Berlin

Mut und Menschlichkeit

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hat den Deutschen Hans Feyerabend posthum mit dem Titel »Gerechter unter den Völkern« geehrt. Am Mittwoch wurde eine Feierstunde zu seinen Ehren im Berliner Rathaus gehalten. Anwesend waren neben zahlreichen Gästen auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller sowie der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, der Direktor Yad Vashems für die Schweiz und die deutschsprachigen Länder, Arik Rav-On, und die Enkel des Geehrten.

Der Regierende Bürgermeister gab seiner Freude über die Auszeichnung Hans Feyerabends Ausdruck und sagte über den Geehrten: »Er hat in einer Zeit großen Mut und Menschlichkeit bewiesen, in der die Nazi-Mordkommandos noch ungehindert wüteten.« Müller machte darauf aufmerksam, dass neben Mord, der nie verjähre, auch die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus sowie an jene, die sich dem Morden entgegenstellten, nie verjähren dürfe.

erinnerung Im Anschluss daran ergriff Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman das Wort: »Die Tage, an denen wir die Gerechten unter den Völkern ehren, sind besondere Tage: Wir erinnern daran, dass es in der dunkelsten Stunde des jüdischen Volkes Menschen gab, die alles riskierten – ihren Besitz und sogar ihr Leben –, um andere Menschen zu retten.« Die Erinnerung an diese Menschen wachzuhalten, »ist das mindeste, was wir Juden heute tun können«.

Die Laudatio hielt Sandra Witte von der israelischen Botschaft. Ursula Ahlström, eine Enkelin des Geehrten, nahm die Medaille und die Urkunde entgegen und bedankte sich im Namen der gesamten Familie Hans Feyerabends. Die Enkel, so Ahlström, waren rein zufällig auf das heldenhafte Verhalten Feyerabends gestoßen, als sie einen Artikel in der Wochenzeitung »Die Zeit« lasen. »Bei der Erwähnung unseres Großvaters fielen wir aus allen Wolken.«

todesmarsch Hans Feyerabend (1882–1945) hatte versucht, Tausende jüdische KZ-Häftlinge zu retten, die sich vor 70 Jahren auf einem Todesmarsch von Königsberg zur Ostseeküste befanden. Feyerabend, Güterdirektor eines Bernsteinwerks im ostpreußischen Palmnicken, hatte sich den Befehlen der SS widersetzt und den Tod der jüdischen Häftlinge verhindern wollen. Sein Widerstand endete jedoch erfolglos: Am 31 Januar 1945 wurden etwa 3000 jüdische KZ-Häftlinge beim Massaker von Palmnicken bei einer Massenerschießung ermordet. Kurz zuvor kam Feyerabend zu Tode. Die Umstände sind bis heute nicht geklärt.

Die israelische Gedenkstätte Yad Vashem vergibt die Ehrung »Gerechte/Gerechter unter den Völkern« an nichtjüdische Menschen, die während des Holocaust ihr Leben riskierten, um Juden zu retten. Es ist die höchste staatliche Ehrung Israels. Mit dem Titel hat die Holocaust-Gedenkstätte seit 1963 bislang 25.685 Menschen aus 51 Ländern ausgezeichnet, darunter 569 Deutsche.

NRW

Fenster in die Gemeinden

Ein Marathon: Die Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr bieten mehr als 80 Veranstaltungen in zehn Städten

von Helmut Kuhn  23.06.2025

Taglit

Zehn Tage, die bleiben

Vor 25 Jahren wurde die Organisation, die junge Leute nach Israel bringt, gegründet. In »Clärchens Ballhaus« wurde gefeiert

von Katrin Richter  22.06.2025

Ethik

Zentralrat will sich für Schächten auf europäischer Ebene einsetzen

In manchen Ländern und Regionen Europas ist das Schächten verboten

 22.06.2025

München

Vor dem Vergessen bewahren

Experten diskutierten die Frage, inwiefern die biografische Forschung neue Perspektiven auf jüdische Geschichte und Kultur eröffnet

von Luis Gruhler  21.06.2025

Porträt der Woche

Die Stimme erheben

Yossi Herzka engagiert sich bei »KlimaStreik« und möchte Theaterdramaturg werden

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.06.2025

Thüringen

Fundstücke mit Haken und Ösen

Erstmals und vorerst einmalig wurden in Erfurt vier neu gefundene Stücke aus dem mittelalterlich-jüdischen Schatz vorgestellt

von Esther Goldberg  20.06.2025

Jewrovision

»Wir hatten den Süßheitsfaktor«

Die Juze-Leiter Sofia aus Aachen und Lenny aus Köln über Gänsehaut, ihren ersten gemeinsamen Sieg und eine NRW-After-Jewro-Party

von Christine Schmitt  19.06.2025

Illustratorin

Gemaltes Augenzwinkern

Lihie Jacob erhielt den Jüdischen Kinderbuchpreis 2025. Ein Besuch bei der Künstlerin

von Alicia Rust  19.06.2025

Sicherheit

Spürbare Sorgen

Infolge des Kriegs mit dem Iran wurde der Schutz jüdischer Einrichtungen verstärkt. In Mannheim wurde schon die »Meile der Religionen« abgesagt. Wie stellen sich Gemeinden auf die neue Bedrohungslage ein? Wir haben nachgefragt

von Christine Schmitt  19.06.2025