Stuttgart

Schweinefleisch zum halben Preis

»Was ist das größte jüdische Dilemma«, fragt Robert Kreis ins Publikum. Das amüsiert sich schon vor der Pointe. Denn beim Abend mit »Mr. Nostalgie« bleibt kein Auge trocken. Über eine Stunde schon hat der Künstler im ausverkauften Stuttgarter Renitenztheater vom Piano aus oder über die Bühne tänzelnd die restlos begeisterten Zuschauer mit Couplets, Persiflagen, Conferencen und Flüsterwitzen unterhalten.

Dicht am Puls berühmter Kabaretts der Weimarer Zeit bewegt sich Robert Kreis und erinnert an Kollegen wie Willy Rosen, Max Hansen, Rudolph Nelson. Dass der gebürtige Holländer nun auch ein paar jüdische Witze zum Besten gibt, weckt die Illusion, ein wenig dazuzugehören. »Der isch nämlich auch Jude«, ist aus der nächstfolgenden Reihe zu hören. Die meisten Damen und Herren, die zu den Jüdischen Kulturtagen ins Renitenztheater gekommen sind, halten ihm schon lange die Treue.

Herzlichkeit »Seit 40 Jahren stehe ich auf der Bühne, vor 30 Jahren kam ich das erste Mal nach Stuttgart«, erzählt Kreis. Und dass er vom damaligen Hausherrn Gerhard Wojda aufs Herzlichste empfangen wurde. Wojda, der das Theater 1961 in der baden-wüttembergischen Landeshauptstadt gegründet hatte, saß an diesem Abend inmitten des begeisterten Publikums.

»Herr Kreis, Sie sind aber fleißig«, soll Mutter Wojda – eine Institution im Renitenztheater – gesagt haben, als der Künstler erneut zu einem Auftritt nach Stuttgart kam. »Miese Zeiten, miese Zeiten, wo man hinsieht, so man hinhört, nichts als Pleiten, (...) hab ich heute keine Dollar, keine Pfund, denk ich, Gott, die Hauptsach’ ist, man ist gesund«, singt Kreis am Piano.

Lachen Die auch in Schellack gepressten Songs und Schlager der 20er- und 30er-Jahre waren feinsinnige, sarkastische Antworten auf Spekulationsblasen, Kursabstürze, sich anbahnende politische Katastrophen, Bigotterie und persönliche Pleiten dieser Jahre.

»Fröhlich erinnern« will Robert Kreis an seine emigrierten und ermordeten jüdischen Kollegen. »Guter Humor macht niemanden lächerlich, mit gutem Humor will man den Menschen zulachen«. Seine Botschaft kommt an, das Publikum lacht: »Das schlimmste jüdische Dilemma ist Schweinefleisch zum halben Preis«, amüsiert sich Kreis köstlich.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025