Berlin

Stellung beziehen

Verantwortung »für den Nächsten und die Schöpfung«: Rabbiner Henry G. Brandt bei seiner Predigt im Berliner Dom Foto: Gregor Zielke

Der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz des Zentralrats der Juden, Henry G. Brandt, hat zur Verteidigung gleicher Grundrechte für alle Menschen aufgerufen. Es sei ein Protest notwendig, dass »die Mehrheit der Menschen zur Dispositionsmasse degradiert« werde, sagte der Rabbiner am Sonntag im Berliner Dom in einer Predigt zum kirchlichen Israelsonntag.

Juden und Christen müssten gemeinsam dazu beitragen, dass Bescheidenheit und Verantwortungsbewusstsein wieder stärker als Grundtugenden respektiert werden, sagte Brandt. Reiche und Mächtige seien dabei stärker gefordert als Menschen, die in Armut leben. Je größer Besitz, Macht und Möglichkeiten des Einzelnen seien, desto größer sei die Verantwortung »für den Nächsten und die Schöpfung«, betonte der Rabbiner.

Herausforderungen Die Religionen sollten zudem eine »klare Stellung zu brennenden Fragen unserer Zeit beziehen« und Lösungsvorschläge anbieten, sagte Brandt. »Wir müssen uns den Herausforderungen unserer Zeit stellen.« So könnten die Konfessionen auch eine Führungsrolle beim Einsatz gegen Politikverdrossenheit übernehmen.

Die Lehren und Gebote der jüdischen Tora, des Alten Testaments der christlichen Bibel, sollten dabei als das »eigentliche Grundgesetz jeglichen gesellschaftlichen Zusammenlebens« wahrgenommen werden, betonte der Rabbiner. Die Tora »will eine Lehre für alle Menschen sein«. Juden und Christen müssten gemeinsam daran arbeiten, den biblischen Geboten »in dynamischer Interpretation« Gehör zu verschaffen.

Die Einladung zur Predigt in einem evangelischen Gottesdienst zeige, »in welcher revolutionären Weise sich die Beziehungen zwischen unseren Religionen« verändert und verbessert hätten, betonte Brandt. Damit sei es auch möglich zu sehen, dass viele vermeintliche Unterschiede zwischen der christlichen und der jüdischen Religion »gar nicht so wesentlich« seien. Zwar blieben unauflösbare Unterschiede bestehen, sagte der Rabbiner. »Aber mit denen können wir leben.« epd

Lesen Sie mehr in unserer Printausgabe am Donnerstag.

Buchvorstellung

Sprache, Fleiß und eine deutsche Geschichte

Mihail Groys sprach im Café »Nash« im Münchener Stadtmuseum über seine persönlichen Erfahrungen in der neuen Heimat

von Nora Niemann  20.10.2025

Chemnitz

Erinnerungen an Justin Sonder

Neben der Bronzeplastik für den Schoa-Überlebenden informiert nun eine Stele über das Leben des Zeitzeugen

 19.10.2025

Porträt der Woche

Leben mit allen Sinnen

Susanne Jakubowski war Architektin, liebt Tanz und die mediterrane Küche

von Brigitte Jähnigen  19.10.2025

Miteinander

Helfen aus Leidenschaft

Ein Ehrenamt kann glücklich machen – andere und einen selbst. Menschen, die sich freiwillig engagieren, erzählen, warum das so ist und was sie auf die Beine stellen

von Christine Schmitt  19.10.2025

Architektur

Wundervolles Mosaik

In seinem neuen Buch porträtiert Alex Jacobowitz 100 Synagogen in Deutschland. Ein Auszug

von Alex Jacobowitz  17.10.2025

Nova Exhibition

Re’im, 6 Uhr 29

Am 7. Oktober 2023 feierten junge Menschen das Leben. Dann überfielen Hamas-Terroristen das Festival im Süden Israels. Eine Ausstellung in Berlin-Tempelhof zeigt den Horror

von Sören Kittel  17.10.2025

Meinung

Entfremdete Heimat

Die antisemitischen Zwischenfälle auf deutschen Straßen sind alarmierend. Das hat auch mit der oftmals dämonisierenden Berichterstattung über Israels Krieg gegen die palästinensische Terrororganisation Hamas zu tun

von Philipp Peyman Engel  16.10.2025

Erinnerung

Gedenken an erste Deportationen aus Berlin am »Gleis 17«

Deborah Hartmann, Direktorin der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, warnte mit Blick auf das Erstarken der AfD und wachsenden Antisemitismus vor einer brüchigen Erinnerungskultur

 16.10.2025

Bonn

Hunderte Menschen besuchen Laubhüttenfest

Der Vorsitzende der Synagogen-Gemeinde in Bonn, Jakov Barasch, forderte mehr Solidarität. Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hätten sich hierzulande immer mehr Jüdinnen und Juden aus Angst vor Übergriffen ins Private zurückgezogen

 13.10.2025