Ohne Herausforderungen wird ihnen langweilig. Tatenlos sein, vor dem Fernseher abhängen und nur chillen – das ist nichts für Mike und Elaine Delberg. »Ich mag es, viel um die Ohren zu haben«, sagt der 21-Jährige. So machte es ihm nichts aus, unlängst innerhalb weniger Tage beim Tanzturnier um die Landesmeisterschaft bei den Lateinamerikanischen Tänzen anzutreten und zu gewinnen, das Team des Jugendzentrums Olam für die Jewrovision so intensiv zu trainieren, dass sie zum zweiten Mal in Folge auf dem ersten Platz landeten und Klausuren in seinem Studium zu schreiben. Elaine Delberg trainierte ebenfalls das Jugendzentrum-Team, betreute ihre Gruppe im Olam und bereitete sich auf ihre Aufnahmeprüfung an der Fritz-Kirchhoff-Schauspielschule vor. »Alles geschafft«, sagt die 19-Jährige nun glücklich. »Wir sind immer noch im Höhenrausch.«
Für Elaine gibt es zwei Standbeine: das Tanzen und die Schauspielerei. Beschwingt und elegant wirkt schon ihr Gang. »Bevor ich als kleines Kind laufen konnte, fing ich bereits mit dem Wippen zur Musik an«, sagt sie. Vor allem zur Musik des Songs Lambada. Ihr Großvater hielt sie an ihren Händen, damit sie nicht umfiel, während sie sich im Rhythmus bewegte.
»Ich will auf die Bühne«, sagt die 19-Jährige. Und am liebsten als Schauspielerin – das weiß sie bereits seit ihrer Kindheit. Sie liebe es, in andere Rollen zu schlüpfen, mit dem Publikum zu flirten und sie mag auch den Applaus. Derzeit denkt sie, irgendwann auf einer Theaterbühne zu stehen, denn für den Film könne sie sich derzeit nicht so erwärmen.
Studium Mike Delberg hingegen diskutiert gerne. Er könne durchaus als »charmanter Besserwisser« bezeichnet werden, sagt er über sich. Seitdem er Jura studiert, habe er immer noch die entsprechenden Paragrafen parat – was Elaine ihren Kopf schütteln lässt. Auch er weiß schon lange, was er mal machen möchte: Er will in die Politik. Als er mit 17 Jahren Schulsprecher an der Poelchau-Oberschule war, hatte er schon in einem Interview in der Schülerzeitung angekündigt, dass die Politiker einst mit ihm rechnen können. Er hat auch schon mal hineingeschnuppert. »Ich war in allen möglichen Ausschüssen dabei und finde es spannend. Ich mag es. Und eine Rampensau bin ich auch«, sagt der 21-Jährige. Ebenfalls liebt er Anerkennung. Und wenn sie sich hochglänzend als Pokale darstellt – schon mehr als 40 hat er in seinen Regalen stehen.
Familie Ihre Eltern kamen aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland und lernten sich in Berlin kennen. Da sie auf jüdische Traditionen bis dahin weitestgehend verzichten mussten, legten sie besonders viel Wert darauf, dass ihre Kinder in der Jüdischen Gemeinde groß werden. Als sie drei und fünf Jahre alt waren, brachte ihre Mutter sie ins Jugendzentrum. Sie sollten beim Tanzensemble Gita mitmachen. »Wir waren total begeistert, schließlich trafen wir hier unsere Freunde, und das Tanzen machte uns sowieso Spaß«, sagen sie. Das Jugendzentrum ist seitdem ein Teil ihres Lebens. Elaine ist »schon immer« für eine Gruppe verantwortlich, und Mike mittlerweile seit einigen Jahren stellvertretender Leiter des Olam.
Obwohl sie als Kinder schon mit dem Tanzvirus infiziert waren, sie in ihren Hotelurlauben bei den Kinder-Wettbewerben sämtliche Auszeichnungen gewannen, widmeten sie sich damals auch dem Fechten und Mike auch noch dem Taekwondo. Als Zehnjähriger konnte er sich schon den braunen Gürtel umbinden. Auch ihr Vater hatte früher das Florett geschwungen und etliche Fecht-Meisterschaften für sich entschieden. Doch dann wurden im Jugendzentrum Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso Doble und Jive, kurz Lateinamerikanische Tänze, angeboten. »Da mussten wir uns entscheiden«, sagt Mike. Denn für alle Sportarten hatten sie keine Zeit. »Das fiel mir überhaupt nicht schwer – natürlich tanzen«, so Elaine. Der Trainer der Tanzsportclubs Royal Dance fragte, ob sie ganz viele Pokale gewinnen und in einen Verein gehen wollten. Und sie wollten. »Als ich erst nicht so richtig wusste, was ich wollte, da haben meine Eltern gesagt, dass ich eine Sache richtig machen soll und zwar mit Spaß und diese durchziehen soll«, so Mike. Und das tat er.
Geschwister »Ich bin der Wettkampftyp«, sagt der 21-Jährige. Sie nicht so sehr, meint hingegen Elaine. Turniere seien für sie eher nebensächlich. Manchmal können sie schon sehr unterschiedlicher Meinung sein, weil Mike bei den Proben alles perfekt haben möchte, und sie locker und entspannt sagt, dass beim Wettkampf schon alles klappen werde. »Ich fahre ja dahin, um zu siegen und nicht, um nur dabei zu sein«, sagt er. »Aber als Geschwister zusammen tanzen zu können, das ist toll«, meint Elaine. Sie könne ihrem Bruder hundertprozentig vertrauen, dass er sie perfekt führe, fange und trage. Der Tanzsport habe sie als Geschwister zusammengeschweißt, obwohl sie sich als total verschieden beschreiben und sich auch mal in die Wolle kriegen. Das Schwierige bei den Lateinamerikanischen Tänzen sei, dass alles gleichzeitig geschehen müsse. Das Lächeln müsse auf den Punkt kommen, die Qualität der Bewegung müsse stimmen und natürlich die Choreografie. Die Spannung muss bis in die Fingerspitzen halten.
Immerhin tanzten sie als Jugendliche so erfolgreich, dass sie an der sportbetonten Poelchau-Oberschule angenommen wurden und das Tanzen ihretwegen als neue Sportart ins Programm mitaufgenommen wurde. Der Trainer hatte sich noch um weitere Tänzer gekümmert, sodass für genügend Schüler gesorgt war. »Wir hatten beide eine tolle Schulzeit – und durften tanzend unser Abi machen.« Denn das war eine Prüfungsdisziplin. Fast täglich hatten sie in diesen Jahren trainiert – entweder in der Schule oder im Verein.
Dass man weiterkommen kann, wenn man daran arbeitet, haben sie auch den Jugendlichen vermittelt, die nun bei der Jewrovison auf der Bühne standen. »Wir haben zusammen richtig hart trainiert.« Es sei sehr intensiv gewesen, schließlich sollte alles klappen. Nun seien sie sehr sehr stolz auf das Team. Aber nach zwei Erfolgen, auch im Jahr davor hatte das Olam unter ihrer Betreuung den ersten Preis abgeräumt, sei nun Schluss. »Wir werden noch als Berater dabei sein, aber nun sind wir zu alt und es sollen andere mal machen,« so Mike Delberg.