Begegnung

»Ich heisse jetzt Nechama«

»Können Sie sich an mich erinnern?«, fragte mich vergangene Woche am Rande einer Buchvorstellung eine Dame mit unverkennbar ostpreußischer Sprachfärbung. Die Dame heißt Nechama Drober, und vorgestellt wurde an jenem Abend die Neuauflage ihrer Autobiografie mit dem Titel Ich heiße jetzt Nechama.

Es dauerte nur wenige Sekunden, und dann machte es klick, und ich erinnerte mich an den Besuch zweier Damen. Längst hatte ich die Namen vergessen, nicht aber diese dramatische Lebensgeschichte. Gemeinsam mit ihrer in Berlin lebenden Cousine Margot Tulosinsky suchte sie mich vor 20 Jahren auf. Die Worte der Cousine sind mir noch heute im Ohr: »Herr Doktor, Sie sind der Einzige, der uns helfen kann.«

Verfolgt Geboren wurde Nechama Drober 1927 in eine jüdische Familie im ostpreußischen Königsberg – als deutsche Staatsbürgerin. Sie überlebte die Verfolgung durch die Nazis, ihr Vater wurde nach Sibirien verschleppt, ihre Mutter und ihr fünfjähriger Bruder verhungerten.

Die sowjetischen Befreier glaubten ihr nicht, dass sie Jüdin war. Schließlich flüchtete sie nach Moldawien. Von dort wollte sie 1990 nach Deutschland einwandern. Doch ihr Antrag auf Übersiedlung in die Bundesrepublik wurde nicht angenommen, weil die Einreisebedingungen plötzlich verschärft worden waren.

Dabei hätte sie einen solchen Antrag, wie ihn damals viele sowjetische Juden stellten, eigentlich gar nicht einreichen müssen, sie war ja deutsche Staatsbürgerin. Nur hatte sie auf der Flucht ihren Namen geändert, in Königsberg hieß Nechama Drober einst Hella Markowsky. Das aber konnte sie nicht beweisen. So wanderte sie von Moldawien nach Israel aus. Zwei Jahre später, Anfang Oktober 1992, saß sie bei mir und bat um Hilfe, ihre ursprüngliche Identität zu beweisen.

Archiv Ich wusste, dass zwar in Berlin die Geburtsregister aus Königsberg erhalten sind, aber ausgerechnet ihr Geburtsjahrgang fehlte. Allerdings waren die Juden betreffenden »Sippenkarteien« des sogenannten NS-Reichssippenamt in der Oranienburger Straße erhalten geblieben. Jahrzehntelang befanden sie sich in der Obhut der Ostberliner Jüdischen Gemeinde, bis diese sie 1981 ans DDR-Staatsarchiv abgab.

Vorher hatte ich mir jedoch notiert, aus welchen Orten das Material war. So wusste ich, dass die Königsberger »Sippenkartei« darunter war. Der Kontakt zum Archiv war schnell hergestellt, wenige Tage später hatten wir eine Kopie des Fragebogens der Familie Markowsky in der Hand.

Wie es nun weiterging, sozusagen das Happy End der Geschichte, hatte ich nie erfahren. Es sollte 20 Jahre dauern, bis Nechama Drober mir vergangene Woche berichtete, dass sie schließlich 1996 die deutsche Staatsbürgerschaft zurückerhielt.

Oper

Kammeroper »Kabbalat Shabbat« in Berlin

Die Zuschauer werden zu einem Schabbatmahl eingeladen. Die Oper ist die erste, die auf Hebräisch in Deutschland interpretiert wird

von Christine Schmitt  23.10.2024

Kunstatelier Omanut

Beschallung mit wunderbaren Stimmen

Judith Tarazi über das erste Inklusions-Konzert, Vandalismus und offene Türen

von Christine Schmitt  22.10.2024

Jüdische Gemeinde Frankfurt

Erstmals eine Doppelspitze

Die neuen Gemeindechefs Benjamin Graumann und Marc Grünbaum wollen Vorreiter sein

von Christine Schmitt  22.10.2024

Potsdam

Gründer des Abraham Geiger Kollegs verstorben

Rabbiner Walter Jacob starb mit 94 Jahren in Pittsburgh

 21.10.2024

Mitzvah Day

Zeit zu verschenken

Jeder ist eingeladen, sich am Tag der guten Taten einzubringen. Anmeldeschluss ist der 1. November

von Christine Schmitt  21.10.2024

Porträt der Woche

Ein Leben mit Büchern

Tanja Korsunska aus Hannover liest, schreibt und organisiert Literaturfestivals

von Chris Meyer  20.10.2024

Berlin

Ceremony of Resilience: Ein Abend des gemeinsamen Gedenkens

Viele kamen nach Kreuzberg, um an den Anschlag von Halle zu erinnern

von Florentine Lippmann  16.10.2024

Makkabi

»Sportlich und mental stärken«

Simone Schneidmann über den Sukkot-Großlehrgang in NRW, Zusammenhalt und die Highlights im Programm

von Ralf Balke  16.10.2024

Feiertag

Abenteuer Sukka

Balkon oder Garten? Es gibt viele Möglichkeiten, eine Laubhütte aufzustellen. Wir haben uns umgesehen

von Chris Meyer  16.10.2024