Der Bau einer Synagoge für die drei jüdischen Gemeinden in Potsdam droht endgültig zu scheitern. Wenn bis Mitte Juni keine Einigung über die strittigen Baufragen und eine Trägerstiftung zustande komme, werde die Landesregierung eine Entscheidung treffen, sagte Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) am Mittwoch in Potsdam. Das Land will den Bau der Synagoge und ihren Betrieb finanzieren. Gerechnet wird derzeit mit Baukosten von bis zu 6,4 Millionen Euro und 300.000 Euro an jährlichen Unterhaltskosten.
Derzeit sei nicht zu erkennen, dass der Konflikt zwischen den Gemeinden mit weiteren Gesprächen zu lösen sei, sagte Gorholt. Die drei Gemeinden sind seit Jahren uneins über Fragen der Gestaltung der Synagoge und Möglichkeiten einer gemeinsamen Nutzung. Sollte das Potsdamer Synagogenprojekt scheitern, werde Brandenburg dennoch »am Ende dieses Jahres nicht ohne Synagoge sein«, betonte der Staatssekretär. Im November soll in Cottbus in der bisherigen evangelischen Schlosskirche eine Synagoge eröffnet werden. Die nicht mehr genutzte Kirche soll dafür im September entwidmet werden.
vereinbarung Für Grundsatzdiskussionen gebe es keine Zeit mehr, sagte Gorholt. Das Kabinett müsse in den kommenden Monaten über das weitere Verfahren zur Potsdamer Synagoge entscheiden. Möglich sei derzeit, gegebenenfalls nur mit zwei der drei Gemeinden eine Vereinbarung zu treffen, das Projekt abzusagen oder die Entscheidung darüber in die nächste Legislaturperiode zu verschieben.
Bedingung für den Fall, dass es keine Einigung mit allen drei Gemeinden gebe, sei, dass die Synagoge ein offenes Haus für alle jüdischen Gemeinden sei, betonte Gorholt: »Das muss auch garantiert werden.« Dazu sollen auch Stadt und Land Sitze in den Gremien einer geplanten Trägerstiftung bekommen. Zugleich wurden mehrere neue Varianten des 2009 in einem Wettbewerb ausgewählten Architektenentwurfs für die Synagoge präsentiert, die verschiedene Veränderungsvorschläge der Gemeinden aufgreifen.
»Wir haben nicht vor, für jede jüdische Gemeinde in Potsdam eine Synagoge zu bauen«, sagte Gorholt. Derzeit sei noch eine Einigung mit der Jüdischen Gemeinde Potsdam und der Gesetzestreuen Jüdischen Gemeinde denkbar. Um eine Einigung mit allen drei Gemeinden, darunter auch der aus der Jüdischen Gemeinde Potsdam hervorgegangenen Synagogengemeinde um den Dirigenten Ud Joffe und Rabbiner Nachum Presman, herbeizuführen, seien die Differenzen voraussichtlich zu groß.
klage Die Synagogengemeinde fordert aus religiösen Gründen unter anderem einen Synagogenraum in der ersten Etage, die anderen Gemeinden wollen einen Synagogenraum in den beiden obersten Stockwerken. Joffe kritisierte das Vorgehen des Ministeriums. Der Synagogenbau sei ein Prestigeprojekt des Landes geworden, das dem religiösen Leben der Potsdamer Juden nicht gerecht werde, sagte der Dirigent und kündigte juristische Schritte an. »Dagegen werden wir klagen, so geht das nicht«, sagte Joffe.
Die Jüdische Gemeinde Potsdam hat nach eigenen Angaben rund 400 Mitglieder, die Gesetzestreue Gemeinde hat nach eigenen Angaben rund 250, die Synagogengemeinde rund 180 Mitglieder. epd