Biografie

»Ohne Demokratie keine Freiheit«

Solly Ganor (r.) berichtet im Gemeindezentrum aus seinem bewegten Leben. Foto: Miryam Gümbel

Die unmittelbare Nachkriegszeit schildert Solly Ganor in seinem Buch Aufleben 1945, erschienen im P. Kirchheim Verlag. Ellen Presser hatte den Autor ins Gemeindezentrum eingeladen, Sabine Zaplin befragte ihn zu seinen Erlebnissen in München und Armand Presser trug Passagen aus seinen Erinnerungen vor. Mitveranstalter waren das Bayern Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung, sowie die regionale Arbeitsgruppe von Gegen Vergessen – Für Demokratie.

Mit 17 Jahren hat Solly Ganor Schoa und Todesmarsch überlebt. Die Hölle dort hat er in seinem ersten Buch Das andere Leben – Kindheit im Holocaust beschrieben. Ein Ende hat der Schrecken in der »Hauptstadt der Bewegung«: München lag in Trümmern. Für den jungen Mann gab es hier eine eigene kleine Wohnung im Stadtteil Ramersdorf. Diesen Luxus verdankte er seinen Sprachkenntnissen.

Dolmtscher Diese sollte er später bei seinem Studium in London weiter ausbauen. 1945 haben ihn amerikanische Panzersoldaten auf dem Todesmarsch von Dachau nach Tirol im Schnee gefunden – am 2. Mai 1945 bei Waakirchen. Dass er Englisch sprach, brachte ihm eine Stelle als Dolmetscher und als amerikanischer Soldat ein – und damit verbunden eben die eigene Wohnung. Seine Aufgabe ist es unter anderem, in den DP-Lagern versteckte Nazis aufzuspüren. Bis 1948 bleibt er in München.

Neben dem geretteten eigenen Leben und der positiven Konstellation für seine Zukunft gibt es dabei noch zwei weitere Glücksmomente: Sein Vater hat ebenfalls überlebt. Außerdem verliebte er sich das erste Mal. Eine der vorgetragenen Passagen schlug auf einringliche Weise die Brücke zum Heute – und zu einer wichtigen Lebensaufgabe Ganors. Den amerikanischen Soldaten hatte er in eindringlicher Weise die Leiden während der Schoa geschildert.

Darauf sprach ihn am nächsten Tag sein Freund David an: »Wir leben in einer historischen Epoche. Ich glaube dass das, was uns geschehen ist, aufgezeichnet weren müsste. Du hast doch im Ghetto ein Tagebuch geführt. Ich finde, du solltest jetzt unbedingt weiterschreiben, sonst wird all das vergessen, und niemand glaubt uns mehr.« Es sollte nicht das einzige Mal bleiben, dass Menschen Solly Ganor dazu aufforderten.

Was der Zeitzeuge den jungen Menschen von heute vor allem mitgeben möchte, fasste Solly Ganor an diesem Abend in zwei Worte: Freiheit und Demokratie. Denn »ohne Demokratie gibt es keine Freiheit«. Miryam Gümbel

Graphic Novel

Gezeichnete Erinnerungen

Die Geschichte von vier Überlebenden für Kinder erzählt

von Jan Popp-Sewing  06.06.2023

Biografie

Schöneberg, Sydney, Neukölln

Der Regisseur Aaron Lucas hat in »Iʼll be Frank« das Leben seines Großvaters verfilmt

von Katrin Richter  06.06.2023

»Slammt Tacheles!«

Poetry Slam-Wettbewerb auf der Zielgeraden

Am 13. Juli wird die Jury die zu prämierenden Beiträge auswählen

von Imanuel Marcus  06.06.2023

»Jetzt ist die Zeit«

Kirchentag in Nürnberg

Im Programm sind zahlreiche jüdische Themen vertreten

von Joshua Schultheis  05.06.2023

Nürnberg

Erstmals wieder ein Gottesdienst an ehemaliger Hauptsynagoge

Am früheren Standort des von den Nazis zerstörten Gotteshauses soll der Schabbat begangen werden

 05.06.2023

Portät der Woche

Blick in die Seele

Alisa Goldman ist Verhaltenstherapeutin und arbeitet im Jüdischen Krankenhaus in Berlin

von Gerhard Haase-Hindenberg  04.06.2023

JLEV

Ein volles Programm

Der Vorstand des neuen liberal-egalitären Verbandes arbeitet an einem umfangreichen Angebot

von Christine Schmitt  04.06.2023

Frankfurt

Ein »Mentsch« mit Verstand

Der Gemeindevorsitzende und Architekt Salomon Korn wird 80 Jahre alt. Eine Würdigung von FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube

von Jürgen Kaube  03.06.2023

Gratulation

Meister der geschliffenen Worte

Der Frankfurter Gemeindevorsitzende und Architekt Salomon Korn wird 80. Ein Grußwort des Zentralratspräsidenten

von Josef Schuster  03.06.2023