Bonner Experten haben festgestellt, dass Vanille die beliebteste Eissorte der Deutschen ist. Bei den Haushaltspackungen im Lebensmittelhandel sei Vanille, einschließlich Vanille-Mischungen, im vergangenen Jahr mit einem Marktanteil von 31 Prozent die beliebteste Geschmackssorte gewesen, teilte der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie in Bonn kürzlich mit. Auf Platz zwei und drei folgten Schokolade mit 22 Prozent und Nuss mit 14,5 Prozent.
Jüdische Kinder lieben diese Eissorten ebenfalls. Das lässt sich empirisch zwar nicht nachweisen, doch der Konsum vor allem an Schawuot und bei Eis-Partys, wie sie regelmäßig die Jüdische Gemeinde Düsseldorf abhält, oder beim Eiscremesonntag in Chemnitz scheint das zu bestätigen.
Eigene herstellung Gerade an Schawuot, dem Wochenfest, essen die Jüngsten gerne Eis, am liebsten selbst gemachtes, so wie beispielsweise die 14-jährige Rachel. Die Hamburgerin besucht gerade eine Freundin in Griechenland. Sie mag am liebsten Vanilleeis mit Himbeeren und stellt das Eis selbst her. Die gefrorenen Früchte werden mit den anderen Zutaten gemischt und ins Gefrierfach des Kühlschranks gestellt.
»Dann isst sie meistens alles allein auf, und das ist oft ein halbes Kilo«, sagt Papa Elie. Die übrige Familie bekomme zwar etwas von Rachels selbst gemachtem Eis ab, aber nur eine symbolische Portion. Die Schülerin zieht sich auch gern mit dem Eis und einer Freundin auf den Balkon zurück, um zu schlemmen und zu plaudern. Wenn Rachel nicht ihr Spezialeis herstellt, darf es auch schon mal Schoko-Nuss-Eis aus dem Supermarkt sein.
Auch Elki liebt Vanilleeis. Sie achtet streng darauf, dass es koscher ist. Die 14-Jährige wünscht sich zu Schawuot immer eine große Portion und hat sonst keine weiteren Wünsche zum Feiertag. Auch Deborah ist 14 Jahre alt und damit dem Alter der Eis-Partys an Schawuot längst entwachsen. Doch die Erinnerung ist geblieben – und der Wunsch nach einer großen Portion Eis auch, am liebsten Schokolade. Die Kinder und Jugendlichen der Jüdischen Gemeinde Hamburg lieben eben die Klassiker – auch an Schawuot.
Eisdielen In anderen Städten sieht es mit koscherem Eis etwas schlechter aus. Selbst die amerikanische Eiskette Häagen-Dazs, die koscheres Eis anbietet, ist ziemlich hochpreisig und auch nicht
überall mit Filialen vertreten.
Eisdiele Frankfurter und Hamburger sind klar im Vorteil, wenn vor allem Kinder zu Schawuot koscheres Eis schlecken wollen. Gibt es doch in beiden Städten Hersteller, die die gefrorene Süßspeise verkaufen. Schüler der I.-E.-Lichtigfeld-Schule in der Mainmetropole haben es nicht weit. Die legendäre Eisdiele »Eis Christina« liegt nur wenige Schritte vom Schulgebäude entfernt.
In »Christina-Eis« sind weder tierische Gelatine noch andere nicht-koschere Zusatzstoffe verarbeitet. »Ich mache fast alles selbst und weiß genau, was in meinem Eis enthalten ist«, sagt Eishersteller Corrado Spadotto, der fast 30 verschiedene Eissorten anbieten kann. In seinem Schokoladeneis sind nur Milch, Zucker, Butter, Kakao, Joghurt und vegetarisches Guarkernmehl enthalten. Da auch Veganer seine Eisdiele lieben, sucht er auch noch nach Ersatz für die Milch und probiert verschiedene Varianten aus.
In Hamburg produziert die Manufaktur »Paradies-Eis« einmal pro Woche koscheres Eis. Sie hat mit ihrer koscheren Produktion vor zwei Jahren begonnen. Der Eishersteller Axel Steen hatte sich mit dem Milchhof Kruse, der auch koschere Milch produzierte, zusammengetan. Seit Sommer 2015 können private Kunden, Eiscafés und auch Supermarktketten bei Steen koscheres Eis kaufen.
Die Oberaufsicht in Hamburg hat Gemeinderabbiner Shlomo Bistritzky. Aber auch Steen bietet veganes Eis an und beliefert neben zahlreichen jüdischen Gemeinden in Deutschland sogar Verbraucher in Dänemark. Dabei ist der Transport die größte Herausforderung: kleine Chargen in alle Winkel der Bundesrepublik. Das beliebte Eis muss nun einmal tiefgekühlt transportiert werden. Und das ist aufwendig, wenn eine Gemeinde beispielsweise nur zwei Kartons Eis bestellt. Die Tiefkühlspeditionen berechnen ihre Lieferkosten pro Palette, und da ist dann egal, ob darauf zwei oder 20 Eiskisten stehen. Also liefert Steen am liebsten in die nähere Umgebung.
Kaschrutaufsicht Der Rabbiner unterstützt ihn dabei und nutzt sein Netzwerk, um ihm Kunden zu vermitteln. Auf diese Weise kam es zu einem Kontakt mit einen Prager Restaurant. Bistritzky hat schon seit Längerem den Plan, Hamburg zu einer Drehscheibe für koschere Lebensmittelherstellung zu machen. Den Kids ist es erst einmal wichtig, dass sie jetzt ihr Eis bekommen.
Wer keine koschere Eisdiele um die Ecke hat oder wessen Supermarkt kein zertifiziertes Eis führt, kann selbst welches herstellen. Auf Milch-, Sahne- oder Crèmefraîche-, Sauerrahm- oder Kefir-Basis lässt sich vieles mit Aromen zusammenmischen. Im Internet gibt es dazu viele wertvolle Tipps, zum Beispiel auch den, dass erst vollfette Milchprodukte so richtig gut schmecken. Wer sein Eis lieber vegan zubereiten möchte, der kann Mandel- oder Sojamilch verwenden. Sahne kann entweder durch Quark und Joghurt oder durch Sojasahne ersetzt werden.
Zucker ist ganz wichtig, denn er macht das Eis schön cremig. Wer diesen Effekt erzielen möchte, sollte nur sehr feinen Zucker verwenden oder den normalen Haushalts-Kristallzucker vorher in etwas Flüssigkeit auflösen. Eier stellen eine Verbindung zwischen Wasser und Fett her. Ein Ei lässt sich aber auch durch einen Teelöffel Mehl ersetzen. Den individuellen Eisgeschmack erhält man durch Gewürze wie Vanille, Kakao, Zimt oder Kaffee. Wichtig ist, für das koschere Eis keine tierische Gelatine zu verwenden. Und das Gute dabei: Zum Eisherstellen braucht man nicht unbedingt eine Eismaschine, und in 50 Minuten kann es schon fertig sein.
Rivka Kibel, Heike Linde-Lembke, Moritz Piehler