DP-Camps

Ungeplante Heimat

Als die Juden nach Deutschland flohen. Ein vergessenes Kapitel der Nachkriegsgeschichte – so heißt das jüngst im KiWi-Verlag erschienene Buch der beiden Journalisten Hans-Peter Föhrding und Heinz Verfürth. Mehr als drei Jahre haben die beiden in Berlin lebenden Autoren dafür recherchiert. Am Donnerstag stellten sie ihr Ergebnis in der Landeszentrale für politische Bildung vor. Der Zuschauerraum war bis auf den letzten Platz besetzt. Es sollte ein bewegender Abend werden.

Hans-Peter Föhrding und Heinz Verfürth widmen sich in ihrem Buch den Jahren 1945 bis 1957. Sie blicken auf das politische Geschehen zu der Zeit – und schildern viele Einzelschicksale.

Damals strandeten über eine Viertelmillion osteuropäischer Juden, die meisten aus Polen, in Westdeutschland. Der neue Antisemitismus hatte sie aus der alten Heimat vertrieben. In Deutschland begaben sie sich in die Obhut der westlichen Siegermächte, vor allem der Amerikaner.

zwischenhalt Die Juden kamen als »Displaced Persons« in DP-Camps unter. Deutschland sollte ein Zwischenhalt sein, das eigentliche Ziel lautete Palästina oder die USA. Doch die Ausreise dauerte manchmal mehrere Jahre. So entfaltete sich in den Camps das Schtetl-Leben Osteuropas.

Das Schicksal von Lea »Lola« Waks, Jahrgang 1929, bildet im Buch den roten Faden. Sie ist 1946 im Camp Ziegenhain in Nordhessen angekommen. Als junge Frau floh sie mit ihrer Familie aus Lodz. Erneute Pogrome gegen Juden machten ein Leben in Polen ungewiss. Erst hieß ihre neue Bleibe Ziegenhain, dann ging es weiter ins Lager Föhrenwald in Oberbayern. Sie heiratete Aron, bekam zwei Söhne, Moishe und Ruwen. Das Leben konnte wieder beginnen.

Die beiden Autoren lernten Lea »Lola« Waks im Bayerischen Viertel in Berlin-Schöneberg kennen. Eine zierliche, kleine, adrette Frau, mit lauter, klarer Stimme – so wird sie von den beiden Journalisten beschrieben. Lea Waks sei »eine stolze Jüdin« gewesen. Sie suchte auch mit Fremden auf der Straße das Gespräch, erzählte ihnen ihre Lebensgeschichte und davon, wie sie den Holocaust überlebt hatte.

söhne Der Name Waks ist in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin kein unbekannter: Moishe Waks war Schuldezernent, Kulturdezernent und Repräsentant. Er starb 2009.

Zur Buchpräsentation am Donnerstag kam auch Lea Waks’ Sohn Ruwen, der als Historiker und Politologe in Tel Aviv lebt. Auch Lala Süsskind, die ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, war da. Beide nahmen mit auf dem Podium Platz, um aus dem Leben von Lea »Lola« Waks zu berichten, die die Fertigstellung des Buchs nicht mehr miterlebt hat. Sie ist 2015 gestorben.

Lesen Sie mehr dazu in unserer nächsten Print-Ausgabe.

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  02.05.2025 Aktualisiert

Berlin

Tage im Mai

Am Wochenende beginnt mit »Youth4Peace« ein Treffen von 80 jungen Erwachsenen aus 26 Ländern. Sie wollen über Frieden und Demokratie sprechen. Auch Gali und Yuval aus Israel sind dabei

von Katrin Richter  01.05.2025

Frankfurt

Zwischen den Generationen

2020 führten Jugendliche gemeinsam mit Überlebenden der Schoa ein »Zeitzeugentheater« auf. Nathaniel Knops Dokumentarfilm »Jetzt?« zeigt dessen Entstehung und feierte nun Premiere

von Eugen El  01.05.2025

Berlin

Für mehr Sichtbarkeit

Wenzel Michalski wird Geschäftsführer des Freundeskreises Yad Vashem. Eine Begegnung

von Christine Schmitt  30.04.2025

Hanau

Das zarte Bäumchen, fest verwurzelt

Vor 20 Jahren gründete sich die jüdische Gemeinde – zum Jubiläum wurde eine neue Torarolle eingebracht

von Emil Kermann  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025