Mainz

Neue Wege des Gedenkens

Josef Schuster (l.) in Mainz Foto: PR

Noch können Überlebende der Schoa von ihren Erlebnissen erzählen. Doch wie kann die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wachgehalten werden, wenn es in absehbarer Zeit keine Zeitzeugen mehr gibt?

Diese Frage stand im Zentrum der Veranstaltung »Erinnerungskultur heute – Ein Auftrag für die Zukunft«, die am vergangenen Donnerstagabend im Landesmuseum Rheinland-Pfalz in Mainz stattfand. Zu der Diskussion eingeladen hatte die CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag.

Fraktionsvorsitzender Christian Baldauf begrüßte als Gäste den Historiker und Hochschullehrer Michael Kißener von der Johannes-Gutenberg-Universität und den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.

Reife »Die zeitliche Distanz zum Holocaust wächst, doch das Bewusstsein muss bleiben, auch wenn es immer weniger Zeitzeugen gibt, die das erlebte Grauen schildern können«, sagte Baldauf.

Deutschland stehe heute vor der Aufgabe, eine Erinnerungskultur ohne Überlebende zu entwickeln, sagte Josef Schuster.

Schuster betonte in seinem Impulsvortrag, dass die Gedenkkultur, die Bereitschaft des Landes, sich weiterhin dem Grauen von Auschwitz zu stellen, ein Zeichen seiner demokratischen Reife sei.

»Demjenigen, der eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordert oder die Verbrechen des Nationalsozialismus kleinredet, spreche ich diese Reife ab«, sagte Schuster.

Familiengeschichte Die Auseinandersetzung mit der Schoa und der heutige Umgang mit diesem Teil der deutschen Geschichte sei für manche Menschen eine wissenschaftliche Frage, für andere ein entferntes historisches Geschehen. »Doch für uns, für die jüdische Gemeinschaft, ist es die Geschichte unserer Familien«, so Schuster.

Eine Erinnerungskultur müsse sich jede Generation genauso erarbeiten wie ihr Wissen über die Schoa, betonte Schuster.

Deutschland stehe heute vor der Aufgabe, eine Erinnerungskultur ohne Überlebende zu entwickeln. Mit dem Ableben der letzten Zeitzeugen gehe »ein kostbares Gut verloren«, sagte Schuster.

»Denn die Holocaust-Überlebenden geben den abstrakten Daten und Zahlen ein Gesicht.« Es sei das einzelne Schicksal, das Menschen heute immer noch berühren würde.

Für die Zukunft bedeute dies, dass es neue Formen des Erinnerns brauche, um auch die jüngere Generation anzusprechen und mitzunehmen. Eine Erinnerungskultur müsse sich jede Generation genauso erarbeiten wie ihr Wissen über die Schoa.

»Diese Aufarbeitung ist nicht irgendwann abgeschlossen. Sie muss immer wieder neu geleistet werden«, sagte Schuster.

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Engagement

Verantwortung übernehmen

Erstmals wurde der Fritz-Neuland-Gedächtnispreis verliehen. Die Auszeichnung erhielten der Jurist Andreas Franck und die AG PRIOX der bayerischen Polizei

von Luis Gruhler  09.07.2025

Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

»Wir müssen gewachsene Strukturen erhalten«

ZWST-Projektleiter Erik Erenbourg über ein besonderes Jubiläum, fehlende Freiwillige aus Deutschland und einen neuen Jahrgang

von Christine Schmitt  09.07.2025

Essen

Vier Tage durch die Stadt

Der Verein Kibbuz Zentrum für Kunst, Kultur und Bildung führte 20 Jugendliche einer Gesamtschule an jüdische Orte. Die Reaktionen überraschten den Projektleiter

von Stefan Laurin  09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025

Magdeburg

Staatsvertrag zur Sicherheit jüdischer Gemeinden geändert

Die Änderung sei durch den Neubau der Synagogen in Magdeburg und Dessau-Roßlau vor rund zwei Jahren sowie durch zu erwartende Kostensteigerungen notwendig geworden

 09.07.2025

Berliner Philharmonie

Gedenkfeier für Margot Friedländer am Mittwoch

Erwartet werden zu dem Gedenken langjährige Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, Freundinnen und Freunde Friedländers sowie Preisträgerinnen und Preisträger des nach ihr benannten Preises

 08.07.2025

Mittelfranken

Archäologen entdecken erste Synagoge Rothenburgs wieder

Erst zerstört, dann vergessen, jetzt zurück im Stadtbild: Die erste Synagoge von Rothenburg ob der Tauber ist durch einen Zufall wiederentdeckt worden. Ihre Überreste liegen aber an anderer Stelle als vermutet

von Hannah Krewer  08.07.2025

Biografie

»Traut euch, Fragen zu stellen«

Auch mit 93 Jahren spricht die Schoa-Überlebende Eva Szepesi vor Schülern. Nun hat sie ein Bilderbuch über ihre Geschichte veröffentlicht

von Alicia Rust  06.07.2025