Erinnerung

Innerlich zerrissen

An der Arcisstraße 14, heute Katharina-von-Bora-Straße 10, wurden kürzlich Erinnerungszeichen für den Rechtsanwalt Alexander Dünkelsbühler (1875–1935) und seine Mitarbeiterin und Lebensgefährtin Elisabeth Heims (1895–1941) gesetzt.

Für die 3. Bürgermeisterin Verena Dietl ist der Ort ungewöhnlich, denn er steht »in besonderer Weise für die menschenverachtende, rassistische Ideologie der Nazis«. Tatsächlich spiegelt er verschiedene Facetten deutscher Geschichte wider. Wie Dietl vortrug, gehörte das Palais, das dort bis zum zwangsweisen Verkauf 1934 stand, dem jüdischen Mathematikprofessor Alfred Pringsheim, Thomas Manns Schwiegervater. Nach dem Abriss entstand ein NS-Verwaltungsbau des Hitler-Architekten Paul Ludwig Troost, der nach 1945 von der US-Regierung als Sammelstelle für NS-Raubkunst genutzt wurde.

adresse Diese Geschichte des Ortes wurde von Ulrich Pfisterer, dem Direktor des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, vervollständigt. Er zählte alle heute dort verwalteten Kulturinstitute auf. Von all dem war nichts zu erahnen, als der angesehene Wirtschaftsanwalt Alexander Dünkelsbühler 1925 an dieser Adresse einzog.

»Unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger haben Bayern über Jahrhunderte mitgestaltet und viele Spuren hinterlassen, bevor sie miten in unserer Stadt aus dem Leben gerissen wurden«, erklärte der bayerische Kultusminister Michael Piazolo in seiner Würdigung. Seine Worte ließen keinen Zweifel an seiner Wertschätzung für das jüdische Leben in München, ungeachtet der Verwendung des Begriffes »Mitbürger«.

In der NS-Zeit wurden Heims und Dünkelsbühler zu noch weit weniger herabdekliniert. Elisabeth Heims, geborene Heymann, mit zehn Jahren evangelisch getauft, wuchs als gläubige Christin auf. In der NS-Zeit fand sie bei den Quäkern in München – namentlich dem Physiker Rudolf Cohen und seiner Frau Annemarie – Hilfe und Freundschaft. Cohen war ein enger Freund von Dünkelsbühler, der 1900 aus der Jüdischen Gemeinde Nürnberg ausgetreten und konfessionslos geblieben war.

recherchen Die Erkenntnisse, die bei der Koordinierungsstelle für Erinnerungszeichen gesammelt werden, gehen in diesem Fall auf die Recherchen von Ingrid Reuther zurück. Sie trug daher auch die Biografien der beiden Betroffenen vor.

Wie mag sich das Paar gefühlt haben, von den Nationalsozialisten als Juden definiert und verfolgt zu werden? Ellen Presser ging in ihrem Geleitwort im Namen der Israelitischen Kultusgemeinde auf diese Zerrissenheit ein. Dünkelsbühler beging 1935 Suizid, Elisabeth Heims zerriss die rettenden Ausreisedokumente und begleitete die ihr anvertrauten jungen Schutzbefohlenen am 20. November 1941 nach Kaunas in den Tod.

Geblieben sind Briefe, die ihr tiefes Gottvertrauen dokumentieren und aus denen Clemens Cohen, ein Enkel ihrer Freunde, bei der Übergabe der Erinnerungszeichen an die Öffentlichkeit vorlas.

Würdigung

Ein echter Freund

Der ehemalige Zentralratspräsident Dieter Graumann hat viel bewirkt für das jüdische Leben in Deutschland. Nun ist er 75 geworden. Eine persönliche Gratulation von TV-Moderatorin Andrea Kiewel

von Andrea Kiewel  20.08.2025

Weimar

Akkordeon und Drums

Seit 25 Jahren veranstaltet der Komponist Alan Bern den Yiddish Summer – auch diesmal mit vielen Bands und Workshop

von Blanka Weber  19.08.2025

Trauma

Familienforschung

Im Jüdischen Museum München ist die Ausstellung »Die Dritte Generation« zu sehen

von Ellen Presser  19.08.2025

Tu beAw

»Es war Liebe auf den ersten Blick«

Barbara und Reinhard Schramm sind seit fast 60 Jahren verheiratet. Ein Gespräch über lange Ehen, Glück und Engagement

von Blanka Weber  19.08.2025

Geburtstag

Holocaustüberlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 18.08.2025

Projekt

Erhalten und sichtbar machen

Die ErinnerungsWerkstatt erforscht auf dem Neuen Israelitischen Friedhof jüdische Schicksale und bewahrt sie vor dem Vergessen

von Ellen Presser  18.08.2025

Münster

Wenn Musik tatsächlich verbindet

Wie ein Konzert die seit der Schoa getrennte Familie des berühmten Komponisten Alexander Olshanetsky wiedervereinte

von Alicia Rust  18.08.2025

Sachsen-Anhalt

Szenische Lesung zu jüdischer Familie Cohn in Wörlitz

Während der szenischen Lesung werde die Historie der beiden jüdischen Persönlichkeiten Moritz von Cohn und Julie von Cohn-Oppenheim mit einer Zeitreise ins 18., 19. und 20. Jahrhundert dargestellt

 18.08.2025

Leer

Besuch vom Bundespräsidenten

Albrecht Weinberg empfing Frank-Walter Steinmeier und kündigt an, nicht mehr als Zeitzeuge Schulen zu besuchen

 18.08.2025