La Benevolencija

Unterstützung in höchster Not

»Diese Menschen in Berlin haben beschlossen, nicht nur Zuschauer der bosnischen Tragödie zu werden, sondern zu helfen«, sagt Jakob Finci, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Bosnien-Herzegowinas und zugleich Präsident der jüdischen Hilfsorganisation La Benevolencija. Im Bosnienkrieg (1992–1995) hatte er humanitäre Hilfe für die belagerte Hauptstadt organisiert – und bekam überraschende Unterstützung aus Berlin.

»Wir waren fassungslos, dass dieser grausame Krieg faktisch direkt vor unserer Haustür stattfinden kann«, erinnert sich Rachel Kohn an die Bilder vom Krieg in Jugoslawien. Also schloss sie sich 1994, während der Bosnienkrieg tobte und Sarajevo belagert wurde, mit anderen Aktiven in Berlin zu einer Gruppe zusammen, um finanzielle und materielle Unterstützung für La Benevolencija Sarajevo zu organisieren. So wurden sie zum deutschen Ableger der Organisation.

Am Mittwoch beging La Benevolencija Deutschland ihr 20-jähriges Jubiläum. Knapp 70 Unterstützer, Spender und Interessierte versammelten sich dafür im Verein »südost Europa Kultur« in Berlin-Kreuzberg, um ihre Geschichte Revue passieren zu lassen und Ausblicke für die weitere Arbeit zu geben.

Hilfslieferungen Während in Bosnien damals die Schüsse fielen, organisierten die Berliner deutschlandweit Sponsoren und Spender, suchten Sachspenden und Lkws für den Transport von Hilfsmitteln. Sie brachten auf den unterschiedlichsten Wegen Geld, Kleidung, Medikamente und Nahrungsmittel in die belagerte bosnische Hauptstadt. Finci zitiert einen Spruch, der zu Kriegszeit in Sarajevo kursiert haben soll: »Was du bei La Benevolencija nicht findest, gibt es nirgendwo in der Stadt.«

Für die Armen, Alten und Verlassenen hat La Benevolencija Sarajevo mit Unterstützung internationaler Geldgeber ein Homecare-Programm ins Leben gerufen. Frauen aller ex-jugoslawischen Gruppen bilden ein Netz von erfahrenen Pflegerinnen, die die bedürftigen und oft bettlägerigen Menschen in ihren Wohnungen aufsuchen und für das Nötigste sorgen, das immer noch dringend benötigt wird.

Soziales Netz »Dieses Projekt ist nicht nur für Juden da«, betont Elma Softic-Kaunitz, die Direktorin von La Benevolencija Sarajevo. Nur fünf der derzeit 126 betreuten Personen seien jüdisch. »Wir wollen allen Menschen, die zu uns kommen, das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind – egal, welcher Nation oder Religion sie angehören«, sagt Softic-Kaunitz.

»Gott sei Dank ist der Krieg mit seinen Gräueln vorbei«, sagt Finci betroffen. »Doch 19 Jahre später bleibt unsere Arbeit leider immer noch notwendig.« Nach dem blutigen Bürgerkrieg in den 90er-Jahren richtete die Flut Mitte Mai wieder einen Milliardenschaden an. »Hunderte Häuser wurden zerstört und Tausende Arbeitsplätze vernichtet«, berichtet Finci. Nun müsse man auch für die Flutopfer sorgen. Da sei Unterstützung immer gerne gesehen.

Spendenkonto: Benevolencija Deutschland e.V.,
IBAN DE53 1004 0000 0131 5555 00,
BIC COBADEFFXXX

www.benevolencijadeutschland.jimdo.com

Porträt der Woche

Herzensheimat Israel

Dalit Hochberg kam als Kind nach Berlin und fand hier ihr zweites Zuhause

von Gerhard Haase-Hindenberg  28.05.2023

Berlin-Wilmersdorf

Das blaue Haus

Demnächst soll der Pears Jüdischer Campus eröffnet werden. Ein Rundgang mit Architekt Sergei Tchoban

von Christine Schmitt  28.05.2023

Statistik

Gemeinden in Zahlen

Die Neuzugänge haben sich verdoppelt – dennoch fehlt es an jüngeren Menschen

von Christine Schmitt  27.05.2023

Frankfurt am Main

Demos gegen Roger Waters vor Festhalle angekündigt

Das Motto des Protests am Konzerttag: »Frankfurt vereint gegen Antisemitismus«

 25.05.2023

Musik

Festakt im Historischen Rathaus

Mit einem Konzert wurden 75 Jahre Israel sowie 75 Jahre jüdisches DP-Orchester gefeiert

von Lukas Ruser  25.05.2023

Antisemitismus

München zeigt Flagge gegen Roger Waters

Vor der Olympiahalle gab es Proteste gegen das Konzert des Musikers

von Eva von Steinburg  25.05.2023

Nachruf

Seine Stimme ist verstummt

Oljean Ingster, langjähriger Kantor der Synagoge Rykestraße, ist mit 95 Jahren verstorben

von Christine Schmitt  25.05.2023

Interview

»Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft«

Ben Salomo über Antisemitismus, Drohmails, Hetzkampagnen und »Rap am Mittwoch«

von Gernot Wolfram  25.05.2023

Berlin

Ben Salomo ausgezeichnet

Der Musiker wurde für sein Engagement gegen Antisemitismus als Botschafter für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet

von Gernot Wolfram  24.05.2023