Lesen

Hip-Hop und Afikoman

In Benis Familie geht es wie jedes Jahr auch dieses Mal bei den Vorbereitungen zum ersten Sederabend drunter und drüber. Sein Kinderzimmer und das der älteren Schwester Tabea ist unaufgeräumter denn je, die ebenso liebenswerte wie überforderte Mutter hat das Pessach-Mahl noch nicht vorbereitet und die Wohnung wurde bestenfalls teilweise von Chametz befreit. Zu allem Überfluss stehen dann auch noch überpünktlich die Großeltern und der etwas kauzige Onkel Jakob mit seiner neuen Freundin vor der Tür (selbstverständlich eine Schickse, aber das nur nebenbei).

Liebesbeziehung Und gerade, als endlich alle um den schön gedeckten Tisch versammelt sind, fangen Beni und Tabea zu streiten an, was wiederum ihre Mutter zur Verzweiflung bringt. Nicht minder turbulent geht es bei den Gesprächsthemen zu: Von verschwundenem Afikoman über israelischen Hip-Hop bis hin zu Liebesbeziehungen zwischen Juden und Christen wirbelt die Familie alles wild durcheinander. Allein der nichtjüdische Vater ist die Ruhe selbst, geduldig erklärt er seinen Kindern die Pessachgeschichte.

»Es ist uns ein Anliegen«, sagen die beiden Autorinnen Anna Adam und Eva Lezzi, »selbst Bücher zu produzieren und nicht aus dem Amerikanischen oder aus dem Hebräischen zu übersetzen, sondern wirklich Themen anzusprechen über Judentum in Deutschland heute, nach dem Holocaust, im Jahr 2012, jüdische Normalität, Familiennormalität zu zeigen.«

Und in der Tat wird die mit liebevollen Abbildungen illustrierte Geschichte von Chaos zu Pessach zumindest den meisten »Drei-Tage-Juden« so oder so ähnlich bekannt vorkommen. Man ist zwar voll und ganz assimiliert, möchte der Tradition wegen aber nicht auf die Sederabende im Familienkreis verzichten.

Denn über die Erinnerung an die Sklaverei und die Erfahrung des Auszugs aus Ägypten hinaus ist es wie bei der säkularen 08/15-Familie im Buch vor allem auch das Gefühl der Gemeinschaft, das die Pessachfeiertage ausmacht – trotz oder gerade weil es in der Familie menschelt wie sonst nirgends.

Fazit: Für Kinder ab sechs Jahre und jung gebliebene Erwachsene unbedingt lesenswert – übrigens nicht nur zu Pessach.

Anna Adam, Eva Lezzi: Chaos zu Pessach. Hentrich & Hentrich, Berlin 2012, 32 S., 14,90 €

Trauer

Mit gebrochenem Herzen

Die Israelitische Kultusgemeinde nahm Abschied von Rebbetzin Shoshana Brodman sel. A., die Anfang November nach langer Krankheit starb

von Esther Martel  02.12.2025

Kulturtage

»Weitermachen ist die einzige Chance«

»Jüdisches Leben in Deutschland – Heute und Morgen«: Ein Podium stellte die Frage nach gesellschaftlichen Dynamiken und Konsequenzen nach dem 7. Oktober

von Esther Martel  02.12.2025

Planegg

Historische Sensation

Eine Ausstellung erzählt vom Schicksal Jakob Hirschs, der 1818 als erster Jude in Bayern geadelt wurde

von Ellen Presser  02.12.2025

Köln

Bekenntnis zum Leben

Der WIZO-Ball sammelte Spenden für traumatisierte israelische Kinder

von Ulrike Gräfin Hoensbroech  02.12.2025

Interview

»Die Altersarmut bleibt«

Aron Schuster über das Ende des Härtefallfonds, Einmalzahlungen und Gerechtigkeit für jüdische Rentner

von Mascha Malburg  02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Berlin-Charlottenburg

Verborgene Schätze im Innenhof

Gemeindemitglied Joachim Jacobs führt durch den wohl jüdischsten Bezirk der Hauptstadt

von Sören Kittel  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Dokumentation

»Sie sind nicht alleine!«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hielt bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden die traditionelle Gastrede

von Wolfram Weimer  30.11.2025