Porträt der Woche

Vom Probetraining zum Profi

Im Wasserball ist nicht nur Kondition gefragt. sondern auch viel Geschick und Beweglichkeit, findet Arthur Kirschner (15) Foto: Simon Vilkoriscius

Beim Wasserball braucht man sehr viel Kondition – schließlich dauert ein Spiel ja viermal acht Minuten. Das heißt 32 Minuten, in denen man die ganze Zeit hin- und herschwimmen muss. Außer der Kondition sind die komplexen Bewegungsabläufe eine echte Herausforderung. Die Schwierigkeit besteht darin, wenn man keinen Boden unter den Füßen hat, hoch genug aus dem Wasser herauszukommen, um den Ball werfen zu können.

Als ich in der zweiten Klasse war, gab es hier in Düsseldorf ein Sportprojekt, die sogenannte Talentiade. Dort konnte man unterschiedliche Sportarten ausprobieren, und je nachdem, ob man in einer gut war, gab es eine Empfehlung. Und bei mir sollte das eben Wasserball sein. Die Probetrainings im Verein haben mir sehr viel Spaß gemacht, weshalb ich dann beim Wasserball blieb. Seit meinem siebten Lebensjahr bin ich nun in einem städtischen Verein, dem Düsseldorfer SC.

Die Leute, die mitmachen beim Wasserball, also die Trainer, die Mannschaftskollegen und die Spieler aus den anderen Teams, sind alle nett. An der Sportart gefällt mir außerdem, dass das Training immer spannend und unterschiedlich gestaltet wird. So kann es nie langweilig werden.

KRAFTTRAINING Das Wasserballtraining selbst ist äußerst intensiv. Wir üben zurzeit vier- bis fünfmal in der Woche für drei Stunden. Als ich jünger war, fand es nur zwei- bis dreimal die Woche statt. Die drei Stunden sind so aufgeteilt, dass wir zunächst eine Stunde Krafttraining haben. Bis zum 16. Lebensjahr trainiert man dabei mit dem eigenen Körpergewicht, ab dem 16. Lebensjahr spielt man dann schon in der Herrenmannschaft mit und kann in den Kraftraum. In der zweiten Stunde schwimmen wir meistens. Und in der dritten Stunde sind es Übungen mit dem Ball und Trainingsspiele.

Mein nächster großer Wettkampf wird die Maccabiah in Israel sein.

An den Wochenenden haben wir dann oft Wettkämpfe. Ich war schon bei vielen dabei, sowohl national als auch international. Da ich im NRW-Kader bin, habe ich auch schon an richtig großen Wettkämpfen teilgenommen, vor Corona zum Beispiel zweimal in Kroatien – da war ich so zwölf Jahre alt – oder an einem wichtigen internationalen Turnier in Hannover. Mittlerweile spiele ich in der Herrenmannschaft der Bundesliga. Seit ein paar Monaten werde ich aber auch schon zu Lehrgängen der Nationalmannschaft eingeladen. Dass all das möglich ist, habe ich auch meinen Eltern zu verdanken.

POTENZIAL Wir spielen in den Jahrgängen U16 und der Bundesliga. Diese ist in ganz Deutschland verteilt. Vergangene Woche zum Beispiel waren wir mit dem NRW-Kader in Potsdam und haben am Deutschland Cup teilgenommen. Mein Bundesligadebut war im Januar. In meinem Verein kennen sich alle. Wenn man fleißig trainiert und die Trainer das Potenzial sehen, dann kann man sich in den Mannschaften sozusagen nach vorne arbeiten und bekommt die Möglichkeit, in den höheren Mannschaften zu spielen. Und bei mir war es dann die Bundesliga.

Mein nächster großer Wettkampf wird die Maccabiah in Israel sein. Das fing eigentlich alles damit an, dass mein Vater selbst 2005 an der Maccabiah in Israel teilgenommen hatte und mir immer viel davon erzählt hat. Seit ich weiß, dass es dieses Jahr eine Maccabiah gibt, wollte ich unbedingt daran teilnehmen. Vor den Wettkämpfen suchen die Organisatoren nach Sportlern in den unterschiedlichsten Disziplinen. Und als ich erfuhr, dass es eine Wasserball-Mannschaft gibt, habe ich mich sofort angemeldet und wurde dann auch prompt zu den Lehrgängen eingeladen. Diese fanden alle meistens an Wochenenden statt. Alle zwei bis drei Monate haben wir uns getroffen, nicht öfter, weil es auch etwas schwierig ist, alle Mitglieder aus den unterschiedlichen Städten zusammenzubringen.

VEREIN Man darf bis zu dreizehn Sportler nach Israel mitbringen. Ich habe noch einen Mannschaftskameraden in meinem Verein, der ebenfalls jüdisch ist. Er fährt auch mit. Sonst sind es Spieler aus Essen, Wuppertal oder Berlin und Frankfurt. Ich bin der Jüngste in der Mannschaft, die meisten sind 20 Jahre oder älter.

Ich freue mich bereits riesig auf die Reise. Natürlich möchte man sich dieser Herausforderung stellen. Und neben den Wettkämpfen steht der Spaß im Vordergrund. Das PreCamp in Duisburg fängt schon nächste Woche an. Dann geht es via Frankfurt weiter für zwei Wochen nach Israel. Es wird für mich der erste Aufenthalt dort sein. Ich hatte schon früher den Wunsch, einmal nach Israel zu fahren. Jetzt ist es endlich so weit.

Die ersten beiden Ferienwochen arbeite ich in der Ferienbetreuung an einer Grundschule. Ich hatte einen solchen Job gesucht, weil Israel doch recht teuer wird. Wir machen Ausflüge mit den Kindern und nächste Woche bin ich mit dabei, wenn sie ihr Sportabzeichen machen.

Nach der jüdischen Grundschule in Düsseldorf ging ich auf das jüdische Albert-Einstein-Gymnasium. Ich bin im zweiten Jahrgang nach dessen Gründung. Meistens habe ich bis drei oder vier Uhr Schule. Dienstags und donnerstags aber bis fünf Uhr, weil ich an dem Nachshon-Programm teilnehme, einer Art Begabtenförderung. An manchen Tagen habe ich nur noch Zeit zum Essen nach Hause zu fahren. Danach geht es direkt zum Training. Manchmal habe ich auch Zeit, zum Ausruhen und Hausaufgabenmachen.

Mir fällt die Schule eigentlich nicht schwer. Am meisten Interesse habe ich an Deutsch und Sport. Ich komme jetzt in die zehnte Klasse, in die Oberstufe. Die Vorteile, auf ein jüdisches Gymnasium zu gehen, sehe ich darin, dass es an anderen Schulen ja oft Ausgrenzung aufgrund der Religion gibt. Wir sind eine sehr offene Schule. Obwohl es ein jüdisches Gymnasium ist, sind alle Religionen und Kulturen willkommen. Wir begehen zusammen alle Feiertage. Die Atmosphäre ist schön, niemand wird ausgegrenzt, alle fühlen sich wohl.

SPAß Ich interessiere mich sehr für das Nachshon-Programm, woran ich teilnehme. Das habe ich meinem Direktor zu verdanken, der das alles neu auf die Beine gestellt hat. Ursprünglich kommt das Programm aus Israel. Bei uns findet es donnerstags und freitags nach dem Schulunterricht statt. Es macht mir sehr viel Spaß. Im Vordergrund steht, dass wir zu Führungspersönlichkeiten werden und uns neue Fähigkeiten aneignen, die wir in der Berufswelt gebrauchen können, indem wir unterschiedliche Projekte auf die Beine stellen. Mein erstes war eine Stadtführung durch Düsseldorf, und zwar auf den Spuren Heinrich Heines.

Abgesehen von der Schule und dem Sport treffe ich mich, sooft es geht, mit meinen Freunden. Und ich lese und schreibe gerne, tatsächlich auch eigene Werke, wenn man das so nennen kann. Ich halte schriftlich alles fest, wonach mir gerade ist. Außerdem bin ich ein großer Harry-Potter-Fan. Ansonsten beschäftige ich mich gerne mit Büchern, die mit Psychologie zu tun haben. Das interessiert mich, weil ich selber an einem Buch arbeite. Da gibt es ja verschiedene Methoden, um beispielsweise eine Figur zu kreieren. Dafür muss man schon Psychologie verstehen. Gerade lese ich das Buch »Ich bin okay, du bist okay« von Thomas Harris.

SYNAGOGE Meine Familie ist nicht streng religiös, aber ab und zu gehen wir in die Synagoge. Und in der Schule feiern wir oft Schabbat. Hier lerne ich viel über die eigene Religion und andere. Es ist immer wieder spannend, etwas Neues über die einem vertraute Religion zu lernen.

Ich bin in Düsseldorf geboren und aufgewachsen. Mein kleiner Bruder möchte auch mit Wasserball anfangen, er hat schon einige Trainings in meinem Verein gemacht, konzentrierte sich in den letzten beiden Jahren aber erst einmal auf das Schwimmen. Wenn er es bald gut genug kann, kommt er auch zum Wasserball.

Für die Makkabiade wünsche ich mir erst einmal, viel Spaß zu haben, Erfahrungen zu sammeln, neue Leute kennenzulernen. Und man ist natürlich auch angespornt, etwas zu erreichen. Es wäre schön, eine Medaille zu gewinnen mit der Mannschaft.

Aufgezeichnet von Annette Kanis

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  11.12.2024

Stuttgart

Opfer eines Schauprozesses

Nach fast drei Jahrzehnten Stillstand wurde nun ein Platz eingeweiht, der Joseph Süß Oppenheimer gewidmet ist

von Brigitte Jähnigen  10.12.2024

Esslingen

Antike Graffiti

Der Künstler Tuvia ben Avraham beschreibt das Judentum anhand uralter Buchstaben – und jeder darf mitmachen

von Valentin Schmid  09.12.2024

Berlin

Campus mit Kita und Café

Noch bis zum 10. Dezember können Architekten ihre Entwürfe für den Neubau an der Synagoge Fraenkelufer einreichen

von Christine Schmitt  09.12.2024

München

Mit Erfahrung zum Erfolg

Die Spieler des Schachklubs der IKG gehören zu den stärksten in Bayern – allen voran Leonid Volshanik

von Vivian Rosen  09.12.2024

Bundestag

Zentralrat der Juden schlägt Maßnahmen für Schutz jüdischen Lebens vor

Was der jüdische Dachverband von den Parteien mit Blick auf die Neuwahlen erwartet

 09.12.2024

Frankfurt

»Voll akzeptiert in der Gemeinde«

Rabbinerin Elisa Klapheck über das Jubiläum des Egalitären Minjans und das Konzept »Alle unter einem Dach«

von Ralf Balke  07.12.2024

Bedrohung

Wehrt euch!

Wie kann es sein, dass Juden wieder in Angst leben müssen? Wie kann es sein, dass Kippa zu tragen, gefährlich ist, während die Kufiya zum Fashion-Icon für Pseudo-Wokies wird? Ein Aufschrei

von Yaron Jacobs  07.12.2024

München-Schwabing

Ein Stück Hoffnung

Die Synagoge Shaʼarei Zion in der Georgenstraße erhielt eine neue Torarolle

von Luis Gruhler  07.12.2024