Festjahr

»Schalömchen!«

Mit durchschnittlich 30 Stundenkilometern fährt die »Schalömchen Köln«-Tram auf den Linien 1, 7, 9, 12 und 15. Foto: KVB

»Schalömchen Köln«: Mit dieser Aufschrift und einem blauen Davidstern grüßt die Straßenbahn, die durch die Domstadt am Rhein rattert. Sie weist auf ein Festjahr hin, das jüdisches Leben in Deutschland mit mehr als 1000 Veranstaltungen bundesweit sichtbar machen soll.

Anlass ist das 1700. Jubiläum des ersten urkundlichen Nachweises jüdischen Lebens in Mitteleuropa. Am 11. Dezember 321 hatte der römische Kaiser Konstantin die Stadtoberen in Köln per Edikt angewiesen, Juden Bürgerrechte einzuräumen, unter anderem die Ausübung öffentlicher Ämter.

Einer der Höhepunkte des Jahres soll vom 20. bis 27. September das weltweit größte Laubhüttenfest werden.

»Wenn wir auf diese 1.700 Jahre zurückblicken, sehen wir, wie prägend jüdisches Leben für die deutsche Kultur war«, sagt Joachim Gerhardt, zweiter Vorsitzender des Vereins »321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«, der das Jubiläumsjahr organisiert.

»Das Festjahr soll die Wertschätzung dafür deutlich machen.« An dem kulturellen Programm beteiligen sich bundesweit nicht nur Synagogen-Gemeinden, sondern auch Privatinitiativen, Kultureinrichtungen oder Schulen. Geplant sind unter anderem Ausstellungen, Konzerte, Theater- und Tanzaufführungen sowie Vorträge und Diskussionsveranstaltungen. Bund, Länder und Kommunen fördern das Programm mit insgesamt 25 Millionen Euro.

Den Auftakt des Jubiläumsjahres bildet am 21. Februar ein Festakt in Köln, bei dem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Redner erwartet wird. Wegen der Pandemie findet die Veranstaltung ohne Publikum statt, wird aber in der ARD live übertragen.

Dem Verein sei es bei der Organisation des Festjahres darum gegangen, Begegnungen zu ermöglichen, betont Gerhardt und hofft, dass dies trotz Corona in diesem Jahr wieder möglich wird. Ab Mai soll zum Beispiel ein »Bus der Begegnungen« bundesweit Station in Innenstädten machen und dort unter anderem jüdische Speisen servieren. Für den Sommer ist ein großes Begegnungsfest in Köln geplant.

Den Auftakt des Jubiläumsjahres bildet am 21. Februar ein Festakt in Köln, bei dem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Redner erwartet wird und der live im Fernsehen übertragen wird.

Einer der Höhepunkte des Jahres soll vom 20. bis 27. September das weltweit größte Laubhüttenfest werden. Zum »Sukkot XXL« sind in ganz Deutschland Menschen eingeladen, Laubhütten zu bauen und dort Begegnungen zu ermöglichen.

Die historische Perspektive nimmt unter anderem die Ausstellung »Menschen, Bilder, Orte - 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« ein, die im März in der Alten Synagoge - Haus jüdischer Kultur in Essen eröffnet wird. Anschließend wird die Schau in Münster, Köln, Wesel und Dortmund Station machen.

Das jüdische Themenjahr komme angesichts der Häufung antisemitischer Anschläge und Vorfälle zur rechten Zeit, meint Gerhardt. Die bisherige Resonanz habe die Erwartungen bei weitem übertroffen. »Wir waren überrascht, wie viele Projektpartner trotz der widrigen Bedingungen durch die Corona-Krise Veranstaltungen angemeldet haben.« Da es sich bei einem Großteil um kleinere Aktionen handele, gehen die Organisatoren davon aus, das Jubiläumsjahr größtenteils erfolgreich durchführen zu können.

Begonnen hatten die ersten Vorbereitungen bereits 2014. Initiator sei jedoch nicht etwa die jüdische Gemeinde gewesen, sagt Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Mitgründer des Vereins »321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. Den Anstoß dazu habe vielmehr der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) gegeben, der Kuratoriumsvorsitzender des Vereins ist.

Die beiden Vorsitzenden des Vereins, Matthias Schreiber und Joachim Gerhardt, sind evangelische Pfarrer. Das sei Zufall, sagt Gerhardt, findet es aber durchaus passend. Die Kirchen trügen eine besondere Verantwortung, weil Christen und Juden eng verbunden seien.

Es gibt bereits Gedankenspiele, ein solches jüdisches Themenjahr in einigen Jahren einmal EU-weit zu organisieren.

Zudem hätten die Kirchen in der Vergangenheit oft genug versagt, wenn es darum gegangen sei, die Stimme für das Judentum zu erheben. »Darüber hinaus ist es nicht Aufgabe der Juden, dieses Jahr zu feiern, sondern es ist Aufgabe unserer ganzen Gesellschaft«, betont der Pfarrer.

Das Jubiläumsjahr strahle schon jetzt über Deutschland hinaus, sagt Gerhardt. In Israel und den USA sei es bereits auf positive Resonanz gestoßen. Und es gebe bereits Gedankenspiele, ein solches jüdisches Themenjahr in einigen Jahren einmal EU-weit zu organisieren.

Dialog

Digital mitdenken

Schalom Aleikum widmete sich unter dem Motto »Elefant im Raum« einem wichtigen Thema

von Stefan Laurin  28.03.2024

Jugendzentren

Gemeinsam stark

Der Gastgeber Hannover ist hoch motiviert – auch Kinder aus kleineren Gemeinden reisen zur Jewrovision

von Christine Schmitt  28.03.2024

Jewrovision

»Seid ihr selbst auf der Bühne«

Jurymitglied Mateo Jasik über Vorbereitung, gelungene Auftritte und vor allem: Spaß

von Christine Schmitt  28.03.2024

Literaturhandlung

Ein Kapitel geht zu Ende

Vor 33 Jahren wurde die Literaturhandlung Berlin gegründet, um jüdisches Leben abzubilden – nun schließt sie

von Christine Schmitt  28.03.2024

Antonia Yamin

»Die eigene Meinung bilden«

Die Reporterin wird Leiterin von Taglit Germany und will mehr jungen Juden Reisen nach Israel ermöglichen. Ein Gespräch

von Mascha Malburg  28.03.2024

Hannover

Dieser Star wird Juror bei der Jewrovision

Der 24-jährige Rapper und Sänger wurde selbst in einer Castingshow für Kinder bekannt. Nun soll Mike Singer die Kids auf der Jewrovision bewerten

 26.03.2024

Party

Wenn Dinos Hamantaschen essen

Die Jüdische Gemeinde Chabad Lubawitsch lud Geflüchtete und Familien zur großen Purimfeier in ein Hotel am Potsdamer Platz

von Katrin Richter  25.03.2024

Antisemitismus

»Limitiertes Verständnis«

Friederike Lorenz-Sinai und Marina Chernivsky über ihre Arbeit mit deutschen Hochschulen

von Martin Brandt  24.03.2024

Porträt der Woche

Die Kreative

Mona Yahia stammt aus dem Irak, spricht viele Sprachen, ist Künstlerin und Autorin

von Christine Schmitt  24.03.2024