Köln

In ganzer Vielfalt

Werbung für 1700 Jahre jüdisches Leben in Köln Foto: Jörn Neumann

Im Jahr 321 unserer Zeitrechnung gestattete der römische Kaiser Konstantin jüdischen Bürgern in Köln, in die Kurie, die damalige Stadtverwaltung Kölns, einzutreten. Diese urkundlich nachweisbare erste Erwähnung von Juden in Köln gilt bis heute als erster historischer Beweis für jüdisches Leben in Köln und auf dem Gebiet des heutigen Deutschland.

321 Daher ist das kommende Festjahr weit mehr als ein regionales Jubiläum: Bundesweit soll gefeiert und das vielfältige bunte jüdische Leben und seine 1700-jährige Geschichte sicht- und erlebbar werden. Für die Durchführung wurde eigens der Verein »321: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« gegründet.

Zugleich soll mit dem Festjahr aber auch ein starkes Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus gesetzt werden, wie Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sowie Jürgen Rüttgers, ehemaliger Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, beide Mitbegründer des Vereins, unisono betonen. Bestärkt wird der Verein in seiner Arbeit durch die beteiligten Institutionen und das vielfältige Interesse an Mitwirkung mit zahlreichen Projekt- und Veranstaltungsideen.

AUSTAUSCH Es gibt einen ständigen Austausch mit vielen Institutionen und Akteuren des gesellschaftlichen Lebens – beispielsweise mit Kirchen, der Kultusministerkonferenz der Bundesländer, dem Deutschen Städtetag, dem Zentralrat der Juden in Deutschland sowie dem Antisemitismusbeauftragten – und nicht zuletzt der Synagogen-Gemeinde Köln (SGK).

»Wir sind ein gesamtgesellschaftlicher Verein und wollen die zum Teil unterschiedlichen Perspektiven zusammenbringen«, erklärt der Geschäftsführer des Vereins, Andrei Kovacs. Das ist auch der Grund, warum all diese Institutionen am Festjahr teilnehmen. »Der deutschen Öffentlichkeit soll das jüdische Leben in seiner ganzen Vielfalt gezeigt werden, dabei wünschen wir uns im Festjahr ein Verständnis für die jüdische Perspektive«, sagt Vorstandsmitglied Ruth Schulhof-Walter.

Finanziell gefördert werden die Projekte des Vereins und dessen Verbundpartner durch das Bundesministerium des Inneren sowie die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters. Dank der finanziellen Unterstützung des Bundes, des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Köln kann dieses Festjahr vorbereitet werden. Es wird 2021 möglich sein, Projekte aus den verschiedenen Bereichen zu fördern. Das versetzt den Verein gemeinsam mit Projektpartnern in die Lage, ein umfangreiches bundesweites Programm zusammenzustellen.

Bereits im Januar war das Projekt einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt worden. »Das Festjahr lebt von einer bundesweiten Beteiligung durch Projektpartner«, betont Kovacs. Um dies zu ermöglichen, wurde vor einigen Wochen bereits die erste Förderrunde erfolgreich gestartet. »Wir haben zahlreiche großartige Förderanträge erhalten«, zeigt er sich begeistert. Gemeint sind damit die Projekte gemeinnütziger Träger wie Vereine, Stiftungen oder Kirchen.

PROJEKTPARTNER Die Projekte werden von den jeweiligen Projektpartnern im Rahmen des Festjahres organisiert und durchgeführt. »Die grandiose Arbeit des Geschäftsstellen-Teams hat dazu beigetragen, dass wir in sehr kurzer Zeit professionelle Prozesse umsetzen konnten. Dafür bin ich allen sehr dankbar«, betont Andrei Kovacs. »Auch die Unterstützung und politische Erfahrung von Sylvia Löhrmann, die seit Februar den Verein als Generalsekretärin unterstützt, hat mit zum Erfolg beigetragen.

»Wir sehen mit Freude, mit wie vielen spannenden Ideen, Innovation und Kreativität sich die verschiedensten Interessierten einbringen wollen«, resümiert nach der ersten Runde Ruth Schulhof-Walter, die auch Mitglied der Synagogen-Gemeinde Köln ist.

Die finanzielle Förderung ermöglicht viele Projekte in ganz Deutschland.

»Manchmal braucht es vielleicht auch ein wenig Mut, um eine Idee vorzutragen«, meint Andrei Kovacs und weist auf verschiedene Möglichkeiten hin, sich vorab zu informieren. Es gibt neben speziellen Webinaren auch eine eigene Telefonhotline sowie spezielle Ansprechpartner im Verein, an die sich mögliche Partner wenden können. »Über allen Vorhaben steht unser sogenanntes Leitbild«, ergänzt Ruth Schulhof-Walter.

LEITLINIEN »Die Kriterien, die diesem Leitbild zugrunde liegen, wurden gemeinsam mit unserem wissenschaftlichen Beirat, bestehend aus wichtigen Vertretern aus Gesellschaft und Kultur, erarbeitet und festgelegt«, erklärt Kovacs. Das Leitbild sieht drei Hauptkriterien vor: Das geplante Vorhaben befasst sich mit jüdischer Geschichte und/oder Gegenwart im deutschsprachigen Raum; es geht um die jüdische Perspektive; es hat Relevanz für die Gegenwart und heutige Gesellschaft.

Bundesweit soll es im Herbst das Leutturmprojekt: »Sukkot XXL« geben.

Neben den Verbundprojekten gibt es Veranstaltungen, die der Verein selbst ausführt. Darunter sind Leuchtturmprojekte wie ein bundesweites Sukkot-Fest »Sukkot XXL« sowie das Kulturfest »Mentsh!«. Hier sollen niedrigschwellige Angebote geschaffen werden, um jüdischen Lebensalltag erlebbar zu machen. Unterstützung erhofft sich der Verein dabei von den mehr als 100 jüdischen Gemeinden in Deutschland, denn dort findet jüdisches Leben statt.

Es gibt einfache Anmelde- und Unterstützungsmöglichkeiten, um sich einzubringen. »Man muss nur auf uns zukommen«, sagt Kovacs und erklärt: »Wir sind eine bundesweite Initiative und leben davon, dass sich viele beteiligen. Wir haben eine einmalige Chance bekommen, jüdisches Leben sichtbar und erlebbar zu machen und damit antisemitische Ressentiments und Stereotypen gemeinsam zu bekämpfen und zu einer Normalisierung jüdischen Lebens in Deutschland beizutragen.«

ANTISEMITISMUS Breiten Raum werden bei den Angeboten im Festjahr die Themen Antijudaismus und Antisemitismus einnehmen. »Wir dürfen nicht vergessen, dass 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland auch 1700 Jahre Geschichte des ältesten Ressentiments, das es gibt, bedeutet«, sagt der Geschäftsführer.

Angesichts des hervortretenden Antisemitismus findet das Festjahr »in einem historischen Moment statt«, sagt Andrei Kovacs.

Angesichts des aktuell wieder deutlich hervortretenden Antisemitismus finde das Festjahr daher »in einem historisch bedeutsamen Moment statt, in dem sich viele Personen und Institutionen fragen sollten: Tun wir genug?«. Ohne Zivilcourage, Sympathie oder Empathie werde sich Antisemitismus nicht bekämpfen lassen. Hier setzen die Organisatoren des Festjahres ihre Hoffnung auch auf kreative Ideen.

Ruth Schulhof-Walter und Andrei Kovacs betonen immer wieder, dass es darum gehen muss, den Anlass sowie die damit verbundenen Aspekte und nicht Personen und Institutionen in den Mittelpunkt zu stellen. »Das ist jetzt eine wichtige Zeit für die Zukunft jüdischen Lebens in unserem Land«, so Kovacs. Und Schulhof-Walter ergänzt: »Wir alle hoffen, dass sich in ganz Deutschland deshalb möglichst viele Menschen und Institutionen an dem Festjahr beteiligen werden.«

#2021JLID
Projekt- und Förderplattform: Beratung und Information für Interessierte in Webinaren
Telefon: 0221/96 88 28 20
E-Mail: mitmachen@1700Jahre.de
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