Child Survivors

Therapie durch Respekt

Wie man den Überlebenden der Schoa helfen kann

von Heide Sobotka  22.01.2018 18:10 Uhr

Das kleine Büchlein wirbt dafür, dass das Schicksal der Child Survivors nicht vergessen wird. Foto: pr

Wie man den Überlebenden der Schoa helfen kann

von Heide Sobotka  22.01.2018 18:10 Uhr

Lange Zeit ist das Schicksal der Child Survivors nicht in dem Maße wie das anderer Holocaust-Überlebender beachtet worden. Ihnen wurde unterstellt, dass sie als Kinder »die Grausamkeiten der Nazi-Verfolgung noch nicht hätten verstehen und einordnen können«.

Dabei haben Child Survivors »ihr Leben lang unter gravierenden posttraumatischen Störungen gelitten«, wie Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Claims Conference in Deutschland, beschreibt. So sei der Claims Conference die besondere Last der nach dem 1. Januar 1928 Geborenen auch erst 2005 als dringliche Aufgabe zugetragen worden.

Experten Welche therapeutischen Unterstützungen für die Überlebenden notwendig sind, trägt der schmale Band Charakter, Zorn und Widerstand. Child Survivors aus Expertensicht zusammen.

Experten sind in diesem Falle neben Rüdiger Mahlo auch Philipp Sonntag, Vorsitzender der Child Survivors Deutschland (CSD), Martin Auerbach, klinischer Leiter von AMCHA Israel, und sein Kollege Natan P. F. Kellermann. Aus Sicht der pflegerischen Anforderungen kommen Eva Nickel und die Leiterin der Sozialabteilung der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Dalia Wissgott-Moneta, zu Wort.

Sie versuchen, durch ihre Beiträge den Child Survivors zu einer größeren Lobby zu verhelfen, und verweisen auf die Besonderheiten gerade dieser Holocaust-Überlebenden.
Erst Anfang der 80er-Jahre, so schreibt etwa Eva Nickel, die sich in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin mit den Spätfolgen der Schoa beschäftigt, begann man weltweit, das Problem der Traumatisierung zu erkennen und die Langzeitfolgen wissenschaftlich anzuerkennen. Für viele Child Survivors schon fast zu spät.

Krankheiten Als Kinder hatten sie den Verlust der Eltern und die Hilflosigkeit gegenüber Willkür erlebt. Doch ihre physischen und psychischen Krankheiten wurden jahrelang nicht entdeckt, »ja sogar negiert«, schreibt Eva Nickel.

Therapieren lassen sich diese Spätfolgen nur durch Respekt, Akzeptanz und Toleranz gegenüber ihrer Besonderheit sowie Verlässlichkeit in der Hilfe, erklärt der Psychiater und Psychotherapeut Martin Auerbach.

Der Treffpunkt für Schoa-Überlebende in Frankfurt ist heute für viele ein verlässlicher und geschützter Raum, wo den tief Traumatisierten Interesse und Empathie entgegengebracht wird, wie Da­lia Wisgott-Moneta schreibt. Für viele Child Survivors kehrt die Traumatisierung gerade im Alter massiv zurück. Für sie ist dieser Treffpunkt häufig der einzige soziale Kontakt, den sie heute noch haben.

Dass ihr Schicksal nicht vergessen wird und sie die Hilfe erhalten, die sie benötigen, dafür wirbt das kleine Büchlein, das darüber hinaus erste Hilfestellungen für die Begegnungen mit Child Survivors bietet. Die ältesten Kinderüberlebenden werden jetzt 90, die jüngsten sind 73 – noch ist es nicht zu spät, ihnen zur Seite zu stehen und zu helfen.

»Charakter, Zorn und Widerstand. Child Survivors aus Expertensicht«, hrsg. von Philipp Sonntag. Hentrich & Hentrich, Berlin 2017, 96 S., 12,90 €

Sachsen

Landesbeauftragter: Jüdisches Leben auch in Sachsen gefährdet

Die Hemmschwelle, in eine Synagoge zu gehen, sei größer geworden, sagt Thomas Feist (CDU)

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024