München

Mit Freude lernen

Die Sinai-Schule steht in diesen Tagen in besonderer Verantwortung – die Planungen für die Aufnahme von Kindern aus der Ukraine sind in vollem Gange

von Miryam Gümbel  24.03.2022 09:05 Uhr

Verbindet Spiel und Lernen: Schulleiterin Claudia Bleckmann Foto: Andreas Gregor

Die Sinai-Schule steht in diesen Tagen in besonderer Verantwortung – die Planungen für die Aufnahme von Kindern aus der Ukraine sind in vollem Gange

von Miryam Gümbel  24.03.2022 09:05 Uhr

Ganz selbstverständlich in der jüdischen Tradition und Kultur aufwachsen – das ermöglicht die Sinai-Ganztags-Grundschule den Kindern, die sie besuchen. 151 Mädchen und Jungen im Alter von sechs bis zehn Jahren sind das derzeit. »Die Kinder sind unsere Zukunft«, betont Charlotte Knob­loch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, immer wieder und ergänzt: »Wenn sie Freude an ihrem jüdischen Leben haben, sind sie auch ein Stück Zukunft unserer Gemeinde.«

Einen Beitrag dazu leistet das Team der Sinai-Schule mit seiner Schulleiterin Claudia Bleckmann. Gerade jetzt, zwischen Purim und Pessach, bestätigt sich die gelungene Verbindung zwischen Lernen und spielerischer Gestaltung. Corona erlaubt zwar kein gemeinsames Feiern, doch in kleinen Gruppen war und ist das möglich. So wurde auch die Megilla getrennt gelesen – jeweils für die ersten und zweiten sowie die dritten und vierten Klassen. Auch Party mussten die Klassen jeweils für sich feiern.

technik Doch moderne Technik hat geholfen, dass alle mitbekamen, was in den anderen Klassen und Gruppen passierte. Sämtliche Beiträge wurden gefilmt und auf einer digitalen Plattform übertragen. So waren die Kinder zumindest virtuell miteinander verbunden und sahen auch, was die einzelnen Gruppen mit ihren Lehrerinnen eingeübt hatten.

Ähnlich wird auch die Vorfeier zu Pessach in der Woche vor den Ferien ablaufen. Ein gemeinsamer Seder entfällt, doch in der Schulmensa ist er in getrennten Gruppen möglich, ebenso wie in der Woche vorher das Mazze-Backen mit Rabbiner Yochonon Gordon.

Bei all den Einschränkungen, die Corona gebracht hat und immer noch mit sich bringt, gab es in dieser Zeit auch einige positive Entwicklungen, sagt Claudia Bleckmann: »Bei der Gestaltung des Unterrichts hat sich der Anteil der digitalen Medien deutlich erhöht. Und das wird fortgeführt. Die Unterrichtsmaterialien sind online.« Sie sieht darin eine große Chance, besonders für diejenigen Kinder, die inhaltlich einiges verpasst haben. Auch jene profitieren davon, die trotz Präsenz-Unterricht wegen Erkrankung oder Quarantäne zu Hause bleiben müssen.

corona Nur eine Gruppe sieht die Schulleiterin durch Corona stark benachteiligt – die Kinder aus der ersten und zweiten Klasse. »Sie haben bis jetzt noch kaum Gruppen- und Projektarbeit erlebt. Ihnen fehlt die entsprechende Erfahrung des selbstständigen Arbeitens.«

Ein weiteres Problem, das Lehrer und Schüler gleichermaßen bedrückt, ist der Krieg in der Ukraine. Die Eltern vieler Kinder sind schon vor Jahren hierhergekommen. Ihr Umgang mit dem Thema zu Hause ist unterschiedlich. »Und doch«, so berichtet Claudia Bleckmann, »man merkt, dass die Kinder belastet sind. Manche kommen und weinen, haben Angst um Oma und Opa, die noch in der Ukraine leben. Sie erleben den Krieg ganz unterschiedlich, manche sehen daheim stundenlang die Fernsehbilder, andere werden abgeschirmt. Mitbekommen tun sie aber alle etwas davon. Manche haben auch Angst, dass sie selbst hier in München nicht sicher sind. Da fällt es oft schwer, sich auf die Schule zu konzentrieren.«

Die Einrichtung einer Deutsch-Lernklasse für geflüchtete Kinder ist geplant.

Was ist mit den Kindern, die eben erst aus der Ukraine angekommen sind? Was die Jüngsten betrifft, so können sie problemlos in die erste Klasse, die mittlerweile wieder in Präsenz unterrichtet wird, integriert werden, zumal sie in diesem Alter auch die Sprache schnell erlernen. Die unkomplizierte Einbindung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Sozialabteilung der Kultusgemeinde. Bei den Größeren ist das nicht ganz so einfach. Die Überlegungen sind in vollem Gang. Die Einrichtung einer zusätzlichen Deutsch-Lernklasse für sie ist geplant.

hebräisch Was gefällt der Schulleiterin, was macht ihr Freude an ihrer Arbeit? Bevor sie dieses Amt übernommen hat, war sie stellvertretende Schulleiterin an einer Münchener Montessori-Schule, anschließend zwei Jahre Lehrerin an der Sinai-Schule. Da diese Ganztags-Grundschule staatlich anerkannt ist, können sie auch nichtjüdische Kinder besuchen. Auch sie nehmen am Hebräisch- und jüdischen Religionsunterricht teil sowie an weiteren jüdischen Unterrichtsfächern wie etwa Jüdische Literatur.

Was daraus folgt, ist ein tolerantes Miteinander, von dem Claudia Bleckmann besonders beeindruckt ist: »Die klare Werteorientierung spiegelt sich auch im Kollegium wider. Das Miteinander prägt die Teamarbeit. So etwas in dieser Form habe ich noch nie an einer anderen Schule erlebt!« Dazu gehört auch die familiäre Atmosphäre. Jeder Lehrer kennt jedes Kind – und oft auch die Eltern.

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch sagte einmal: »Es ist uns wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler, die uns anvertraut werden, in einer herzlichen und warmen Atmosphäre lernen und fit für die Zukunft werden können. Wir möchten, dass sie mit Freude und mit Freunden ans Lernen gehen können.«

Das Konzept der Ganztagsschule ist für Claudia Bleckmann ein wesentlicher Baustein dafür, dass das gelingt: »Wir haben hier mehr Zeit, auch etwas gemeinsam zu unternehmen, zusätzlich zum reinen Lernen. Wir machen Spiele, lesen Bücher, besprechen soziale Probleme. Die Sinai-Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens, sondern des Miteinanders.«

Stuttgart

Opfer eines Schauprozesses

Nach fast drei Jahrzehnten Stillstand wurde nun ein Platz eingeweiht, der Joseph Süß Oppenheimer gewidmet ist

von Brigitte Jähnigen  10.12.2024

Esslingen

Antike Graffiti

Der Künstler Tuvia ben Avraham beschreibt das Judentum anhand uralter Buchstaben – und jeder darf mitmachen

von Valentin Schmid  09.12.2024

Berlin

Campus mit Kita und Café

Noch bis zum 10. Dezember können Architekten ihre Entwürfe für den Neubau an der Synagoge Fraenkelufer einreichen

von Christine Schmitt  09.12.2024

München

Mit Erfahrung zum Erfolg

Die Spieler des Schachklubs der IKG gehören zu den stärksten in Bayern – allen voran Leonid Volshanik

von Vivian Rosen  09.12.2024

Bundestag

Zentralrat der Juden schlägt Maßnahmen für Schutz jüdischen Lebens vor

Was der jüdische Dachverband von den Parteien mit Blick auf die Neuwahlen erwartet

 09.12.2024

Frankfurt

»Voll akzeptiert in der Gemeinde«

Rabbinerin Elisa Klapheck über das Jubiläum des Egalitären Minjans und das Konzept »Alle unter einem Dach«

von Ralf Balke  07.12.2024

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  07.12.2024

Bedrohung

Wehrt euch!

Wie kann es sein, dass Juden wieder in Angst leben müssen? Wie kann es sein, dass Kippa zu tragen, gefährlich ist, während die Kufiya zum Fashion-Icon für Pseudo-Wokies wird? Ein Aufschrei

von Yaron Jacobs  07.12.2024

München-Schwabing

Ein Stück Hoffnung

Die Synagoge Shaʼarei Zion in der Georgenstraße erhielt eine neue Torarolle

von Luis Gruhler  07.12.2024