Willmars

Rinder statt Schweine

Demnächst auch in Willmars: glückliche Kühe Foto: imago

Eine überraschende Wende hat in den vergangenen Wochen der Streit um einen Schweinemastbetrieb im nordbayerischen Willmars genommen. Der Bauer darf eine Zucht unterhalten, statt Schweinen sollen es aber Rinder sein. Seit 2007 gärte es in der 650-Seelen-Gemeinde an der Landesgrenze zu Thüringen.

Ein Landwirt hatte den Bauantrag zu einem Stall für bis zu 1.500 Schweine gestellt, der direkt neben dem alten jüdischen Friedhof entstehen sollte. Nachdem dies bekannt geworden war, stellten sich das örtliche Rathaus und der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern mit seinem Präsidenten Josef Schuster gegen das Vorhaben.

Jüdische Geschichte Es folgten Jahre der Auseinandersetzung und der großen Schlagzeilen. Das idyllisch gelegene Willmars drohte, eine zweifelhafte Berühmtheit zu erlangen. Und dies als Ort, der eine reiche jüdische Geschichte zu bieten hat. Das typisch fränkische Landjudentum brachte hier so manch spannende Persönlichkeit hervor – der jüdische Friedhof ist ein erstaunliches Denkmal dieser Vergangenheit.

Spätestens seit 2008 schienen die Fronten festgefahren. Der Landwirt beharrte auf seinem Recht, seinen Besitz wirtschaftlich zu nutzen. Die jüdische Gemeinschaft empörte sich über die Schweine in unmittelbarer Nachbarschaft. Gerade diese Tierart widerspricht den religiösen Gefühlen zutiefst. 2010 gab das Verwaltungsgericht Würzburg dem Bauern recht – die Gegner gingen in die Revision.

Wende Bei einem Ortstermin, der in diesen Tagen angesetzt war, kam es dann zu der überraschenden Wende. Der Rechtsanwalt, der den Landwirt vertrat, gab bekannt, das sein Mandant dazu bereit wäre, keine Schweinemast dort zu errichten. Vielmehr sollen in den Stall jetzt Rinder Einzug halten. Womöglich war man aber einer weiteren langwierigen Auseinandersetzung schlicht überdrüssig geworden.

Josef Schuster zeigte sich erfreut über die plötzliche Wende. »Damit kann ich gut leben«, sagt er sichtlich zufrieden der Jüdischen Allgemeinen. Durch bauliche Maßnahmen sei damit zu rechnen, dass die Emissionen wesentlich geringer werden. Denkmalschützerische Aspekte sind technisch zu lösen, so seine Erwartung. Die negative Symbolkraft von Schweinen neben einem jüdischen Friedhof sei nun vom Tisch. Geradezu salomonisch wird der Anwalt der Landwirtes zitiert: »Es gibt wichtigere Dinge als den eigentlichen Prozess – nämlich die Befriedung.«

Auch die Gemeindevertreter Willmars’ scheinen sich dem Kompromiss anschließen zu wollen. So kehrt in den kleinen Ort das zurück, was sein bestes Markenzeichen ist: Ruhe und Frieden. Die Vorstellung von jüdischen Familien, die neben Schweinegrunzen ihrer Toten gedenken müssen, ist abgewendet.

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025