Stuttgart

Haute Cuisine auf Israelisch

Das Lamm aus dem Topf duftet verführerisch. Eine Messebesucherin mörsert Fenchelsamen, Kreuzkümmel, Koriandersamen und Lorbeer. Der Starkoch lässt die Messerklinge blitzen, schneidet Paprika in allen Farben, Auberginen, Zucchini, Zitronengras in feine Streifen, und dann fragt eine Neugierige am Stand von GoIsrael, dem staatlichen israelischen Verkehrsbüro: »Ist das nicht Mirko Reeh?«

Drei Tage verzauberte der bekannte TV-Starkoch, Autor vieler Kochbücher, Besucher auf der Stuttgarter Herbstmesse »Eat&Style« in seiner Show »Moderne israelische Küche«. Und bei der Verkostung seines Ragouts von Lamm und Couscous gehen alle Daumen hoch.

Frische »Was ist Besonderes im Topf?«, fragt Mirko Reeh und hält das Sechslitergefäß hoch. Die Lammrückenteile hat er in Stücke geschnitten, angebraten und eben aus dem Topf gehoben. Zarte braune Streifen zieren den Topfboden, kein Tropfen Feuchtigkeit ist zu sehen. Koscher style nennt der 34-Jährige die Art der Zubereitung. »Alles frische, gute Produkte, dem vorbereiteten Fleisch entweicht keine Flüssigkeit«, erklärt er.

Koscher style ist auch das Erfolgsrezept vieler junger Köche in Israel. Meeresfrüchte sind tabu, Fleischiges und Milchiges wird getrennt. Doch die Zutaten müssen nicht als koscher zertifiziert sein. GoIsrael ist erstmals auf der jährlich stattfindenden Messe »Eat&Style« in Stuttgart vertreten. Für Israel eine Imagekampagne auf kulinarische Art. TV-Koch Mirko Reeh ist in Halle 8 der absolute Publikumsrenner.

Gewürze Zwei katholische »Schwestern der Barmherzigkeit« machen Halt an der Kochtheke. Sie kommen aus Tübingen, wo es »sehr ökumenisch« zugehe und die Nonnen von guten Kontakten zu »jüdischen Mitbürgern« berichten. Die freundlichen Nonnen recken die Hälse: Jetzt fällt das Gemüse in den Topf, ein wenig Olivenöl muss sein, Tomatenmark, Knoblauch und feingeschnittener frischer Koriander, mit der Feinheit der gemörserten Gewürze ist der Kochmeister nun auch zufrieden, schnell das vorbereite Fleisch hinzu, am Ende mit Schwung der Couscous. Aufgefrischt wird das »Rührbratgericht«, wie Mirko Reeh es nennt, mit frischem Basilikum.

»Rühren, kochen, braten kommt aus der asiatischen Küche«, verrät Reeh. Er füllt gern weitere Wissenslücken. Die Herkunft des Zitronengrases ist nicht Asien, sondern Afrika. Die Paprika kommt ursprünglich nicht aus Osteuropa, sondern aus Asien, im Winter liefert das Sonnenland Israel 70 Prozent aller in Deutschland verkauften frischen Kräuter.

Vielfalt Die Messebesucher an der Kochtheke von GoIsrael staunen. Spätestens jetzt rückt der Begriff »Fusion cooking« in den Blickwinkel. Fusion cooking: ein Zauberwort für Genießer, kreiert in den 80er-Jahren, kulinarisches Ergebnis der Globalisierung. Die Kombination aus verschiedenen Esskulturen, Kochkünsten, regionaler und nationaler Küche lehrt Vielfalt, öffnet alle Sinne, überrascht durch Unbekanntes.

Doch müsste die Geschichte der neueren Gastronomie nicht umgeschrieben werden, zugunsten eines kleines Landes am Mittelmeer, Israel? Einwanderfamilien aus 80 Nationen brachten ihre traditionellen Rezepte mit. »Die« israelische Küche hat es also nie gegeben, Fusion cooking ist Alltag. »In Israel wird nicht nur traditionell, es wird extrem modern gekocht«, weiß der Fernsehkoch von seinen Reisen zu israelischen Kollegen. Der bei uns übliche Trend, Essen als Ereignis außerhalb der Familie zu erleben, habe sich auch in Israel durchgesetzt.

Rekorde »Nirgendwo auf der Welt gibt es eine solche kulinarische Vielfalt«, wirbt der Inhaber mehrerer Einträge ins Guinnessbuch der Rekorde. In Deutschland hingegen beherrsche eine Grauzone das Wissen über israelische Küche. »Vielleicht zehn Prozent aller Deutschen wissen etwas über Düfte und Geschmäcker israelischer Gerichte.« Das Wissen beschränke sich auf Falafel, Gefilte Fisch, Hummus, Shakshuka.

»Hm, superlecker«, schwärmen am Sonntagnachmittag die Messebesucher beim Verkosten des Lammcouscous. Mirko Reeh lächelt zufrieden. Einen Tag später fliegt er nach Israel. Dort wird die TV-Serie »Mein Israel« produziert. Am 24. Dezember ist Mirko Reeh um 20 Uhr auf n-tv zu sehen: Er wird nicht nur über kulturelle Sehenswürdigkeiten, sondern natürlich von neuen Highlights der israelischen Fusionsküche berichten. »Im Uri Buri in Akko gibt es sensationell guten Fisch«, verrät er schon mal vorab.

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025