09.2025

Interview

»Berlin ist zu meiner Realität geworden«

Die Filmemacherin Shoshana Simons über ihre Arbeit, das Schtetl und die Jüdische Kunstschule

von Pascal Beck  11.09.2025

München

Ein Fundament der Gemeinde

Die Restaurierung der Synagoge an der Reichenbachstraße ist abgeschlossen. In den Erinnerungen der Mitglieder hat das Haus einen besonderen Platz

von Luis Gruhler  11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Die Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigte sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025