Leo-Baeck-Preis

»Pionier der Partnerschaft«

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, ist zum Auftakt des Gemeindetages in Berlin mit dem Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden ausgezeichnet worden. Zentralratspräsident Dieter Graumann nannte Schneider bei der Preisverleihung am Donnerstagabend einen »Pionier der Partnerschaft mit dem Judentum«. Schneider setze sich seit über 40 Jahren gegen Missionierung von Juden ein, kämpfe konsequent gegen Antisemitismus und Rassismus und erhebe seine Stimme, wenn das Existenzrecht des jüdischen Staates infrage gestellt wird.

Ausdrücklich würdigte Graumann, dass Schneider während der Beschneidungsdebatte sofort und ohne einen Augenblick zu zögern die jüdische Position verteidigt habe. »Freunde erkennt man, wenn man sie braucht. Sie waren an unserer Seite, als wir Sie brauchten, das werden wir nie vergessen und dafür danken wir Ihnen von Herzen«, betonte Graumann. Für die Zukunft wünschten sich die Juden »mehr von dem, was Nikolaus Schneider präsentiert und repräsentiert in den Kirchen insgesamt«.

ehrengäste Unter der Gästen der Preisverleihung waren Hermann Gröhe, Generalsekretär der CDU, SPD-Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier, Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Die Grünen), Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), die hessische Kultusministerin Nicola Beer (FDP) sowie Moshe Kantor, Vorsitzender des European Jewish Congress, und Yakov Hadas-Handelsman, Botschafter des Staates Israel in Deutschland.

Die Auszeichnung, die der Zentralrat der Juden seit 1957 vergibt, erinnert an Rabbiner Leo Baeck (1873–1956), den letzten Vorsitzenden der Reichsvertretung der Juden in Deutschland, der Theresienstadt überlebte und bis heute als größte deutsch-jüdische Führungspersönlichkeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt.

In seiner Dankesrede sagte Schneider, als Theologe und als Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland wisse er, wie »unersetzlich« das Gespräch mit Leo Baeck und seinem Erbe für die Christen bis heute sei. Für ihn sei es nach der Schoa ein »unverdientes Geschenk des Himmels«, dass Baeck und andere Juden damals und bis heute nicht davon abgelassen hätten, Christen immer wieder die Hand zu reichen. Er halte es für ein großes Versäumnis, »dass unsere Kirchen dieses Gesprächsangebot nicht viel fröhlicher und stärker aufgegriffen haben. Wir Christinnen und Christen sind auf solche Infragestellungen von jüdischer Seite notwendigerweise angewiesen«, betonte der EKD-Ratsvorsitzende.

judenmission Ausdrücklich erneuerte der 67-Jährige seine Absage an die Judenmission. Er hoffe, dass »wir als Evangelische Kirche hier tatsächlich auf einem guten Weg sind. Ich habe unser Nein zur Judenmission immer wieder unmissverständlich formuliert«. Die Evangelische Kirche in Deutschland stehe an der Seite des Zentralrats im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus sowie im gemeinsamen Einsatz für das Lebensrecht des Staates Israel: »Das bedeutet, wie ich immer wieder betont habe, kein unkritisches Mitgehen mit allen politischen Entscheidungen der jeweiligen Regierung. Aber es bedeutet ein unter allen Umständen solidarisches Zusammenstehen, wo der jüdische Staat in seiner Existenz infrage gestellt wird.«

Henry G. Brandt, Laudator und Vorsitzender der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK) in Deutschland, gratulierte dem Zentralrat der Juden zu seiner Entscheidung: »Sie hätten keinen besseren Preisträger finden können und keine bessere Zeit.« Gerade 75 Jahre nach der Reichspogromnacht sei der christlich-jüdische Dialog von Bedeutung: »Wenn man heute sät, erntet man in der Zukunft.« Der Rabbiner nannte den evangelischen Theologen seinen »Freund und Bruder«, der als Christ verstanden habe, dass die Kirche nicht an die Stelle, sondern an die Seite Israels getreten sei.

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025