Bildung

»Mehr selbstbewusstes jüdisches Leben«

»Dieses Forum der Konferenz bietet uns Schulleiterinnen und Schulleitern die Möglichkeit, uns miteinander auszutauschen«: Noga Hartmann von der Lichtigfeld-Schule Frankfurt Foto: Rafael Herlich

Frau Hartmann, warum ist es so wichtig, sich mit den Leitern und Leiterinnen anderer jüdischer Schulen regelmäßig auszutauschen?
An jüdischen Schulen im deutschsprachigen Raum stehen wir oft vor gleichen Herausforderungen, können voneinander lernen und erleben häufig ähnliche spezifische Situationen im jüdischen und im nichtjüdischen Umfeld. Dieses Forum der Konferenz bietet uns Schulleiterinnen und Schulleitern die Möglichkeit, uns miteinander auszutauschen, von der Erfahrung der anderen zu profitieren und zusammenzuarbeiten.

Warum ist eine dezidiert jüdische Schule heute wichtig?
Wenn die Identität der Kinder, die Vermittlung der Tradition, werteorientierte Bildung und Miterziehung sowie Gemeinschaftsgefühl eine Rolle spielen, sind jüdische Schulen eine gute Mischung aus gelebtem Judentum, Selbstbewusstsein und Bildung auf hohem Niveau.

Wie bedeutsam ist es, dass es in Deutschland heute wieder viele jüdische Schulen gibt?
Dass es im deutschsprachigen Raum heute wieder 17 Schulen gibt (vier in Berlin, je zwei in Düsseldorf und München, je eine in Frankfurt, Hamburg, Köln und Stuttgart; dazu kommen je eine Schule in Zürich und Basel sowie drei in Wien), bedeutet mehr selbstbewusstes jüdisches Leben, aber auch die Hoffnung, dass das Leben von jüdischen Menschen in Deutschland wieder möglich ist – und das Vertrauen in eine bessere Zukunft.

Worin unterscheidet sich die Frankfurter Lichtigfeld-Schule von vergleichbaren jüdischen Schulen in Deutschland?
Zunächst einmal ist die I. E. Lichtigfeld-Schule die erste jüdische Schule in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. Diese Schule wurde im Jahr 1966 eröffnet. Ein Jahr danach öffnete die Grundschule in München. Als dritte jüdische Schule im Nachkriegsdeutschland wurde 1986 die in Berlin gegründet. Es war ein mutiger Schritt seitens der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, schon so früh eine jüdische Schule zu etablieren. Die Vorgängerschule bestand von 1804 bis zur Zwangsschließung im Sommer 1942. Es war eine der ersten Schulen, in denen auch Mädchen unterrichtet wurden. Mit teilweise 1000 Schülerinnen und Schülern war das Philanthropin, in dem die Schule ab 1908 residierte, die größte und am längsten bestehende jüdische Schule in Deutschland.

Welche Außenwirkung erzielen jüdische Schulen – wie steht es um ihr Ansehen?

So wie ich es in Berlin und jetzt in Frankfurt erlebt habe und erlebe, ist unser Ansehen sehr hoch unter den staatlichen Schulen und der Schulaufsicht. Intern ist unsere Elternschaft bildungsnah, manchmal sehr fordernd, die Atmosphäre ist im Vergleich zu anderen Schulen familiär, und es wird sich um jedes Kind gekümmert.

Kann eine jüdische Schulbildung (gerade weil auch nichtjüdische – vielleicht auch muslimische – Schüler hier unterrichtet werden) Antisemitismus vorbeugen?

Die Erfahrung hat gezeigt, dass Kinder ohne beziehungsweise mit einer anderen Religionszugehörigkeit durch ihre Zeit an jüdischen Schulen viel offener für ihre Mitmenschen sind und auch Mehrsprachigkeit als Bereicherung ansehen. Durch die vielen Projekte an jüdischen Schulen – wie Mitzvah Day und andere – sind die Schülerinnen und Schüler in der Regel engagiert und einsatzbereit für Mensch und Umwelt. Sie sind die zukünftigen Botschafter für ein Miteinander sowie für Akzeptanz und Toleranz.

Mit der Schulleiterin der I. E. Lichtigfeld-Schule sprach Eugen El.

Urteil

Klage von jüdischem Erben gegen Sparkasse Hagen bleibt erfolglos

Der Großvater des Klägers hatte den Angaben zufolge 1932 ein Konto bei der Sparkasse in Hagen eröffnet und darauf Geld eingezahlt. Später floh er mit seiner Ehefrau in die Schweiz

 07.05.2025

Digitale Erinnerung

Neue App zeigt Deutschland-Karte mit Nazi-Verbrechen

Von 1933 bis 1945 haben die Nationalsozialisten Menschen enteignet, missbraucht, getötet. Die Untaten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik versammelt eine neue App. Schon zum Start gibt es eine Erweiterungs-Idee

von Christopher Beschnitt  07.05.2025

Jom Haschoa

Geboren im Versteck

Bei der Gedenkstunde in der Münchner Synagoge »Ohel Jakob« berichtete der Holocaust-Überlebende Roman Haller von Flucht und Verfolgung

von Luis Gruhler  05.05.2025

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025

Porträt der Woche

Die Zeitzeugin

Assia Gorban überlebte die Schoa und berichtet heute an Schulen von ihrem Schicksal

von Christine Schmitt  03.05.2025