Sport

Warmlaufen für 2015

Fit für die Spiele: Geschäftsführer Oren Osterer und Pressesprecherin Lena van Hooven Foto: Uwe Steinert

Wer das Büro von Oren Osterer in dem prachtvollen Berliner Altbau betritt, hat im ersten Moment das Gefühl, in den Räumen eines typischen Start-Ups gelandet zu sein: Zwei Schreibtische stehen im Raum, Kühlschrank und Mikrowelle bilden eine provisorische Küchenecke, während an den Wänden Plakate mit langen To-do-Listen hängen.

»Diese Poster sind Orens Ein und Alles«, sagt Makkabis Pressesprecherin Lena van Hooven und lacht. »Man kann sie abnehmen und wieder aufhängen – er ist sehr stolz darauf.« Tatsächlich fühlt sich das Arbeiten in dem stylischen Büro wie in einem Internetunternehmen an. Doch statt der nächsten Apps werden in den beiden lichtdurchfluteten Zimmern die European Maccabi Games (EMG) geplant, die nächstes Jahr in Berlin stattfinden.

vorbereitungen Oren Osterer ist seit Februar EMG-Geschäftsführer, im Mai zog er von München nach Berlin. »Meiner Frau und mir war sofort klar, dass der Job nur von hier aus gemacht werden kann«, sagt der 33-Jährige. Über den Umzug habe er auch nicht lange nachdenken müssen: Der gebürtige Kölner hat schon in einigen Städten Deutschlands gelebt, ein Austauschjahr in den USA verbracht und ein halbes Jahr in Israel. Zudem hat er viele gute Freunde in der Hauptstadt – doch dieses soziale Netz bringt ihm gerade nicht viel: Ein Jahr vor den EMG ist er bereits vollauf mit deren Vorbereitung beschäftigt, jeder Arbeitstag hat mindestens zwölf Stunden.

Angesichts des Großereignisses verwundert das Arbeitspensum nicht: Bei den Spielen, die vom 27. Juli bis zum 5. August 2015 in Berlin stattfinden, werden mehr als 2000 Athleten aus 30 Ländern erwartet, die sich in 20 Sportarten messen. Allein zur feierlichen Eröffnung in der Waldbühne sollen 15.000 Menschen kommen. Doch bis dahin sind es noch genau zwölf Monate. »Wir schwanken derzeit zwischen ›Es ist ja noch ein Jahr‹ und ›Es ist nur noch ein Jahr‹«, erklärt van Hooven. Gerade ist die neue EMG-Website online gegangen, van Hooven und Osterer sind sichtlich stolz auf das Ergebnis.

Eine Verschnaufpause aber gibt es nicht: Osterer muss sich nun vor allem um weitere Sponsoren kümmern. »Das ist eine ganz essenzielle Aufgabe, weil einige Punkte im Rahmenprogramm damit stehen und fallen«, betont er. Genauso wichtig seien die Gespräche mit der Politik: Das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt konnten bereits ebenso als Partner gewonnen werden wie die zuständige Berliner Senatsverwaltung. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Unterstützung schriftlich zugesichert, Bundespräsident Joachim Gauck ist für die Schirmherrschaft angefragt.

Unterstützer Bis im September ein Sportdirektor gefunden ist, ist auch der sportliche Bereich Aufgabe von Osterer. Auch hier gibt es bereits namhafte Unterstützer, darunter den Deutschen Fußball-Bund, den Deutschen Olympischen Sportbund und den Landessportbund Berlin. Für die bei den Spielen vertretenen Disziplinen wird eng mit den jeweiligen Berliner Sportfachverbänden kooperiert. »Sonst könnten wir unmöglich 20 Turniere organisieren«, betont Oren. Für ihn ist es das oberste Gebot, dass die Bedingungen für die Athleten stimmen.

Mit Schaudern erinnert er sich an die EMG in Rom 2007. Damals hatte er noch selbst als Sportler an den Spielen teilgenommen: »Das war eine Katastrophe. Die Halle für die Basketballturniere war eine Sauna, und ich habe in der ganzen Zeit keine einzige warme Mahlzeit bekommen.« Trotz der eigentlich guten Atmosphäre habe das alles kaputt gemacht. Umso wichtiger sei ihm, dass sich so etwas in Berlin nicht wiederhole.

Als Osterer Chef des Organisationskomitees wurde, hoben viele aus der jüdischen Gemeinschaft sein »Makkabi-Herz« hervor. Und in der Tat liegt ihm Makkabi im Blut: »Ich bin in einer Makkabi-Familie aufgewachsen«, erzählt er. Schon früh spielte er zunächst Tischtennis und dann Basketball bei dem jüdischen Sportverein, sein Vater Gideon Osterer war lange Jahre Präsident von Makkabi Deutschland.

Widerstand Der 33-Jährige erinnert sich an lange Diskussionen mit seinem Vater über Berlin als Austragungsort der Spiele: »Mein Vater wollte das nicht. Er begründete das immer mit der vielen Arbeit, war aber auch politisch nicht bereit dazu.« Auch darüber hinaus hat es vereinzelt Widerstand gegen Berlin gegeben. Es ist immer noch nicht selbstverständlich, dass die EMG erstmals in Deutschland ausgetragen werden.

»Dabei können Berlin und Deutschland insgesamt so ein positives Bild in der jüdischen Welt schaffen«, erklärt Osterer. »Die EMG bieten die Gelegenheit, ein Zeichen zu setzen. Gerade angesichts dessen, was in den vergangenen Wochen in Deutschlands passiert.« Osterer findet es großartig, dass die größte jüdische Veranstaltung Europas kein Rabbinertreffen und kein Wissenschaftskongress ist, sondern ein für alle offenes Turnier. »Im Prinzip müsste die ganze jüdische Gemeinschaft Deutschlands zur Eröffnung kommen«, unterstreicht er.

Wenn Oren Osterer über die Bedeutung der EMG spricht, dann wird sein Blick eindringlich, mit den Händen verleiht er seinen Worten Nachdruck. Überhaupt versprüht er eine greifbare Energie, die allerdings nie ins Nervöse umschlägt. Ohne Umschweife gibt der promovierte Historiker zu, dass seine neue Stelle eine größere Dimension habe als alles, was er zuvor gemacht habe. Angst mache ihm das jedoch nicht. »Mir hat mal jemand gesagt, dass mein großer Vorteil sei, keine Kopfschmerzen zu kennen – und das stimmt auf eine Art.«

Sein eigenes Lieblingsprojekt bei den Spielen läuft unter dem Titel »Let’s play together«: Auswahlteams der EMG spielen gegen Profimannschaften, etwa gegen die DFB-Allstars im Fußball oder gegen Alba Berlin im Basketball. Er selbst wird davon vermutlich nichts mitbekommen, sondern damit beschäftigt sein, für einen reibungslosen Ablauf der Spiele zu sorgen. »Wenn die Teilnehmer mit dem Gefühl nach Hause fahren, 2019 wieder unbedingt dabei sein zu wollen, bin ich zufrieden«, sagt er.

www.makkabi.com
www.facebook.com/EMG2015

Sachsen

Landesbeauftragter: Jüdisches Leben auch in Sachsen gefährdet

Die Hemmschwelle, in eine Synagoge zu gehen, sei größer geworden, sagt Thomas Feist (CDU)

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024