Besuch

Von eins bis acht

Mit Spannung verfolgt: die Chanukkageschichte gespielt von den Lehawa-Teilnehmern Foto: Jörn Neumann

Sie sind Tausende Kilometer von zu Hause entfernt, doch ihre Reise ist noch längst nicht zu Ende: Sechs junge Israelis, die mit dem Programm Lehawa nach Deutschland kamen, haben in dieser Woche fünf Gemeinden in Nordrhein-Westfalen besucht, um Kindern und Jugendlichen die Chanukkageschichte näherzubringen. Am Dienstag waren sie im Kindergarten der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen zu Gast.

Lehawa, übersetzt »Flamme« steht für das hebräische »nächstes Jahr in Jerusalem«. Für den gerade 29 Jahre alten Rabbiner Efraim Choban und seine fünf Begleiter ist das durchaus wörtlich zu verstehen. Doch noch sind sie auf Einladung der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland unterwegs, um den jüdischen Glauben und die Werte ihrer Heimat zu vermitteln. Innerhalb von drei Tagen haben sie Einrichtungen in Köln, Bonn, Düsseldorf, Dortmund und Duisburg besucht. »Ein stressiges Programm«, sagt Nurit Goldberg, Mitglied von Lehawa. Und auch wenn ihre Augen gerade noch müde wirkten, strahlt sie, wenn sie von den Erlebnissen mit den Kindern in den Gemeinden erzählt. Über die Augen, Hände und Füße muss die Kommunikation mit dem jungen Publikum funktionieren. Die Lehawa-Teilnehmer sprechen kein Deutsch, aber während ihrer Chanukka-Karawane haben sie damit kein Problem.

Neugierde Gabriel Goldberg vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, der die Reise der sechs jungen Menschen zwischen Köln und Dortmund organisiert hat, ist begeistert von ihrem Einsatz. »Sie können den Gemeinden wirklich weiterhelfen«, erzählt er begeistert.
Im Duisburger Kindergarten gelingt das allein schon durch ihre Anwesenheit. Die neuen Gesichter machen die Kinder sofort neugierig. Während die Kleinen an den Frühstückstischen sitzen, werden in der Turnhalle die Stationen für die Chanukka- Karawane aufgebaut. Dariya Itunina, Leiterin des Kindergartens, hat größte Mühe damit, das Interesse von der Tür abzulenken, hinter der die Kinder ihr Abenteuer des Tages vermuten.

Michal Krishevsky steht auf der anderen Seite der Tür und kann den Ansturm kaum erwarten. »Als wir gestern in Köln waren und unser Theaterstück aufgeführt haben, saßen alle Kinder mit großen Augen vor uns. Sie waren begeistert und haben die ganze Zeit zugehört«, erzählt die Lehawa-Teilnehmerin. Sie selbst hat von dem deutschen Chanukkahörspiel, das im Hintergrund lief, kein Wort verstanden. »Aber es ist großartig, diese jüdischen Kinder zu sehen, wie sie Spaß haben und lachen.« Das Besondere in Duisburg: Nur ein Drittel des Publikums ist jüdisch, der Kindergarten wird auch von Christen und Moslems besucht. »Aber das ist egal, es sind alles glückliche Kinder, und es gefällt ihnen«, sagt die Israelin.

Schlafen Um den Kindern diese Freude zu bereiten, nimmt die Gruppe einen straffen Zeitplan in Kauf. »Wir wollen uns eben auch um andere kümmern«, betont Efraim Choban. Nach ihrem Engagement in Nordrhein-Westfalen reisen die jungen Männer weiter nach München, die Frauen nach Dresden. In Deutschland auch ein bisschen Urlaub zu machen, das haben sie ohnehin nicht erwartet. »Zum Glück haben wir den Schabbat«, sagt Efraim. »Da kann man dann ein bisschen mehr schlafen.« Während sie mit der Chanukka-Karawane unterwegs sind, hatten sie nur wenige Stunden pro Nacht.

Gabriel Goldberg holte für das Projekt auch die beiden anderen Landesverbände Nordrhein-Westfalens, Köln und Westfalen-Lippe, ins Boot. »Es freut uns, dass die Zusammenarbeit so gut klappt. Die Gemeinden dürfen das als Chanukkageschenk vom Landesverband betrachten«, erklärt der Jugendreferent. Das wurde nicht nur dankend angenommen, auch die Gemeinden engagierten sich. In Duisburg wurden im Gemeindezentrum Schlafplätze für die Gruppe organisiert, auch der Rabbiner machte seine Aufwartung.

kerzenzünden Doch am meisten freuten sich die Kinder über den Besuch. Schon morgens wussten alle, wie viele Kerzen gerade brennen, nämlich sechs. Doch so überzeugend und leicht verständlich haben sie die Chanukkageschichte bisher wohl noch nicht erlebt. Still und gespannt verfolgten sie die Handlung und freuten sich mit den sechs engagierten Besuchern über das Wunder im Tempel. Mit der Besinnlichkeit war es aber bald vorbei, die Erlebnisstationen warteten. Kerzen wurden bemalt, aus einem Behälter mit Wasser geangelt, Schokoladentaler hergestellt, mit Bällen gespielt und noch vieles mehr.

Da funkelten dann wieder die Augen der Kinder, ob jüdisch, muslimisch oder christlich. Ob sie nun zwei Tage zuvor die zweite Kerze am Adventskranz, am Vorabend die sechste Kerze an der Chanukkia angezündet haben oder am nächsten Tag das muslimische Neujahrsfest feiern sollten. Michal Krishevsky hatte recht. »Es sind alles glückliche Kinder, und es gefällt ihnen.«

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