Interview

»Es war ein Schock«

Ora Avital lebt seit Jahrzehnten in Mönchengladbach. Unlängst schmierten Unbekannte nachts ein Hakenkreuz an ihre Tür. Für die israelische Künstlerin war es ein Schock. Wie geht sie damit um?

Frau Avital, Sie leben und arbeiten seit 23 Jahren in Mönchengladbach, in Ihrem eigenen Atelier, das zugleich Ihre Wohnung ist. Nun wurde Ihre Tür mit einem Hakenkreuz beschmiert. Was haben Sie reagiert, als Sie dies feststellten?
Zuerst erschrak ich. Denn dies war eine hasserfüllte Botschaft. Ich war allein am frühen Morgen und stand unter Schock. Die Schmiererei habe einfach auf Facebook geteilt. Es war ein Instinkt und ich hatte keine Ahnung, dass mein Post viral gehen würde. Drei Leute kamen zu mir und sagten, es täte ihnen leid. 

Was macht diese Sache mit Ihnen? Fühlen Sie sich nun anders? Haben Sie Angst?
Ich arbeite hier und bin integriert. Ich arbeite mit ukrainischen Kindern, mit denen ich Kunstprojekte mache. Auch in der Jüdischen Gemeinde habe ich ein paar Jahre lang Kurse gegeben. Und dann sagt Dir jemand: »Ich will Dich nicht hier haben.« Aber dies ist mein Zuhause. Meine Tochter, die in Jerusalem studiert, ist hier groß geworden. Angst habe ich aber nicht. In meinem eigenen Haus lasse ich mir keine Angst machen.

Was sagt die Polizei zu diesem Ausdruck des Judenhasses?
Die Beamten kamen her. Sie waren nett, aber sie haben nur ein Foto aufgenommen. Fingerabdrücke haben sie nicht genommen und gingen dann wieder. Information habe ich nicht erhalten. Felix Hinrichs, der Oberbürgermeister von Mönchengladbach, hat mir eine Nachricht geschickt. Er ist engagiert gegen Ausländerhass und hat dann mit der Polizei telefoniert. Später habe ich hier mehrere Streifenwagen herumfahren sehen.

Welche Art der Solidarität erfahren Sie? Und von wem?
Es war fantastisch. Viele Deutsche haben mir geschrieben. Ich habe viele Facebook-Freunde. Alle haben ihre Abscheu ausgedrückt. Antisemitismus ist ein Teufel in der Flasche. Er kommt heraus, wenn er herauskommt. Die Solidarität kam auch aus den Kulturkreisen, deren Teil ich schon immer war. Mönchengladbach ist keine antisemitische Stadt, aber es gibt so manchen Judenhasser. 

Über 30 Jahre lang sind Sie in der Bundesrepublik. Haben Sie zuvor Judenhass erfahren? In welcher Form?
Judenhass habe ich weniger erfahren. Weil ich »exotisch« aussehe, das heißt, ich könnte Türkin sein oder Iranerin, gab es manchmal kleine Rassismus-Zwischenfälle. Aber ich war neun Jahre lang Lehrerin an einer Gesamtschule. Ich bin integriert. Das ist es, was die Sache sehr schwer macht. Alle meine Freunde sind Deutsche, und mein Publikum auch. Vier Fernsehstationen aus Israel haben angerufen. Aber ich wollte nicht mitmachen, da ich nicht will, dass man den Zwischenfall mit dem Hakenkreuz in populistischer Weise ausnutzt. Man muss auch fair sein. Nordrhein-Westfalen ist ein tolerantes Land.

Thüringen

Jüdisches Kulturfest will Haifa stärker einbeziehen

Beide Städte pflegen seit dem Jahr 2005 eine offizielle Städtepartnerschaft

 17.07.2025

75 Jahre Zentralrat

Zentralratspräsident: Zusammenlegung von jüdischen Gemeinden »schmerzlich«, aber denkbar

Zu wenig engagierter Nachwuchs und mögliche Zusammenschlüsse von jüdischen Gemeinden - so sieht die Lage laut Zentralrat der Juden derzeit aus. Präsident Schuster äußert sich auch zur Rabbinerausbildung in Potsdam

von Leticia Witte  17.07.2025

Stuttgart

Geige, Cello, Kickboxen

Die Musikerinnen Taisia und Elina über den Karl-Adler-Wettbewerb, Spaß und eigene Stücke

von Christine Schmitt  16.07.2025

Jiddisch

Der unerfüllte Traum

Im Rahmen der Scholem-Alejchem-Vortragsreihe sprach der Judaist Gennady Estraikh über die Geschichte von Birobidschan

von Nora Niemann  16.07.2025

München

»Unsere jüdische Bavaria«

80 Jahre Israelitische Kultusgemeinde München und 40 Jahre Präsidentschaft von Charlotte Knobloch: Am Dienstagabend wurde das Doppeljubiläum mit einem Festakt gefeiert. Für einen scharfzüngigen Höhepunkt sorgte der Publizist Michel Friedman

von Christiane Ried  16.07.2025

München

»Ich habe größten Respekt vor dieser Leistung«

Zum 40-jährigen Dienstjubiläum von Charlotte Knobloch wird sie von Zentralratspräsident Josef Schuster geehrt

 16.07.2025

Porträt der Woche

»Musik war meine Therapie«

Hagar Sharvit konnte durch Singen ihre Schüchternheit überwinden

von Alicia Rust  15.07.2025

Berlin

Gericht vertagt Verhandlung über Lahav Shapiras Klage gegen Freie Universität

Warum die Anwältin des jüdischen Studenten die Entscheidung der Richter trotzdem als großen Erfolg wertet. Die Hintergründe

 15.07.2025 Aktualisiert

Andenken

Berliner SPD: Straße oder Platz nach Margot Friedländer benennen

Margot Friedländer gehörte zu den bekanntesten Zeitzeugen der Verbrechen der Nationalsozialisten. Für ihr unermüdliches Wirken will die Berliner SPD die im Mai gestorbene Holocaust-Überlebende nun sichtbar ehren

 15.07.2025