Deborah Feldman

Selbstbewusst statt sittsam

Schriftstellerin Deborah Feldman Foto: Marina Maisel

Deborah Feldman ist eine kluge und sehr mutige junge Frau. Berühmt wurde sie durch ihren autobiografischen Bericht über ihre Kindheit und Jugend in der Satmar-Gemeinde im New Yorker Stadtteil Williamsburg. Das vor vier Jahren in den USA veröffentlichte Buch wurde auf Anhieb zum »New York Times«-Bestseller mit einer Millionenauflage.

Die deutschsprachige Ausgabe, verriet Christian Ruzicska, der Übersetzer und Verleger von Unorthodox, ist diese Woche auf Platz 13 der Spiegel-Bestsellerliste geklettert. Ruzicska kennt das Buch in- und auswendig und führte die Autorin Deborah Feldman im Jüdischen Gemeindezentrum gekonnt durch ihre erste reguläre Lesung in Deutschland – von einem Auftritt im Rahmen der Leipziger Buchmesse und einigen Fernsehinterviews abgesehen.

Ausbruch Dabei ist Deborah Feldman in einem Milieu aufgewachsen, das Frauen in Kleidung und Auftreten unter dem Vorzeichen »tsniut« größte Bescheidenheit auferlegt. Ihr Aufbruch und schließlich Ausbruch aus der chassidischen Welt war offensichtlich aufs Engste mit der eigenen Sozialisation verbunden. Die Autorin wuchs, wie sie erzählte, bei ihren Großeltern auf. Worin ihr »Makel« bestand, sei ihr erst nach und nach bewusst geworden: Ihr Vater, das siebte von elf Kindern, war behindert. Weil in dieser Gesellschaft ausnahmslos jeder heiraten muss, wurde auch für ihn eine Braut gefunden, doch die Ehe zerbrach schnell.

»Das war die bleibende Erinnerung: Weil es nicht geklappt hatte, wurde ich in der Schule und im Gleichaltrigenkreis geschnitten«, erinnert sich Feldman. Sicher fühlte sie sich nur in der Küche der Großmutter, der sie beim Kochen zuschaute und aus deren Bemerkungen sie entnahm, dass diese vor dem Zweiten Weltkrieg ein ganz anderes Leben geführt hatte. »Als zweitwichtigste Beziehung und als Ersatz für die Freunde, die mir fehlten«, betonte Feldman, »wurden Bücher meine Freunde.« Sie verschlang Roald Dahl und Lewis Carroll und fand in den am Ende geretteten Kindern Alice und Matilda ihre »inneren Heldinnen«. Sie selbst erwachte mit der Geburt ihres Sohnes und sagte sich danach rasch von den Satmarern los.

Inzwischen lebt Deborah Feldman in Berlin und genießt die Anonymität ihres neuen Lebens. Als Kind war sie rebellisch gewesen, hatte – trotz der autoritären Erziehung – viele Fragen gestellt. Ihr Sohn soll nun frei aufwachsen, weswegen sie zufrieden feststellt: »Er ist ein sehr, sehr normales Kind.« Sie würde ihn nicht von der Religion fernhalten, er besuche jüdischen Unterricht und habe die Option, frei zu wählen, wie fromm er leben will.

Rumänien Ihre Spurensuche führte Deborah Feldman zum einen nach Osteuropa, wo die heutigen Satmarer – die größte Gemeinschaft gibt es in New York, zudem aber auch Gemeinden in London, Budapest und den Niederlanden – in Satu Mare an der rumänisch-ungarischen Grenze ihren Ursprung verorten. Zum anderen aber auch direkt nach München.

Ihr Urgroßvater Gustav Spielmann hatte an der Ludwig-Maximilians-Universität promoviert und war Ende März 1939 mit seiner Frau Jetta, geborene Ehrlich, gerade noch nach England entkommen. Deborah Feldmans Familienforschung in München, Nürnberg und Fürth fängt gerade erst richtig an.

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024