Berlin

Mehr als Makkabi

Thomas Urban mit einem Bild von Zygmunt Steuermann Foto: Chris Hartung

Eberhard Schulz von Maccabi München hatte sichtlich Spaß daran, am Mittwoch durch den Abend im Berliner Centrum Judaicum zu führen. Schließlich wurden, wie er sagte, immer wieder »Fenster geöffnet« – Wissensfenster, die Blicke auf Vergessenes, Verdrängtes und Vernichtetes erlaubten. Der jüdische Sport in Polen war das Thema, zu dem Schulz’ Initiative »Nie wieder!«, eine Gruppe, die sich in der Welt des Fußballs um die Aufarbeitung der NS-Verbrechen kümmert, eingeladen hatte.

Der Freiburger Sporthistoriker Diethelm Blecking sprach über »Arbeitersportler, Muskeljuden und Bundisten«. Der Krakauer Geschichtswissenschaftler und Stadtführer Maciej Belda präsentierte kaum Bekanntes aus der Geschichte des jüdischen Sports in seiner Heimatstadt – unter anderem, dass in der Fabrik des Oskar Schindler auch eine Fußballmannschaft existierte.

Torjäger Thomas Urban, Journalist der »Süddeutschen Zeitung«, stellte mit Zygmunt Steuermann einen jüdischen Fußballer vor – Nationalspieler, Torjäger und auch durch seine Biografie und Familie einzigartig –, der vermutlich 1941 im Ghetto Lemberg starb. Viele Quellen verweisen darauf, dass er von SS-Leuten erschossen wurde.

Vom Allgemeinen zum Konkreten, so entwickelte sich die von etwa 50 Interessierten besuchte Veranstaltung, die Eberhard Schulz moderierte. Blecking erläuterte die jüdische Sportbewegung, die aus der oft als bürgerlich charakterisierten »Makkabi« bestand, aus den als Linkszionisten geltenden »Shtern« und den mit dem »Algemejnen Jidyszen Arbeter Bund«, den sogenannten Bundisten, verbundenen Sportlern von »Morgnsthern«.

Blecking referierte, mit welchen Argumenten die sich nicht als Zionisten verstehenden Morgnshtern-Sportler für einen »nayen mentshn«, für eine bessere »tsukunft« in Polen kämpften. Gerade das Leitbild der Makkabi-Sportler, der »Muskeljude«, das der Zionist Max Nordau 1898 ausgerufen hatte, stieß bei Morgnshtern und den Bundisten auf Kritik: Hier würden doch fälschlicherweise die Klischees von den schwächlichen und durchgeistigten Juden akzeptiert, um sie dann mittels Training widerlegen zu wollen.

Die Kritik kam an, Morgnshtern stellte etwa 1939 mit über 1800 Mitgliedern den größten Sportverein Warschaus. Doch auch Makkabi war erfolgreich: Mit etwa 40.000 Mitgliedern war Polen in den 30er-Jahren die größte Mitgliedsorganisation in der Maccabi World Union.

Fußball Wie sich die Sportbewegung in Krakow präsentierte, zeigte der polnische Historiker Maciej Belda. Er hatte vor einigen Jahren eine viel beachtete Ausstellung in der Krakauer Synagoge konzipiert, die zeigte, dass etwa Fußballspiele zwischen Makkabi- und Morgnshtern-Mannschaften von Zeitgenossen als »heiliger Krieg« wahrgenommen wurden.

So gelang es am Mittwochabend, während der gerade im Berliner Stadtbild sehr präsenten European Maccabi Games, einen Blick zu werfen auf die ungeheure Bandbreite des jüdischen Sports in Europa, konkret in Polen, vor der Schoa.

Lesen Sie mehr in der kommenden Printausgabe.

Nürnberg

Annäherung nach Streit um Menschenrechtspreis-Verleihung

Die Israelitische Kultusgemeinde hatte den diesjährigen Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises nach Bekanntgabe des Juryvotums kritisiert. Nach Gesprächen gibt es nun offenbar eine Verständigung

 18.09.2025

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert