Düsseldorf

Podcast für alle

»Nieder mit dem Rabbinerhut?«, fragt der Titel der ersten Folge nicht ohne Provokation. Seit Kurzem ist ein Podcast online, der sich mit jüdischen Themen befasst und aus einer Gemeinde kommt.

Drei Köpfe stehen hinter dem Projekt der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf mit dem Titel »Un(d)orthodox – der jüdische Podcast für Unschlüssige«: Aharon Ran Vernikovsky, der seit drei Monaten Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf ist, Zeev Reichard, Referent für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, und Matvey Kreymerman, der Familienbeauftragte der Gemeinde. Sie wollen jüdischen Input vermitteln – auf neuen Wegen. Die Initiative ging von Rabbiner Vernikovsky aus, erfahren in Radio- und Podcast-Sendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

social media »Wir drei sind der Meinung, dass in Zeiten von Social Media und einer Flut von Bildern und Videos, die oftmals bloße Selbstinszenierung von Personen sind, das Format eines Podcasts der ideale Rahmen ist, um Inhalt zu transportieren«, so Aharon Ran Vernikovsky. In der digitalen Welt sei »viel Personenkult zurzeit unterwegs«, aber eben »wenig inhaltliche Materie«. »Unser Podcast will Substanz sein, nicht Bling-Bling!«, betont der Gemeinde­rabbiner.

»Wir wollen jüdisches Leben sehr offen zeigen.«

Zeev Reichard

Zum Einstieg wählten Zeev Reichard und Matvey Kreymerman, die als Moderatoren auftreten und die Themen vorab erarbeiten, ein kurzweiliges und gleichzeitig inhaltliches Gespräch mit dem Gemeinde­rabbiner. Die Fragen offen, die Antworten ehrlich, nicht ohne Humor, nicht ohne Zuspitzung, informativ und unterhaltsam.

Alle zwei Wochen soll nun eine neue Folge online gehen, zu hören über Podcast-Anbieter wie Spotify und Apple Pod­casts. »Unser Themenplan steht bereits bis Anfang des nächsten Jahres«, sagt Matvey Kreymerman, die Gesprächspartner für die nächsten Sendungen stünden bereits fest. Nach der Auftaktfolge mit dem Gemeinderabbiner öffnet sich in den weiteren Folgen der Gesprächskreis, so sind jeweils auch Gäste von außen vorgesehen, sei es aus der Gemeinde oder dem bundesweiten Umfeld.

GIUR Für die zweite Podcast-Ausgabe, die Ende November online ging, befassten sich die Macher von »Un(d)orthodox« mit jüdischer Identität und unterhielten sich mit Alexandra, die gerade Giur macht und zum Judentum übertreten möchte, darüber, welche Bedeutung Jüdischsein in ihrem Leben hat. Und sie sprachen mit David, der darüber erzählt, wie es ist, homosexuell in der jüdischen Gemeinschaft zu sein, und wie sein persönliches Judentum aussieht. »Wir wollen das jüdische Leben so zeigen, wie es ist. Auch wenn wir im Auftrag einer Gemeinde arbeiten, wollen wir das jüdische Leben sehr offen zeigen«, fasst Zeev Reichard die Intention des Podcasts zusammen.

Der Rabbiner tritt weiterhin auf und hat in jeder Podcast-Folge die Rubrik »… dann lieber jüdisch«, in der er seine Ansichten beisteuert. »Unser Podcast beschäftigt sich mit Themen des Judentums auf allen Ebenen und aus allen Perspektiven. Mein persönlicher Beitrag ist ein zeitgemäßer rabbinischer Blick auf das Geschehen in der jüdischen Welt in jeder Folge entlang des inhaltlichen Themas einer Folge«, so Vernikovsky.

Gespannt sein kann man auch auf die dritte Ausgabe mit prominenteren Gästen. So ist ein Gespräch mit Rabbiner Akiva Weingarten vorgesehen, der in New York in der chassidischen Gemeinschaft der Satmarer aufwuchs, sich vom ultraorthodoxen Umfeld löste und heute als liberaler Rabbiner in Dresden und Basel amtiert.

Es soll eine große Zielgruppe ansprechen, im Idealfall auch die eigenen Gemeindemitglieder, aber nicht nur.

Außerdem wird der Hauptprotagonist des Dokumentarfilms Endlich Tacheles interviewt. In der vierten Folge wird es um das Thema gehen, warum sich Juden bewusst dafür entscheiden, in Deutschland zu leben. Und auch zum Thema Umwelt- und Klimaschutz aus jüdischer Sicht ist eine Folge in Planung.

ZIELGRUPPE »Uns ist es wichtig, dass wir uns nicht auf Düsseldorf beschränken«, so Zeev Reichard. Man wolle eine große Zielgruppe ansprechen, im Idealfall auch die eigenen Gemeindemitglieder, aber nicht nur. »Wir wollen auch Nichtjuden erreichen, um ihnen zu zeigen, wie jüdisches Leben in Deutschland aussieht: offen und vielfältig.« Dieser Ansatz spiegele sich auch im Titel wider, erklärt Matvey Kreymerman, sowohl die eine als auch die andere Seite. Der Titel »un(d)orthodox« sei eine bewusste Wortspielerei, so der Gemeinderabbiner. Er bezeichne ein Judentum, das beides in sich trage: die Treue zur Tradition und die Skepsis ihr gegenüber. »Kurzum, unsere geteilte jüdische Welt.«

»Uns liegt das Thema Digitalisierung der Gemeinden am Herzen, es ist wichtig, die Leute da zu erreichen, wo sie sind«, so Matvey Kreymerman. Man versuche dies über die klassische Gemeindezeitung, aber auch über YouTube, Instagram und Facebook. Jetzt ist ein Podcast dazugekommen, der jüdische Themenvielfalt ansprechen möchte und nicht nur für die Gemeindemitglieder aus Düsseldorf hörenswert ist, sondern auf jeden Fall breitere Aufmerksamkeit verdient hat.

»Wir drei verstehen uns sehr gut, sind ein gut eingespieltes Team. Manchmal haben wir unterschiedliche Interpretationen der Themen, um die es in den Podcast-Folgen geht. Und genau das integrieren wir in die Vielfalt der Themendarstellung«, so Rabbiner Vernikovsky.

Gießen

Tora im Herbst?

Die Jüdische Gemeinde braucht dringend eine neue Rolle. Der Vorstand fand einen Sofer in Bnei Brak. Im Oktober soll sie fertig sein. Schirmherr der Spendenaktion wird Ex-Ministerpräsident Volker Bouffier

von Helmut Kuhn  13.05.2025

Prozess

Verfahren um Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge beginnt

Der Angeklagte ist vermutlich psychisch schwer erkrankt und war zur Tatzeit unter Umständen schuldunfähig

 13.05.2025

Begegnung

Yotams Haus

Bei »Resilience Through Music« in Berlin erzählte Tuval Haim aus dem Leben seines Bruders, des Schlagzeugers Yotam, der am 7. Oktober 2023 aus Kfar Aza entführt wurde

von Katrin Richter  12.05.2025

Berlin

Margot Friedländer wird auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beerdigt

Das nichtöffentliche Begräbnis ist für Donnerstag geplant

 12.05.2025

Margot Friedländer

Holocaust-Überlebende war Stimme gegen das Vergessen

Gegen das Vergessen - Margot Friedländer überlebte das Grauen des Holocausts und hat dazu nie geschwiegen. Als eine der letzten Stimmen für die Erinnerung ist sie nun im Alter von 103 Jahren gestorben

von Leticia Witte  12.05.2025

Berlin

Kondolenzbuch für Margot Friedländer im Roten Rathaus

Die Holocaust-Überlebende wird nach ihrem Tod geehrt

 12.05.2025

Nachruf

Danke, liebe Frau Friedländer!

Die Schoa-Überlebende tanzte mit dem Regierenden Bürgermeister, sprach jungen Menschen Mut zu und war auf etlichen Terminen anzutreffen. Unsere Redakteurin lässt einige Begegnungen Revue passieren

von Christine Schmitt  11.05.2025

Umfrage

Zwischen Skepsis und Hoffnung

Wie erlebten Jüdinnen und Juden die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem vor 60 Jahren? Wir haben uns umgehört

von Christine Schmitt  11.05.2025

Reaktionen

»Ihr Vermächtnis ist Mahnung und Verpflichtung«

Der Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer ist in Politik und Gesellschaft mit großer Trauer aufgenommen worden

 11.05.2025